Sind neue Trompeten besser als alte?

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Moderator: Die Instrumentenbauer

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RainerS
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Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von RainerS »

Wenn ich in Wolfram's Beiträgen lese, dass heutzutage bei der Produktion von Blechblasinstrumenten - und sogar auch schon bei größeren Reparaturen - ohne Computer und entsprechende Software eigentlich nichts mehr richtig geht, frage ich mich, ob durch diese modernen Möglichkeiten der Optimierung nicht generell die Qualität der Instrumente in den letzten ca. 20 Jahren noch wesentlich besser geworden sein müsste als sie in der "Computer-Vorzeit" war bzw. bei traditionellen Instrumentenmachern ohne Rechnerunterstützung überhaupt sein kann.
Dabei ist mir schon klar, dass entsprechende Vergleiche schwierig sind und auch nur vergleichbare Qualitätskategorien wirklich miteinander verglichen werden können. Immerhin sollten derartige Vergleiche bei Traditionsmarken und deren teilweise bereits über Jahre bis Jahrzehnte angebotenen Standard-Modellen, wie Bach-Stradivarius, Conn-52B, Getzen-Capri oder B&S-Challenger..., aber doch möglich sein. Sind die wirklich noch merklich besser geworden? Bekommt man heute in der Mittel-bis Oberklasse also mehr Klang für's Geld als früher? Lohnt sich unter diesen Aspekten überhaupt noch ein Gebrauchtkauf - und wenn ja, ab etwa welchem Baujahr war die Computeroptimierung im Blechblasinstrumentenbau schon etwa auf dem heutigen Stand?
Mit fragenden Grüßen
Rainer
Zuletzt geändert von RainerS am Donnerstag 7. Februar 2008, 00:11, insgesamt 2-mal geändert.
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kleinerTrompeter
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von kleinerTrompeter »

Hallo!

Mein Instrumentenmacher hat mal gesagt, daß die Meister früher viel mehr Zeit in ihr Werk gesteckt haben.
Man kann auch sagen sie haben viel mehr probiert.
Vieles haben sie mit ins Grab genommen.
Wenn ich die Windisch Drehventiler hernehme- die gehen trotz mittlerweile undichter Ventile immer noch richtig gut los.
Da muß man erst mal was vergleichbares finden.

Grüße Jörg
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Puukka
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von Puukka »

Gute Frage,
Wenn man an die Fans von Mount Vernon, Committee, Connstellation und wie in meinem Fall, einem Design aus dern 30ern denkt, kann der Unterschied nicht besonders gross sein.
LG Herbert
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Wolfram
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von Wolfram »

Hallo Rainer!
Deine Frage ist durchaus berechtigt, aber ich darf dir sagen, dass ich mit meinem Messgerät gerade in den letzten Wochen auch verstärkt ältere Instrumente (teilweise von schon verstorbenen Meistern) getestet habe.
Und ich durfte feststellen, dass auch die alten Meister teilweise schon sehr gute Intonation hinbekommen haben.
Aber, wie Jörg schon geschrieben hat, der Weg/bzw. die Zeit, den ein Instrumentenbauer dafür gebraucht hat, war sehr aufwendig!
Als ich meine ersten Trompeten gebaut habe, stellte ich die benöigten Bauteile in verschiedenen Mensuren und Zuschnitten her. Dann holte ich mir einen willigen guten Trompeter (in meinem Fall der Solotrompeter der Philharmonie) und probierte aus. Dieses Testen konnte sich über mehrere Wochen hinziehen, denn auch Trompeter sind nur Menschen und schwanken in ihrem Urteilsvermögen...

Heraus kam dann ein Instrument, das Jahre später am Messgerät als sehr gut eingestuft wurde. Aber wie gesagt, der Weg dazu war immer sehr mühsam.
Auch die physikalischen Zusammenhänge (Nödl schrieb ein Fachbuch mit dem Hinweis wo man den Durchmesser verändern muss, um die Intonation im unteren oder oberen Bereich zu verändern) war sehr wage formuliert und beruhte nur auf Schätzungen.
Heute kennt mein Computer alle physikalischen Zusammenhänge und berechnet mir in wenigen Minuten das optimale Instrument.
Aber auch dann ist es ein holpriger Weg aus den theoretischen Zahlenmaterial ein identisches Instrument zu bauen.

