Atemstütze

Wie kann ich die Atmung verbessern ? Wie wichtig ist die Atmung für das Trompetespielen ?
Hier gibt es die Antworten auf solche Fragen.

Moderator: Die Moderatoren

Benutzeravatar
Bixel
Unverzichtbar
Beiträge: 6415
Registriert: Samstag 27. Dezember 2008, 08:30
Meine Instrumente ..: bezahlt

Atemstütze

Beitrag von Bixel »

Abri hat geschrieben:Schön auch, was man bei WIKI so findet, die Einatemmuskulatur dosiert also das Ausatmen.......oje!
Physiologische Tatsache ist, dass das (gleichzeitige moderate) Anspannen der Einatemmuskulatur den Ausatemvorgang verlangsamen und hierdurch eine gewisse Stabilisierung und Dosierung der ausströmenden Luft ermöglichen kann.

Dieser Mechanismus wird systematisch genutzt, um bei Instrumenten, die mit relativ geringen Luftdrücken arbeiten (z.B. Blockflöte, Querflöte, Gesang) eine stabile Tonbildung zu ermöglichen.

Bei "Hochdruck"-Blasinstrumenten (hohes Blech, Oboe u.Ä.) spielt nach meinem Eindruck dieser Mechanismus eine geringere Rolle, bleibt aber nicht ungenutzt.

Dieser Mechanismus wird nach meinem Verständnis "Stütze" genannt (siehe auch Atemstütze).

Bei meinem Blaskonzept spielt die Stütze insoweit eine Rolle, als ich tatsächlich mittels Anspannens des Zwerchfells (der Einatemmuskel!) beim Blasen "den Bauch draussen halte" (den Hosengürtel unter Spannung setze).

Vollkommen unbeschadet einer theoretischen "Rechtfertigung" für mein Konzept kann ich einfach nur feststellen, dass das Trompeten bei mir auf diese Weise bedeutend besser funktioniert als mittels einer Strategie des "Bauch Einziehens", wie Bobby Shew ("Wedge"), Hannes und Andere dies beschreiben.
Allerdings muss ich einräumen, dass ich mich mit der sog. Wedge-Atmung intensiver hätte befassen können, als dies geschehen ist.
Mir fehlt aufgrund meiner anatomisch-physiologischen Kenntnisse schlicht der Glaube daran.

Ich würde gern von Anderen erfahren, wie mit dem Begriff (und mit der Technik) "Stütze" umgegangen wird.

:question:
.
Rausgehen ist wie Fenster Aufmachen, nur viel krasser.
Benutzeravatar
Tobias
Unverzichtbar
Beiträge: 1099
Registriert: Sonntag 28. September 2003, 12:32
Wohnort: Kaiserslautern
Kontaktdaten:

Re: Atemstütze

Beitrag von Tobias »

bixel hat geschrieben:Mir fehlt aufgrund meiner anatomisch-physiologischen Kenntnisse schlicht der Glaube daran.
Warum muss an an den Wedge glauben?

Man muss doch nur Leuten wie Maynard, Bobby Shew, Andy Haderer, Roger Ingram oder Eric Miyashiro beim Spielen zuschauen und zuhoeren. Diese Technik funktioniert also, oder nicht?

Das Ziel dieser Technik ist es wohl, eine moeglichst hohen Kompression der Luft zu erzielen und hat ihren Hauptnutzen wohl im kraftvollen Highnote-Spiel, wie bei den genannten zu hoeren.

Warum also glauben?

Gruß

Tobias

Connstellation 38b
Olds Special (1954)
Getzen Eterna
Flgh Bach Strad 183
Sandkuchen
ExtremPoster
Beiträge: 456
Registriert: Sonntag 8. Oktober 2006, 12:45
Wohnort: Niederrhein

Re: Atemstütze

Beitrag von Sandkuchen »

Wie das mit dem Stützen funktioniert, ist für mich nach wie vor ein Rätsle.

Den Bixel´schen Weg habe ich auch bei meinem Lehrer (vor 25 Jahren) gelernt. Also entspannt und tief einatmen und beim Ausatmen die Bauchdecke nach Außen spannen. Mir ist es aber bisher nicht gelungen, die nötige Power (Lautstärke (ffff) über mehr als ein paar Schläge) zu entwickeln. Deshalb, und weil Caruso nicht wirklich nachbarschaftsfreundlich ist, habe ich das nicht weiter verfolgt.

So wie ich Burba verstehe, verfolgt er das gleiche Konzept, mit dem Unterschied, dass er die Flankenmuskulatur anspannt. Die Bauchdecke wird also nicht nach Vorne gedrückt, sondern die Bauchseiten werden auf Beton gestellt.

