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Grauenvoll ?

Verfasst: Dienstag 16. August 2022, 11:28
von blechfan
Nachdem der Begriff in einem anderen Thread heiß diskutiert wird, hier mal ein Beispiel, bei dem ich das Wort dann doch benutzen würde:
https://www.youtube.com/watch?v=x3B7DfyWErU
Oder bin ich zu hart in meiner Beurteilung?
Gruß blechfan

Re: Grauenvoll ?

Verfasst: Dienstag 16. August 2022, 13:36
von Trumpetzky
Die Darbietung alleine, aus dem Kontext genommen, darf man schon als unmusikalisch betrachten.

Allerdings gehört das in einem größeren Zusammenhang gesehen.
In den Afrikansichen Staaten gibt es soetwas wie Blasmusik erst seit sehr kurzer Zeit. Das hat auf diesem Kontinent keine Tradition und auch bisweilen keine Lobby.

Ich hatte das Glück, vor vielen Jahren Militärmusiker aus Angola kennenlernen zu dürfen, die in Europa waren, um Instrumente zu kaufen, zu erlernen, und sich mit unserer Tradition vertrauter zu machen.
Es war das Bestreben der Regierung von Angola, Militärkapellen zu haben. Über die Hintergründe und Beweggründe kann man jetzt geteilter Meinung sein, und das ist auch nicht das Thema.

Das Thema ist, dass für die Darbietung im Video vielleicht schon ein riesen Aufwand betrieben wurde, damit sie das so zusammenbringen, wie es eben zu hören ist. Für die dortige Regierung mag es sogar sein, dass das was Besonderes und Herausragendes ist, dass eine ausländische Delegation nicht mit einer Hymne aus dem Lautsprecher- sondern mit einem eigenen Orchester begrüßt werden kann.

Unter Umständen sind die Kollegen in dem Video mit ihren Fertigkeiten einfach noch nicht weiter und haben dort ihr Bestes gegeben.

Vielleicht ist das etwas zum Nachdenken ;)

Re: Grauenvoll ?

Verfasst: Dienstag 16. August 2022, 14:22
von burt
Ein wenig Arbanschule und dann wird's schon. :wink:

Re: Grauenvoll ?

Verfasst: Mittwoch 17. August 2022, 11:14
von Blechnase
Ich arbeite viel mit Nigeria, Südafrika und Ägypten zusammen und man muss das in der Tat vor dem lokalen Hintergrund sehen. Wieviele qualifizierte Lehrer gibt es da? Wieviele Instrumente? Wer kann die Instrumente reparieren? In Nigeria gibt es beispielsweise immer wieder über Stunden und Tage Stromausfälle, so dass bestimmte Geräte dort gar nicht betrieben werden können (denke nicht, dass das im Instrumentenbau dramatisch ist, weil man vermutlich die meisten Maschinen wieder gut gestartet bekommt, aber wenn kein Strom da ist, ist kein Strom da).

Außerdem: in welchem Alter haben die Leute angefangen zu spielen? Welches Kind hat dort die Chance regelmäßig zu üben? Evtl. Ohne eigenes Instrument? Und so weiter.

Schön ist anders, aber dieses Orchester ist eine ganz kleine Gruppe von Leuten, die etwas können, das in vielen afrikanischen Ländern eben nicht zur Grundausbildung gehört. Gebt denen mal dreißig Jahre und eine konsequente Ausbildung, dann wird das was.

Re: Grauenvoll ?

Verfasst: Mittwoch 17. August 2022, 13:46
von rihoger
Ich teile die Einschätzung von Blechnase. Habe vor etwa 40 Jahren selbst in Westafrika fünf Jahre gelebt und gearbeitet. Neue Blechblasinstrumente konnte man da selbst in vielen Haupstädten nicht kaufen. Aber wenn bei einer Band doch mal jemand Trompete spielte, führte sich der meist wie ein König auf - trotz i.d.R. grottenschlechter Intonation. Aber das störte niemand. Dafür ging es immer um Rythmus. Bei Hochzeiten oder Festen wurde die halbe Nacht getrommelt, gesunden und getanzt. Das machten dann Kinder nach, die am Straßenrand sitzend mit Holz- oder Metallteilen die Rythmen nachspielten. Auf einem Dorffest habe ich mal eine Band erlebt, die außer Perkussionisten noch aus fünf bis sechs Bläsern bestand. Das Blasinstrument war ein hohles Holzrohr mit jeweils unterschiedlicher Länge; die Töne ergaben eine Art Pentatonik. Jeder spielte nacheinander nur einen Ton unterschiedlicher Länge und Höhe, so dass sich daraus eine rythmisch ziemlich komplexe Melodie ergab, so als würde das von einer Flöte gespielt. War sehr beeindruckend und alles andere als grauenvoll!

Nachstehend ein Beispiel zur Erweiterung des trompeterischen Horizontes: Orchéstre Baka Gbindé, eine Band aus einem abgelegenen Pygmäendorf in Kamerun, die von einer englichen NGO unterstützt wird
https://www.youtube.com/watch?v=9qRDtuNMyb0

Viele Grüße

Grüße Rihoger

Re: Grauenvoll ?

Verfasst: Freitag 19. August 2022, 17:53
von lurchi
Ach, der Niger. Da war ich auch schon länger nicht mehr (25 Jahre?). Da funktioniert vieles nicht ganz so. Es gibt wunderbare Musik, aber nicht im europäischen Stil.

Re: Grauenvoll ?

Verfasst: Freitag 19. August 2022, 21:27
von GT-Karl
Oder in Burkina, was habe ich da für tolle Musiker kennen gelernt, Blechbläser allerdings keine! War über 10 Jahre nicht mehr da, leider ist die Situation im südlichen Sahel jetzt so, dass man da nicht mehr hinfahren kann!

Ich finde die Aufführung schon irgendwie witzig, was der Scholz wohl gedacht hat?

Karl

Re: Grauenvoll ?

Verfasst: Freitag 19. August 2022, 23:03
von yogi
GT-Karl hat geschrieben: Freitag 19. August 2022, 21:27 Ich finde die Aufführung schon irgendwie witzig, was der Scholz wohl gedacht hat?
das werden wir wohl nie erfahren - hat er bestimmt auch "vergessen" :lol: