Drehventil vs Pumpventil

Welches sind die besten ?

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weller
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Drehventil vs Pumpventil

Beitrag von weller »

Schreibt mal eure Meinungen zu den beiden Ventilarten. Wie stehts mit der Pflege? Bei welcher Literatur empfiehlt sich welche? Gibt es jemand der eine der beiden Arten aus dem Grund XY bevorzugt?
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Bernhard
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Beitrag von Bernhard »

Ein grosser Unterschied zwischen den beiden Ventilarten liegt, meiner Meinung nach, in der Pflege. Die Gelenkverbindungen bei Drehventilen sind nunmal pflegeintensiver und anfälliger gegen Verschleiss.

Die typische Verteilung dieser beiden Arten (Drehventil - Orchester, Pumpventil - Jazz, Big Band) hat grossteils eher historische Gründe als musikalische. Auschlaggebend für den Klang sind neben der Bauart ja auch noch andere Faktoren: Bohrung, Grösse des Schallbechers, Biegung, Gewicht, verwendete Legierung (Goldmessing - weicherer Klang, Gelbmessing - schäferer Klang) und natürlich das Mundstück.

Manche Trompeter bevorzugen Drehventile wegen der "kürzeren Wege". Das heisst aber nicht unbedingt, dass sich "schnelle Passagen" mit Drehventilen leichter spielen lassen. Eher im Gegenteil, weil Pumpventile einen geringeren Widerstand haben. Kurz gesagt: Geschmackssache.
Dirk
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Beitrag von Dirk »

Nicht zu vergessen das man mit einer Drehventiltrompete im Jazz / Big-Bandbereich gehandicapt ist , z.B. einhändig spielen geht schon mal schlecht (Notwendig wenn mit Plunger gearbeitet wird) oder Glissandos / Drops mit Halbgedrückten Ventilen oder Bendings lassen sich mit der Drehventiltrompete schlecht / gar nicht realisieren...
datastreamcowboy
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Beitrag von datastreamcowboy »

Also meine Trompete hat Drehventile. Ich finde man braucht viel zu viel Zeit um ein Pumpventil zu drücken. Das ist sicher `ne Frage der Übung, aber Fakt ist, dass man mit Drehventilen einen kürzeren Weg, also auch eine kürzere Zeit benötigt.
Es irrt der Mensch, solang er strebt.
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hotblack Desiato
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Beitrag von hotblack Desiato »

Bernhard hat geschrieben:Die typische Verteilung dieser beiden Arten (Drehventil - Orchester, Pumpventil - Jazz, Big Band) hat grossteils eher historische Gründe als musikalische.
na dann versuch doch mal ein anständiges jazziges glissando oder andere jazz-phrasierungen auf ner drehventil-tröte. datt wiad nüscht!
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guenni-trumpet
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Beitrag von guenni-trumpet »

Bernhard hat geschrieben:Die typische Verteilung dieser beiden Arten (Drehventil - Orchester, Pumpventil - Jazz, Big Band) hat grossteils eher historische Gründe als musikalische.
Die Aussage von Bernhard stimmt aber. Die Bauarten der Trompeten haben sich nämlich zuerst im sinfonischen Gebrauch herausgebildet. Drehventil-Trompeten (sog. Deutsche Bauart) werden bevorzugt im deutschsprachigen Raum verwendet, da dort diese Bauart entwickelt wurde und sich dann einfach durchgesetzt hat. Das Perinet-System (auch amerikanische Bauart, Pumpventil-System) wurde meines Wissens zuerst in Frankreich entwickelt und als "Cornet a Piston" in der sinfonischen Literatur eingesetzt. Das Perinet-System hat sich dann weiter verbreitet als das Drehventilsystem. Die besonderen Stil-Methoden des Jazz kamen erst viel später, weil die Trompeter diese Möglichkeiten auf ihren Perinet-Systemen entdeckt hatten. Damit war dann auch der weitere Siegeszug dieser Bauart im Jazz und Bigband-Bereich vorprogrammiert.
Der wesentliche Unterschied zwischen "deutscher" und "amerikanischer" Bauart sind aber nicht die Ventile, sondern eine insgesamt andere Bauart. Die amerikanische Bauart zeichnet sich durch eine andere Mensur aus, die glaube ich eher konisch verläuft. Auch ist die Bohrung größer (deutsch: zwischen 10,96 und 11,4 mm; amerikanisch: meist zwischen 11,40 und 12 mm). Bei der Deutschen ist der Schalltrichter größer usw. Genaue Unterschiede könnt Ihr übrigens unter http://www.thein-brass.de/index_du.php nachlesen . Durch die unterschiedliche Bauart ergeben sich verschiedene klangliche Eigenheiten.
Auch im Ansprechverhalten sind die Bauarten unterschiedlich: nach meiner Erfahrung lassen sich Perinet-Trompeten freier blasen, brauchen aber mehr Luft. Die deutsche Trompete bietet mehr Blaswiderstand, ist aber dadurch "knackiger". Das liegt dann meist an der Bohrung. Ich will aber den Beitrag nicht allzusehr in die Länge ziehen. Wer noch was wissen will, nur fragen.....
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Sasch
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Beitrag von Sasch »