Der Frage über das Wie sollte hier aber die Frage über das Was/Wozu vorausgehen. Für meine Begriffe muss die Atmung zwei Funktionen erfüllen: Fluss und Power. Die Luft muss kontinuierlich fließen und der Luftstrom muss je nach Lautstärke/-höhe die Intensität variieren.

Wenn die Luft nicht fließt, klingt es mies und man kann keine musikalischen Bögen spielen. Beim Ausatmen gegen einen Widerstand scheint das Fließenlassen der Luft ganz gut möglich. Die Spannung erlaubt scheinbar eine gewisse Kontrolle über die Entspannung (also das "Zurückschnellen") des Zwerchfells. Mein Problem war aber immer, dass ich beim Bauchbeton keine Reserven habe, um dann die Luftgeschwindigkeit "dauerhaft" zu erhöhen.

Die Burbaerklärung, dass ich die Luftgeschwindigkeit/das Luftvolumen bei einer konstant ansteigenden Ausatmungsenergie über die Stimmlippen steuere, glaube ich nicht. Jedenfalls habe ich sie offensichtlich nicht umsetzten können.
Benutzeravatar
Bixel
Unverzichtbar
Beiträge: 6415
Registriert: Samstag 27. Dezember 2008, 08:30
Meine Instrumente ..: bezahlt

Re: Atemstütze

Beitrag von Bixel »

Von einem User wurde ich auf die (im TF schon früher erwähnte) Robert-Kreutzer-HP aufmerksam gemacht, deren Erörterung sicherlich in diesen Thread gehört.

Ich warne allerdings eindringlich davor, die Ausführungen zur Atemtechnik für bare Münze zu nehmen.
Das Ganze mag sich recht plausibel lesen, enthält m.E. aber äußerst diskussionswürdige Standpunkte - um es milde auszudrücken.

:evil:
.
Rausgehen ist wie Fenster Aufmachen, nur viel krasser.
Benutzeravatar
Bixel
Unverzichtbar
Beiträge: 6415
Registriert: Samstag 27. Dezember 2008, 08:30
Meine Instrumente ..: bezahlt

Re: Atemstütze

Beitrag von Bixel »

Tobias hat geschrieben:
bixel hat geschrieben:Mir fehlt aufgrund meiner anatomisch-physiologischen Kenntnisse schlicht der Glaube daran.
Warum muss an an den Wedge glauben?
Man muss doch nur Leuten wie Maynard, Bobby Shew, Andy Haderer, Roger Ingram oder Eric Miyashiro beim Spielen zuschauen und zuhoeren. Diese Technik funktioniert also, oder nicht?
Das Ziel dieser Technik ist es wohl, eine moeglichst hohen Kompression der Luft zu erzielen und hat ihren Hauptnutzen wohl im kraftvollen Highnote-Spiel, wie bei den genannten zu hoeren.
Warum also glauben?
Mit "mangelndem Glauben daran" habe ich begründet, warum ich persönlich mich nicht intensiver damit beschäftigt habe.

Man kann in seinem Leben nicht Alles selbst ausprobieren, und man trifft sinnvoller Weise eine Vorauswahl des Auszuprobierenden nicht zuletzt unter dem Aspekt der Glaubwürdigkeit von Etwas.

Dass die Genannten allesamt hervorragende Highnote-Trompeter sind, steht völlig außer Zweifel.
Inwieweit sie dies der erwähnten Wedge-Technik zu verdanken haben, kann ich nicht wissen.

Was ich aber weiß, ist, dass gute Trompeter in der Regel keine sonderlich guten Anatomen und Physiologen sind.
Wie im TF schon häufiger diskutiert, sind die Erklärungsversuche von (insbesondere "Purzelbaum"-)Trompetern mit Vorsicht zu genießen.

:|
.
Rausgehen ist wie Fenster Aufmachen, nur viel krasser.
TrompeteRT
Unverzichtbar
Beiträge: 624
Registriert: Montag 27. August 2007, 20:49
Meine Instrumente ..: >--III--(