Zusammengefaßt kann man sagen, dass die älteren Instrumente mehr "Leben und Individualität" besitzen. Durch die handwerkliche Fertigung aber auch eine reiche Streuung vorhanden war.
Heute ist zumindest bei den Marken-Herstellern die Streuung nur noch sehr gering. Zum einen weil die Bauform optimal berechnet wurde und zum anderen, weil die Bauteile mit modernsten Maschinen und präzisen Werkzeugen angefertigt werden können.
Dafür wirken manchem diese Instrumente aber etwas steril. Der Vorteil der handwerklichen Fertigung bleibt das individuelle Herstellen von Instrumenten.
Das war damals schon und das ist auch heute möglich.
LG, Wolfram
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buddy
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von buddy »

Wolfram hat geschrieben:Dafür wirken manchem diese Instrumente aber etwas steril. Der Vorteil der handwerklichen Fertigung bleibt das individuelle Herstellen von Instrumenten.
Wenn gleiche Teile von relativ wenigen Zulieferern von verschiedensten Werkstätten auch im Premium-Segment verbaut werden, sind die Trompeten zumindest in diesem Punkten identisch, höchste Sorgfalt bei der Verarbeitung vorausgesetzt. Davon sind nicht nur Ventilmaschinen betroffen, sondern auch Schallstücke, Mundrohre und Stimmzüge. Der Spielraum des Meisters verringert sich dabei auf eine gute Verarbeitung und eventuelle "Feinabstimmung". Es ist zwangsläufig, dass auf diese Weise eine Normierung zustandekommt.
Nicht ganz zufällig werden Werkstätten besonders hoch geschätzt und von begeisterten Kunden mit Lob überschüttet, die sich dem (soweit noch möglich) entziehen und selbst herstellen, wie Forumsberichte über z.B. Peter Baumann oder Hub van Laar zeigen.
Andererseits ist es schon möglich, im Rahmen einer Manufaktur-Serienfertigung sehr preiswerte Profi-Instrumente mit eigenem Charme zu bauen, wie Kanstul seit vielen Jahren mit unterschiedlichen Modellen beweist (siehe den 1537-Hinweis von burt, den Chicago-Test von Herbert oder meine Hymnen auf mein Kanstul F.Besson Breveté Flügelhorn). Öfter gelobt wird auch Trumpetherald-Forum oder auf der Seite vom Jim Donaldson http://www.dallasmusic.org/gearhead/Flu ... Guide.html
Zuletzt geändert von buddy am Donnerstag 7. Februar 2008, 11:14, insgesamt 2-mal geändert.
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Troubadix
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von Troubadix »

Hallo Wolfram,

deine Ausführung deckt sich mit meiner Wahrnehmung.

Wenn ich "Computeroptimierte" Instrumente anspiele, dann lege ich sie
trotz brillanter Intonation wieder zur Seite, weil ...
genau "Leben und Individualität" fehlt.
Genau das muss ein gutes Instrument neben der Intonation auch besitzen!

Gruss
Troubadix
buddy
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von buddy »

Troubadix hat geschrieben:...Wenn ich "Computeroptimierte" Instrumente anspiele, dann lege ich sie
trotz brillanter Intonation wieder zur Seite, weil ...
Dann kannst Du ja nur noch Instrumente spielen, die mindestens 25 Jahre alt sind oder aus Posemuckel. :shock:
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lurchi
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von lurchi »

Ich hab gerne ein neutrales, gut intonierendes Instrument, dem ich dann meine Individualität einhauchen kann.

Etwas anderes ist es beim Autofahren, da liebe ich die kleinen prickelnden Überraschungen die ein VW Käfer immer wieder bereithält (schade dass ich seit ein paar Jahren keinen mehr hab).

Mir kommt der Fortschritt schon sehr entgegen. Wenn man für relativ geringes Geld verlässliche Qualität erhält dann finde ich das gut.
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Nedsolaud
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von Nedsolaud »

lurchi hat geschrieben:dem ich dann meine Individualität einhauchen kann
Hallo,
genau das glaub ich bei Industrietrompeten nicht.
Das sind ja keine Trompeten mehr sondern eher Hörner (konisch) und in Serienfertigung mit genauesten Toleranzen gebaute
Massenprodukte für die Masse. Damit meine ich dass ein Industriehorn so gebaut ist, dass so gut wie jeder (auch ich) damit einigermaßen spielen kann. Die Intonation passt, ganz egal wie du reinbläst.
Individualität nenn ich da was anderes!
Versuch mal auf einer neuen Trompete eine Tonleiter zu blasen ohne ein Ventil zu drücken! Die rastet viel zu genau ein. da brauchst sogar für 1/3 einen Trigger weil dus mit den Lippen kaum noch formen kannst.
Individualität?
Spiel mal ein altes (undichtes, klappriges, verdelltes usw.) Trompetchen und lass dich überaschen.
Und nur weil das Ding dann etwas schwerer zu blasen ist (angeblich) ist es der reine Mist?
Mach dir die Mühe und nimm ein Stimmgerät, üb damit Tonleitern und du wirst sehen was Individualität ist. Wenn du dann noch die Möglichkeiten nutzen kannst von so einem alten Eimer, dann legst du die nie wieder weg.