So sieht's der "Wissenschaftler"...:

http://iwk.mdw.ac.at/Forschung/deutsch/ ... ntile0.htm
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guenni-trumpet
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Beitrag von guenni-trumpet »

In diesem Thread wurde ja auch gefragt, bei welcher Literatur sich eine Pumpventil-Trompete und bei welcher sich ein Drehventiltrompete anbietet.
Das ist ganz schwer zu beantworten. Grundsätzlich kann man sagen, dass sich Drehventil-Trompeten im Jazz-/Bigband-Bereich nicht so gut machen, da so manche Spezialeffekte nicht so klappen wollen (Ausnahmen gibt es aber immer, s. Claudio Roditi...). In den anderen Musikbereichen gibts eigentlich keine Regel, man kann grundsätzlich alles sowohl mit der Pumpe als auch mit der "Breze" (süddeutsch für Dreventiltrompete) machen. Ausschlaggebend ist m.E. der Ausdruck bzw. der Klang, den ich einsetzen will. Wenn es etwas schärfer, schneidender oder brillianter im Ton sein soll (im Sinfonieorchester Musik des 20. Jahrhunderts meistens), nehme ich persönlich eine Pumpe, ansonsten spiel ich nur auf der "Breze"...
Im Solistischen Bereich (Konzerte, Sonaten usw.) isses völlig wurscht, da kommts eher drauf an, ob sich der Bläser gut und vor allem sicher fühlt. Allerdings würde ich perönlich das Haydn- oder Hummel-Konzert nicht gerade auf einer Bobby Shew mit Lead-Mundstück machen, weil das einen anderen Charakter gibt, aber warum nicht?
Bei ner Piccolo isses sowieso egal, da gibts diesen Meinungsstreit über die Bauarten nicht. In der Barock-Musik gibts allerdings einige Verfechter der historischen (hysterischen...? :wink: ) Aufführungspraxis, die die modernen Instrumente vollkommen ablehnen und alles auf ner sog. Barock-Trompete gespielt haben wollen.
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Beitrag von Bernhard »

Und schliesslich muss man auch noch die regionalen Klangvorstellungen berücksichtigen, was innerhalb einer Bauart zu gewissen Unterschieden führt, zB haben sich die österreichischen Hersteller Lechner und Schagerl, sehr dem "Wiener Klangstil" verschrieben, was dazu führt dass ihre Drehventiltrompeten einen recht eigenständigen Klangcharakter haben gegenüber den deutschen Drehventiltrompeten, offener und leichter beeinflussbar in der Klangfarbe, dafür vor allem im Bereich der Unterhaltungsmusik schwieriger zu spielen. Die deutschen Brezen sind etwas zentrierter im Klang.
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hari7
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Beitrag von hari7 »

Eine sehr gute Beschreibung dieser Thematik findet man hier:

http://www.thein-blechblasinstrumente.d ... te.doc.pdf

Ob der Klang passt oder nicht, ist im Wesentlichen Geschmackssache. Für ein homogenes Ensemble sollten sich das gesamte Blech möglichst auf ein Klangideal einigen, vielleicht sogar auf einen Hersteller.
Macht Euch nix draus, ich bin nur zugelaufen.
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Beitrag von momos »

Naja,
die Ausführungen von Herrn Thein sind meiner Ansicht nach mit Vorsicht zu
geniessen, denn sie sind nicht gerade neutral.

Wenn man das so liest, fragt man sich, wie irgendjemand auf so einer "industriellen"
amerikanischen Trompete überhaupt Musik machen kann.