Re: Atemstütze

Beitrag von TrompeteRT »

m.E. bringt es für die Stützfunktion nichts, irgend etwas bewusst mit der Bauch-/Flankenmuskulatur machen zu wollen (also weder bewusst reinziehen noch absichtlich rausdrücken). Das begünstigt Verkrampfung. Am Besten ist es, die Wahrnehmung (nach einer entspannten und tiefen Einatmung) auf das sofortige, staufreie Fließenlassen der Luft zu lenken und nicht auf irgendwelche Muskelaktivität; im Zweifel macht man sonst mit den falschen Muskelgruppen zu viel und mit den richtigen zu wenig oder noch schlimmer: man kontrahiert Muskelgruppen, die einander behindern (mit einer Hand am Türgriff ziehen, mit der anderen Hand schieben). Wenn man sich vornehmlich auf das Wegblasen der Luft von den Lippen und auf den Klang konzentriert ("Song and Wind"), ergibt sich im Hinblick auf die Stütze Einiges von selbst. Alles Statische (Bauch draußen halten, Betonbauch, Halten des Zwerchfells o.ä.) geht m.E. eher in die falsche Richtung. Unter Beachtung des oben Gesagten sollte man aufgrund des Ausblasens/Wegblasens der Luft sich ergebende Körperveränderungen ("Schrumpfen", Bauch geht irgendwann nach innen...) zulassen und diesen nicht künstlich entgegenwirken.
LG
TrompeteRT
>--III--()
hannes
Unverzichtbar
Beiträge: 2279
Registriert: Dienstag 22. Februar 2005, 16:35
Meine Instrumente ..: Harrelson 909, Harrelson 907 (modifizierte Bach Stradivarius), Courtois Flügelhorn

Re: Atemstütze

Beitrag von hannes »

TrompeteRT hat geschrieben:m.E. bringt es für die Stützfunktion nichts, irgend etwas bewusst mit der Bauch-/Flankenmuskulatur machen zu wollen (also weder bewusst reinziehen noch absichtlich rausdrücken). Das begünstigt Verkrampfung. Am Besten ist es, die Wahrnehmung (nach einer entspannten und tiefen Einatmung) auf das sofortige, staufreie Fließenlassen der Luft zu lenken und nicht auf irgendwelche Muskelaktivität; im Zweifel macht man sonst mit den falschen Muskelgruppen zu viel und mit den richtigen zu wenig oder noch schlimmer: man kontrahiert Muskelgruppen, die einander behindern (mit einer Hand am Türgriff ziehen, mit der anderen Hand schieben). Wenn man sich vornehmlich auf das Wegblasen der Luft von den Lippen und auf den Klang konzentriert ("Song and Wind"), ergibt sich im Hinblick auf die Stütze Einiges von selbst. Alles Statische (Bauch draußen halten, Betonbauch, Halten des Zwerchfells o.ä.) geht m.E. eher in die falsche Richtung. Unter Beachtung des oben Gesagten sollte man aufgrund des Ausblasens/Wegblasens der Luft sich ergebende Körperveränderungen ("Schrumpfen", Bauch geht irgendwann nach innen...) zulassen und diesen nicht künstlich entgegenwirken.
LG
TrompeteRT
Absolut mein Standpunkt, obwohl ich früher auch nach Bixels "Gürtelschnallentheorie" gelernt und jahrelang gespielt habe.

Mittlerweile halte ich es fast immer so mit einer Ausnahme: Will ich sehr laut und hoch spielen, so nutze ich die Möglichkeit des "Wedge", ähnlich wie es Shew lehrt und Nick Drozdoff im Netz demonstriert. Es entsteht bei mir in extremen Lagen ein "Einziehen" des Bauches, das mit dem Ausstoß der Luft koordiniert wird (daher nur "ähnlich" wie bei Shew).
Der Shew-Schüler Ingolf Burkhardt demonstriert diese Technik im Netz genau nach Shews Idee, direkt mit dem Einatmen die "Wedge" herzustellen und zu halten. Für treffsicheres lautes und scharfes Anspielen hoher Töne kann diese Technik sehr dienlich sein. Mir gefällt aber ein eher dynamischer Einsatz der Atmung besser und gehe daher sehr sparsam damit um.
Eines steht für mich aufgrund meiner Selbsterfahrung fest: Der "Wedge" kann ich verdanken, in hohen Lagen selbst auf einem Durchschnittsmundstück extrem laut spielen zu können. Ohne der Wedge bekomme ich einen anderen weniger scharfen und lauten Sound hin (außer ich verwende ein sehr flaches Leadmundstück), den ich allerdings für mein nahezu gesamtes Spielen bevorzuge.

Daher brauche ich keinen Betonbauch oder die "Wedge" im gesamten Register, sondern atme mittlerweile wesentlich entspannter wie beim natürlichen Ausatmen, wobei sich eine Anspannung schon allein deshalb ergibt, wenn man gegen den Widerstand durch Zunge/Lippe mit unterschiedlichen Anforderungen (Tonhöhe, Lautstärke) bläst. Also wäre der Umkehrschluss, dass man entspannt sein soll ebenso falsch.

Es ist übrigens meiner Meinung nach ein Irrglaube, dass die Stimmlippen immer maximal geöffnet sind. Wer sehr leise spielt, hat sehr enge Stimmlippen. Ebenso gehe ich davon aus, dass die Stimmlippen sehr dynamisch beim Spiel mitwirken. Verhindert werden muss unbestreitbar, dass die Stimmlippen wie beim Stuhlgang ganz dicht machen oder krampfhaft verengen. Leider kenne ich keine wissenschaftlichen kameratechnische Untersuchungen, die zeigen, dass die Stimmlippen sehr flexibel an der Luftdosierung - was sich primär auf die Lautstärke auswirkt - beteiligt sind. Inwieweit die Stimmlippen gezielt für die Luftkomprimierung in hohe Lagen eingesetzt werden können, bin ich skeptisch. Englebright und sein Tastee-Partner Dyess behaupten dies in ihrem Buch, aber auch hierzu fehlen die Nachweise.
Was bleibt: Man muss erspüren, wie es am effizientesten und effektivsten funktioniert. Urban Agnas lehrt seinen Klassikschülern sogar, dass sie ihren Bauch bewusst entspannter lassen, um dem natürlichen Luftfluss nicht zu behindern. Ein Leadtrompeter käme damit gewiss an Grenzen, was seine Anforderungen betreffen (egal ob mit Wedge oder ohne). Ebenso wird mit jeder Ausatmung gegen einen Widerstand automatisch die Bauch- und Flankenmuskulatur beansprucht (ob man will oder nicht). Die Frage, die jeder selbst erspüren muss, bleibt: Wie hoch muss mein körperlicher Wohlfühl-Einsatz sein, um zu meinem Ziel zu gelangen? Denn ohne körperlichen Einsatz geht kaum etwas, egal ob man von Stütze oder Wohlfühlspannung oder ... spricht.

In meiner Praxis kann ich grundsätzlich feststellen, dass sehr viele Trompeter viel zu verkrampft sind, weil sie mit aller Gewalt einen Betonbauch selbst in tiefen Lagen herausdrücken oder in den Worten Bixels: Ihre Hose unter Spannung halten wollen. Die Folge: Sie können ihre Stimmlippen nicht kontrollieren und die Luft fließt nicht störungsfrei, was mit roter Birne, Atemstau ... endet.
Heute kann ich nicht mehr nachvollziehen, warum auch ich jahrelang meine Hose stramm gehalten haben. :lol:

Vielleicht lernen gerade die oft zitierten Wunderkinder viel besser und störungsfreier als Erwachsene, weil sie sich über solche Dinge nicht den Kopf zerbrechen (außer ein Lehrer veranlasst sie dazu) und den Körper auf natürliche angeborene Art wie z.B. beim Aufblasen eines Luftballons arbeiten lassen. Das schließt natürlich nicht aus, dass solche natürlichen Fähigkeiten trainiert werden können und müssen bis sie auch unter fremden Bedingungen funktionieren (ein Neandertaler blies eben keine Trompete aber Luft zum Feuerentfachen) und dass man ab einem hohen Niveau zusätzliche Mittel zum Erfolg einsetzen kann. :narr:

Hannes
Benutzeravatar
Bixel
Unverzichtbar
Beiträge: 6415
Registriert: Samstag 27. Dezember 2008, 08:30
Meine Instrumente ..: bezahlt

Re: Atemstütze

Beitrag von Bixel »

TrompeteRT hat geschrieben:m.E. bringt es für die Stützfunktion nichts, irgend etwas bewusst mit der Bauch-/Flankenmuskulatur machen zu wollen (also weder bewusst reinziehen noch absichtlich rausdrücken).
Das Ziel ist (da bin ich mit dir einer Meinung), möglichst Vieles - wenn nicht gar Alles - unbewusst richtig zu machen.
Dies ist schließlich auch Bedingung für des Erlebnis des Flow.