Nix für ungut, Werner
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Nedsolaud
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von Nedsolaud »

Da, ich habs gefunden.
Versuch mal das mit ner neuen Hupe zu spielen ohne Ventile.
http://images.google.de/imgres?imgurl=h ... %26hl%3Dde

Viel Spaß!
Steffen
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von Steffen »

Zu dem Thema gibt es ein sehr interessantes Video. Kann ich als begeisterter Vintage-Spieler nur bestätigen:

http://www.youtube.com/watch?v=sPNyH9z-ORI

Viele Grüße,

Steffen
FlüTro
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von FlüTro »

wie´ne Trompete einrastat oder nicht hängt auch
vom Ansatz ab und wie man sie spielt.
Von Jahr zu jahr bekomm ich zu meinen 4 Hörner ne andere Meinung,
weil ich auch lerne mit diesen umzugehen.

Z.B. Martin committee 1946:
- gekauft weil eine Legende
- irgendwie begeistert, aber nicht alltagstauglich
- weil Sound & Intonation ganz anders
- unten superschlecht
- schwer zu spielen
- "geht oben manchmal zu"
- also gespaltenes verhältnis

und jetzt:
- ich hab gelernt sie ganz zart-druckarm zu spielen
- nur streicheln und nur das blasen, was ohne pressen-Druck geht
- viel Luft und wenig Kompression
- und siehe da: genial, einfach Spitze
- variations-Interpretationsspielraum einfach toll

Die Strad dagegen völligst anders,
verschiedener könnten 2 Trompeten nicht sein.

Peter
trumpetfan
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von trumpetfan »

Hallo,

einiges was hier geschrieben ist leuchtet mir ein, anderes gar nicht:

zuerst einmal Hut ab vor den Konstrukteuren von früher, die gute Instrumente bauten. Aber ich lebe und spiele doch lieber in der heutigen Zeit, wo es weniger Ramsch gibt, bzw. wo der Ramsch auch schon fast gute Qualtität ist.

Mir leuchtet ein, dass moderne Instrumente bezüglich Intonation und Anblasverhalten, kurz bezüglich Qualität weniger Streuung haben. Das finde ich Spitze. Wenn ich früher hörte, man müsse im Schnitt 10 Stradis ausprobieren, bis man eine gute finde, sagte: Nein danke, dann verzichte ich ganz. Dann müssten doch heute nicht nur die Yammis sondern auch die Bachs in der Regel von gleichbleibender guter Qualität sein.

Mich leuchtet nicht ein, dass das Einrasten etwas mit neu oder alt zu tun haben soll. Meiner Meinung nach kommt es auf die Bauweise an, ob die Trompete flexibel dafür schwieriger oder eher direkt einrastend dafür nicht so flexibel ist. Diese verschiedenen Typen gibt es schon länger, und sie werden heute wohl noch perfektioniert.

Am wenigstens kann ich nachvollziehen warum mit Hilfe von Computern designete Instrumente "leblos" oder "langweilig" sein sollen. Sie werden ja gerade daraufhin konzipiert, dass das gewünschte "Profil" d.h. die Eigenschaften noch mehr herausgearbeitet werden. Ich glaube, das sind einfach Legenden von den alten Trompeten, die mehr Seele gehabt hätten. Spielen etwa die modernen Künstler weniger schön, oder weniger musikalisch.

Ich finde es eigentlich ganz gut wie es heute ist. Das heisst man kann vieles mit dem Computer machen, aber für gute Trompeten braucht es noch mehr als nur den Computer, und der wirkliche Meister zeigt sich auch darin, dass er die modernen Hilfsmittel sinnvoll einsetzt.

Gruss Herbert
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von buddy »

Nedsolaud hat geschrieben:...Das sind ja keine Trompeten mehr sondern eher Hörner (konisch)...
Das verstehe ich nicht ganz, eine 2007 YTR-8310Z soll konischer sein als eine 1930er F.Besson Breveté?
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Käptn-Z
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Re: Sind neue Trompeten besser als alte?

Beitrag von Käptn-Z »

Mein am Besten intonierende Trompete ist eine Conn 22B von 1928. Da kommt Keine meiner anderen Trompeten ran. Damals gabs keine Computer.

Mein Martens Flügelhorn verfügt ebenfalls über eine perfekte Intonation und wurde auch ohne jede Computervermessung hergestellt, dafür aber im Gegensatz zu der Conn mit sicherlich deutlich präziseren Maschinen (Fräsen, Drehmaschinen...).

Also: Erfahrung und handwerkliches Geschick des Meisters ist gefragt. Heute haben es die Meister durch mehr "Hilfen" etwas einfacher als früher.
Bach Strad XX (Custom)
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