Ich frage mich dann nur (obwohl ich selbst seit Jahren fast ausschliesslich auf einer
"deutschen" Trompete blase), warum es so viele ignorante und bedauernswerte
Musiker in der ganzen Welt gibt, die sich mit den amerikanischen Instrumenten
zufriedengeben.

Vielleicht ist nicht jeder deutsche Instrumentenbauer dazu berufen, (halbwegs) neutral über
die Unterschiede zwischen "amerikanischer" und "deutscher" Trompete zu referieren.

Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass es für beide Arten von Instrumenten geeignetere und ungeeignetere Bereiche gibt.

<momos>
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burt
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Beitrag von burt »

Hallo,

das sehe ich genauso :gut:

Ich halte den Theinbericht trotz einer gewissen Anschaulichkeit auch eher für einen getarnten Werbetext für seine Drehventiltrompeten.
Schönen Gruß vom Burt
TigerTom
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Beitrag von TigerTom »

Hallo,

ich kenne Drehventiltrompeten, die in ihrem Klang und ihrem Anspielverhalten sehr ihren Perinet-Geschwistern ähneln, und andererseits Pumpen-Trompeten, die sich gefährlich dem "deutschen Klangideal" (?) nähern. Also reine "Schwarz-Weiß-Malerei" hilft hier nicht sehr viel weiter. V.Bach oder R.Schilke haben beispielsweise ihre ersten Baureihen für den Konzertsaal entworfen und nicht für die Army oder die HonkyTonks. Echte "Jazztrompeten" mit kornettartigem konischen Trichter und enger Mensur (wurden vor dem Krieg auch in Deutschland vor allem für den Export gebaut) findet man heute eigentlich gar nicht mehr, und ich denke daß kaum jemand heute noch auf sowas spielen wollte.

Der Thein-Bericht ist grundsätzlich nicht schlecht als Erklärungsmuster, er beschreibt meiner Meinung nach jeweils ein "typisches" Instrument der beiden Genres (beispielsweise F.A.Heckel gegen King Liberty der 20er). Doch der Markt sieht, wie anfangs erwähnt, doch etwas anders aus. Und dies liegt wahrscheinlich hauptsächlich daran, daß die meisten Trompetenkäufer "Allround"-Instrumente verlangen.

mfg TT
kuhlo
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Beitrag von kuhlo »

Probieren geht über Studieren!

Ich habe seinerzeit auf einem Miraphone Flügelhorn (Drehventile) gelernt. Dann folgte eine Miraphone Trompete (Drehventile). Beides waren sehr schöne Instrumente. Seinerzeit reizte es mich aber immer ein Instrument mit Perinettventilen zu spielen (sah für mich in jungen Jahren auch immer viel cooler aus). Dann bin ich auf meine versilberte Bach Strad. 37 mir LR Mundrohr umgestiegen (konnte ich damals für einen Spotpreis über meinen Trompetenlehrer erwerben). Nach vielen Jahren habe ich mir jetzt eine altertümliche Drehventiltrompete bei ebay gekauft. Und was soll ich Euch sagen: Es macht mir wieder riesigen Spaß auf einem Instrument mit Drehventilen zu spielen. Die Drehventiltrompete setze ich in der Regel für Klassik und Kirchenmusik im Posaunenchor ein. Für alles Andere nehme ich meine Bach.

Habe jetzt letztens eine fast neue Miraphone Trompete gespielt. Wenn ich Geld hätte... :?

Für Leute die nicht allzu festgefahren sind, haben beide Bauarten ihren Reiz.

Für den Jazz-Bereich halte ich Drehventiltrompeten für ungeeignet. Aber deswegen die Drehventiltrompeten generell zu verteufeln finde ich ziemlich einfältig. Ich kann mir die Wiener oder Berliner Philharmoniker im klassischen Bereich schlecht mit Perinett-Trompeten vorstellen.

Handgefertigte Drehventiltrompeten sind für mich auch ein Ausdruck europäischer Handwerkskunst.

Probiert es einfach mal aus. Beide Bauarten machen Spaß.
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hari7
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Beitrag von hari7 »

"Ami"-Trompeten haben die Ventile in der Mitte, "deutsche" sehr dicht dran am Mundstück. Dann gibt es wohl auch noch Instrumente aus russischer Herstellung, die gebaut sind wie die amerikanischen, aber mit Drehventilen. Zum Klangunterschied hier vielleicht nochmal ein anderer Link:

http://www.bassposaunen.de/Technik/Bauw ... leich.html
Macht Euch nix draus, ich bin nur zugelaufen.
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