Da ich selbst aber - vor Allem in Stresssituationen - noch nicht unbewusst fehlerfrei zu atmen in der Lage bin, ist das zeitweise bewusste Steuern der Atemfunktion für mich (noch) unverzichtbar.
Wenn jemand dieses nicht mehr tun muss: fein, beneidenswert!
TrompeteRT hat geschrieben:Das begünstigt Verkrampfung. Am Besten ist es, die Wahrnehmung (nach einer entspannten und tiefen Einatmung) auf das sofortige, staufreie Fließenlassen der Luft zu lenken und nicht auf irgendwelche Muskelaktivität; im Zweifel macht man sonst mit den falschen Muskelgruppen zu viel und mit den richtigen zu wenig oder noch schlimmer: man kontrahiert Muskelgruppen, die einander behindern (mit einer Hand am Türgriff ziehen, mit der anderen Hand schieben). Wenn man sich vornehmlich auf das Wegblasen der Luft von den Lippen und auf den Klang konzentriert ("Song and Wind"), ergibt sich im Hinblick auf die Stütze Einiges von selbst.
Die Übergänge zwischen sinnvoller Anspannung einerseits und Verkrampfung andererseits antagonistisch wirkender Muskelgruppen sind fließend.
Wie willkürlich hier der Sprachgebrauch ist, zeigt folgende Betrachtung:
Auch die sog. Ansatzmaske ist eine "Verkrampfung" in dem Sinne, dass hier gleichzeitig antagonistisch (entgegengesetzt) wirkende Muskeln gespannt werden.
Das Ergebnis ist eine erwünschte isometrische Kontraktion, die erst die für das Trompeten unverzichtbare Verhärtung des vibrierenden Lippengewebes erzeugt.
Wollte man diesen Vorgang negativ besetzen, könnte man sagen: Der Ringmuskel und die nach außen ziehenden Antagonisten behindern sich gegenseitig und führen zu deren Verkrampfung.

Dasselbe "in Grün" gilt für die Atemstütze: Indem Zwerchfell einerseits und Rumpfmuskulatur andererseits in Maßen(!) antagonistisch betätigt werden, wird eine (solange nicht übertrieben wird) nützliche Spannung erzeugt, die Stabilität und Kontrolle ermöglicht.

Von Verkrampfung im negativen Sinne kann ernsthaft nur gesprochen werden, wenn Antagonisten über das sinnvolle Maß hinaus eingesetzt werden.

Hier dürften die Verdienste des Herrn Kreutzer liegen:
Er hat durch seine plausibel wirkenden Ausführungen offenbar bei vielen hiervon betroffenen Bläsern den Abbau überflüssiger muskulärer Spannungen bewirkt. Das ist verdienstvoll und begrüßenswert.
Die physiologischen Grundlagen, mit denen Herr Kreutzer argumentiert, sind aber schlecht recherchiert und halten einer kritischen Prüfung nicht stand.
TrompeteRT hat geschrieben:Alles Statische (Bauch draußen halten, Betonbauch, Halten des Zwerchfells o.ä.) geht m.E. eher in die falsche Richtung.
Das ist auch meine Meinung. Statisches taugt nicht.
Dynamisch muss Alles sein; dann geht es eher in die richtige Richtung.
TrompeteRT hat geschrieben:Unter Beachtung des oben Gesagten sollte man aufgrund des Ausblasens/Wegblasens der Luft sich ergebende Körperveränderungen ("Schrumpfen", Bauch geht irgendwann nach innen...) zulassen und diesen nicht künstlich entgegenwirken.
Künstlich - im Sinne von bewusst - entgegenwirken sollte man m.E. sehr wohl bislang suboptimal Konditioniertem; und zwar genau solange, bis es optimal konditioniert ist.

:) :gut:
.
Rausgehen ist wie Fenster Aufmachen, nur viel krasser.
TrompeteRT
Unverzichtbar
Beiträge: 624
Registriert: Montag 27. August 2007, 20:49
Meine Instrumente ..: >--III--(

Re: Atemstütze

Beitrag von TrompeteRT »

Bixel hat geschrieben:Das Ziel ist (da bin ich mit dir einer Meinung), möglichst Vieles - wenn nicht gar Alles - unbewusst richtig zu machen. Dies ist schließlich auch Bedingung für des Erlebnis des Flow. Da ich selbst aber - vor Allem in Stresssituationen - noch nicht unbewusst fehlerfrei zu atmen in der Lage bin, ist das zeitweise bewusste Steuern der Atemfunktion für mich (noch) unverzichtbar.
Wenn jemand dieses nicht mehr tun muss: fein, beneidenswert!
da habe ich mich möglicherweise ein wenig missverständlich ausgedrückt: Ich meine nicht, dass man es erreichen kann, alles unbewusst richtig zu machen, im Gegenteil (Purzelbaumkinder ausgeschlossen, aber die würden sich ohnehin fragen, weswegen wir über so etwas Kinderleichtes wie das Trompete spielen ewig philosophieren). Ich selbst mache leider sehr viele Dinge unbewusst falsch und muss(te) um jede Verbesserung kämpfen. Insofern bin ich sehr dafür, den Versuch zu unternehmen, sich die Dinge bewusst zu machen, ganz besonders die Atmung. Nur bin ich der Meinung, dass es vergleichsweise wenig aussichtsreich ist, sich die atemphysiologischen Vorgänge bewusst zu machen, indem man versucht, die Atemmuskulatur zu erfühlen; der Grund hierfür ist, dass diese Körperregionen zu wenig sensitiv sind. Weitaus sensitiver sind von den am Trompetenspiel beteiligten Körperregionen bspsw. die Lippen. Somit ist es viel erfolgversprechender, während des Übens zu erfühlen, ob der Luftfluss an den Lippen konstant ist (Gefühl des Wegblasens der Luft/des ständigen Passierens der Luft an der Lippe). Ist im Zuge eines sich ständig verbessernden Erfühlungsprozess ein befriedigender Luftfluss spürbar und ist auch das klangliche Ergebnis zufriedenstellend, dann spricht viel dafür, dass die Atmung in diesem Moment korrekt funktioniert. In diesen Momenten lohnt es sich dann doch, die Aufmerksamkeit hin in die Bauch- und Flankenregion zu richten, um sich auch dieses - wenn auch mangels ausreichender Sensitivität weniger klar ausgeprägte - Gefühl ebenfalls zu merken. Somit hat man schon zwei Anker für wenig entspannte Spielsituationen (besonders Auftrittssituationen). Lässt einen das korrekte Stützgefühl im Stich (was aufgrund des oben Gesagten zu erwarten ist) dann kann man über das Luft-/Lippegefühl Sicherheit gewinnen. Leider ist mir das alles nicht selbst eingefallen, aber ich habe von dem Buch "Teaching Brass" des Trompeters und Autors Steenstrup profitiert. Hier habe ich schon einmal darüber berichtet:

http://www.trompetenforum.de/TF/viewtop ... rup#p84230

Ob das alles medizinisch/physiologisch/anatomisch/neurologisch tatsächlich zutreffend ist, weiß ich zwar nicht, mir persönlich leuchtet Steenstrup aber ein (zumindest was Atmung und Stütze angeht). Auch Arnold Jacobs hat gesagt: "Bestelle Luft, nicht Muskeln" und das geht in eine ähnliche Richtung. Steenstrup kommt aus der Jacobs-Schule.

Auch die Blatt-an-die-Wand-Pusten-Übungen gehen in diese Richtung: Auch hier wird die Kontrolle/Aufmerksamkeit von den Bauchmuskeln weg verlagert: Bleibt das Blatt an der Wand, spricht (bei ansonsten korrekter Ausführung, insbesondere korrektes "Burba-pü") vieles dafür, dass die Atmung korrekt erfolgt. Dann schnell in die Bauchregion fühlen, um auch dieses zu merken.

Viel besser als ich erklärt es Steenstrup. Wer im Englischen nicht ausreichend sattelfest ist, der soll eben "Also sprach Arnold Jacobs" lesen. Geht in eine ähnliche Richtung, ist allerdings bildhafter und nicht so "wissenschaftlich" wie Jacobs.

LG
TrompeteRT
>--III--()
TrompeteRT
Unverzichtbar
Beiträge: 624
Registriert: Montag 27. August 2007, 20:49
Meine Instrumente ..: >--III--(

Re: Atemstütze

Beitrag von TrompeteRT »

meinte natürlich am Ende des vorigen Beitrags: "... nicht so wissenschaftlich wie Steenstrup". Sorry.
>--III--()
Benutzeravatar
Bixel
Unverzichtbar
Beiträge: 6415
Registriert: Samstag 27. Dezember 2008, 08:30
Meine Instrumente ..: bezahlt

Re: Atemstütze

Beitrag von Bixel »

TrompeteRT hat geschrieben: Nur bin ich der Meinung, dass es vergleichsweise wenig aussichtsreich ist, sich die atemphysiologischen Vorgänge bewusst zu machen, indem man versucht, die Atemmuskulatur zu erfühlen; der Grund hierfür ist, dass diese Körperregionen zu wenig sensitiv sind. Weitaus sensitiver sind von den am Trompetenspiel beteiligten Körperregionen bspsw. die Lippen.
Die Tatsache, dass die Gesichtsregion sensibler und daher der Beobachtung besser zugänglich ist, führt m.E. gerade zu der verbreiteten Strategie, den Ansatz grundsätzlich überzugewichten und die Atmung eher zu vernachlässigen.

Grundsätzlich vertraue ich durchaus dem Konzept, allein durch die Orientierung am (gewünschten) Klang die Körperfunktionen unbewusst auf die bläserischen Bedürfnisse hin zu optimieren.

In meinem Fall stellt aber die Atmung nach meiner Überzeugung den bläserischen Teilbereich dar, an dem vor Allem zu arbeiten ist.
Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die Atmung am sensibelsten auf Stressituationen reagiert, indem sie (die Atmung) durch angstähnliche Einflüsse unweigerlich verflacht und dadurch erheblich an Wirkungsentfaltung verliert.
Mein Eindruck ist übrigens, dass mit diesem Problem fast alle Trompeter zu kämpfen haben.

Warum man sich die Atmung nicht bewusst machen können soll, ist mir nicht nachvollziehbar.
Das ist m.E. eine Frage des (zu entwickelnden) Beobachtungs-Fokus'.
Abgesehen davon ist die Ansage "Hosengürtel unter Spannung setzen" (übrigens nicht "betonmäßig immer", sondern dynamisch nach Bedarf) m.E. plastisch genug, um auch vom Laien befolgt werden zu können.

:idea:
.
Rausgehen ist wie Fenster Aufmachen, nur viel krasser.
TrompeteRT
Unverzichtbar
Beiträge: 624
Registriert: Montag 27. August 2007, 20:49
Meine Instrumente ..: >--III--(

Re: Atemstütze

Beitrag von TrompeteRT »

Bixel hat geschrieben:Die Tatsache, dass die Gesichtsregion sensibler und daher der Beobachtung besser zugänglich ist, führt m.E. gerade zu der verbreiteten Strategie, den Ansatz grundsätzlich überzugewichten und die Atmung eher zu vernachlässigen. Grundsätzlich vertraue ich durchaus dem Konzept, allein durch die Orientierung am (gewünschten) Klang die Körperfunktionen unbewusst auf die bläserischen Bedürfnisse hin zu optimieren.

(...)

Warum man sich die Atmung nicht bewusst machen können soll, ist mir nicht nachvollziehbar.
Das ist m.E. eine Frage des (zu entwickelnden) Beobachtungs-Fokus'.
Abgesehen davon ist die Ansage "Hosengürtel unter Spannung setzen" (übrigens nicht "betonmäßig immer", sondern dynamisch nach Bedarf) m.E. plastisch genug, um auch vom Laien befolgt werden zu können.
Leider scheine ich es nicht ansatzweise so gut rüberbringen zu können wie Steenstrup und Jacobs. Sie propagieren nicht, den Ansatz statt der Atmung zu beobachten oder sich gar die Atmung überhaupt nicht bewusst zu machen.

Gemeint ist vielmehr, dass man sich Atmung vornehmlich im Sinne von Luftfluss und nicht im Sinne von Muskelaktivität bewusst machen soll. Den Luftfluss spürt man aber am besten als ständigen Strom gegen die Lippen und - mangels ausreichender Sensitivität - nicht so gut im Bauchraum.

Es geht auch nicht darum, ausschließlich durch Orientierung am Klang zu arbeiten sondern:

1.) durch permanentes Voraushören des (erwünschten) Klanges ("Song"),
2.) durch das Erfühlen des nach dem Ausatemimpuls sofort einsetzenden ständigen Luftflusses (gegen die Lippen, da dort sehr gut zu spüren) ("Wind").

Ich selbst arbeite darüber hinaus damit, während des Übens bei gefühlt gutem Luftfluss gegen die Lippen durch Verlagern der (Haupt-)Aufmerksamkeit in Richtung "Bauchraum" mir auch das sensitiv schwächere "Muskelaktivitätsgefühl" einzuprägen.

Besser kann ich es nicht erklären. Lektüre Steenstrup und Jacobs lohnt aber in jedem Fall.

LG
TrompeteRT
>--III--()
Benutzeravatar
Bixel
Unverzichtbar
Beiträge: 6415
Registriert: Samstag 27. Dezember 2008, 08:30
Meine Instrumente ..: bezahlt

Re: Atemstütze

Beitrag von Bixel »

TrompeteRT hat geschrieben: Gemeint ist vielmehr, dass man sich Atmung vornehmlich im Sinne von Luftfluss und nicht im Sinne von Muskelaktivität bewusst machen soll. Den Luftfluss spürt man aber am besten als ständigen Strom gegen die Lippen und - mangels ausreichender Sensitivität - nicht so gut im Bauchraum.

Es geht auch nicht darum, ausschließlich durch Orientierung am Klang zu arbeiten sondern:

1.) durch permanentes Voraushören des (erwünschten) Klanges ("Song"),
2.) durch das Erfühlen des nach dem Ausatemimpuls sofort einsetzenden ständigen Luftflusses (gegen die Lippen, da dort sehr gut zu spüren) ("Wind").
"Wer heilt, hat Recht."
Man kann einen didaktischen Ansatz m.E. zwar im Detail kritisieren, nicht aber grundsätzlich in Frage stellen, wenn er sich denn bei Vielen als nützlich erweist.

Das Spektrum der Lernmodalitäten auf dem Gebiet des Trompetens reicht von der puristisch-naiven Orientierung am gewünschten Klang ("Song") beim Purzelbaum-Typen bis hin zur (vergeblich) angestrebten peniblen Kontrolle eines jeden einzelnen beteiligten Muskels gemäß (vermeintlichen) physiologisch-anatomischen Erkenntnissen beim control freak.
Zwischen diesen beiden Polen sortiert sich Jeder gemäß seinen Neigungen und Begabungen irgendwo ein.

Ich persönlich erlebe mich zwar als Purzelbaumkind im Hinblick auf die allgemeine Musikalität (was sich besonders im Jazz-Idiom bemerkbar macht), nicht aber als Purzelbaumkind im Hinblick auf die Beherrschung der Trompete.
Bei Letzterer gab und gibt es seit jeher Baustellen, an denen eine unbewusst-naive Beschäftigung ("Song") allein nicht zum Ziel führt(e).
Daher war/bin ich darauf angewiesen, Atmung und Ansatz zeitweilig(!) zum Gegenstand theoretischer Betrachtungen zu machen, wobei mir mein (in grauer Vorzeit) abgeschlossenes Medizinstudium sicherlich von Nutzen ist.
Aus solcherlei theoretischen Überlegungen ergaben/ergeben sich dann bei mir - mit ein bisschen Glück - Entwicklungsfortschritte.

Durch meine (vermutlich von vielen Kollegen manchmal als ungut detailverliebt erlebten) Erörterungen von Ansatz, Zunge und Atmung mag der Eindruck entstehen, ich ginge allzu "verkopft" an das Trompeten heran.
Dieser Eindruck entspricht insoweit nicht der Realität, als ich - ähnlich wie schon einmal im Zusammenhang mit der Jazzimprovisation beschrieben - in der Regel erst auf sehr intuitive Weise "lerne" und anschließend mittels Selbstbeobachtung zu ergründen versuche, was und wieso ich etwas so mache - und nicht anders.
Letzteres ist für mich reizvoll, weil ich erstens Freude an Erkenntnis (an sich) habe, und weil ich zweitens hieraus für meine trompetenpädagogische Tätigkeit Nutzen ziehe.
Nach Möglichkeit "verkaufe" ich meine (vermeintlichen) Erkenntnisse am Ende meistens nicht auf "der intellektuellen Schiene", sondern versuche sie in praktische Konzepte zu verpacken.
Beispiele hierfür sind z.B. "Intensives Mundstück-Buzzing auf Mini-Mundstück zwecks unwillkürlicher Fokussierung des Ansatzes" oder "Hosengürtel mit zunehmender Tonhöhe/Lautstärke unter Spannung setzen".

:o
.
Rausgehen ist wie Fenster Aufmachen, nur viel krasser.
Bernhard
Besonders Verdient gemacht
Beiträge: 629
Registriert: Montag 15. Dezember 2003, 16:23
Meine Instrumente ..: Trompete

Re: Atemstütze

Beitrag von Bernhard »

Der Begriff "Stütze" ist m.E. grundsätzlich etwas unglücklich gewählt, weil er zu leicht mit statischer Anspannung assoziiert werden kann ("Bauch draussen halten"). Das englische "Support" trifft es wohl besser auf den Punkt. Auch der Begriff "Luftschub" kann hilfreich sein um sich diese Vorgänge zu veranschaulichen.
Benutzeravatar
Bixel
Unverzichtbar
Beiträge: 6415
Registriert: Samstag 27. Dezember 2008, 08:30
Meine Instrumente ..: bezahlt

Re: Atemstütze

Beitrag von Bixel »

Bernhard hat geschrieben:Der Begriff "Stütze" ist m.E. grundsätzlich etwas unglücklich gewählt, weil er zu leicht mit statischer Anspannung assoziiert werden kann ("Bauch draussen halten"). Das englische "Support" trifft es wohl besser auf den Punkt. Auch der Begriff "Luftschub" kann hilfreich sein um sich diese Vorgänge zu veranschaulichen.
Es gibt offenbar keine verbindliche Definition des Terminus Atemstütze.
So, wie ich den Begriff benutze, ist es aber keinesfalls ein Synonym für Luftschub oder Support, und es auch nicht Antwort B in Bernhards WWM-Quiz.

Die Atemstütze ist m.E. eine Leistung der Einatemmuskulatur und ergibt erst im Zusammenwirken mit der Ausatemmuskulatur den (kontrollierten) Luftschub.

Hier hat sich eine Sängerin dazu geäußert.
Ich finde den Text ganz brauchbar.

:rtfm:
.
Rausgehen ist wie Fenster Aufmachen, nur viel krasser.
Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 36 Gäste