Ich habe mir aufgrund dieses Threads das Buch gekauft und finde es eher gefährlich, wenn man nicht genau weiß, wie die Atmung beim Trompetespielen funktioniert.
Wendet man das dort beschriebene auf das Trompetespielen an, könnte es unter Umständen sogar zu Verletzungen wie Nabelbruch oder Leistenbruch führen. Roger Ingram nennt es in seinem Buch „Einfachticket ohne Rückfahrtschein nach Nabelbruchstadt“. Singen ist nicht Trompete spielen!
Ich erkläre mal was ich meine:
Natürliche Ausatmung
Als natürlich Ausatmung bezeichne ich mal das, was passiert, wenn man beim Ausatmen einfach nur loslässt. Wie wir alle wissen ist das Zwerchfell ein Muskel, der so aussieht wie eine auf den Kopf gestellt Kaffeetasse. Spannt man das Zwerchfell an, zieht sich der Muskel – wie alle Muskeln – zusammen und das Zwerchfell ist flach. Es entsteht ein Unterdruck in der Lunge und Luft strömt hinein. Man atmet ein. Lässt man das Zwerchfell los, geht es in seine Ausgansposition zurück und die Luft strömt mit einem „hoh“ aus.
Am Beispiel eines anderen Muskels, des Bizeps, kann man sich das ungefähr so vorstellen. Man stellt einen Kasten Wasser (oder Bier, je nach Geschmack) auf einen Stuhl vor sich, greift danach und durch Anspannung des Bizeps hebt man den Kasten hoch. Lässt man den Muskel jetzt los, knallt der Kasten Wasser (durch die Schwerkraft) auf den Stuhl zurück.
Singen (oder Sprechen)
Wenn man ein „aaaa“ singt und dabei die natürliche Ausatmung verwendet, dann kommt gerade mal ein kurzes „ah“ heraus. Es ist einfach zu viel Luft, die an den Stimmbändern vorbeirauscht. Also muss man das Zwerchfell langsam loslassen.
Am Beispiel des Kasten Wassers ist es also so, also ob man den Kasten Wasser langsam wieder auf den Stuhl zurücksinken lässt.
Trompete spielen
Verwendet man hier die natürliche Ausatmung, kommt kein Ton heraus. Der Luftdruck reicht nicht aus, um die Lippen zum Schwingen zu bringen, sie bleiben verschlossen. Wenn man gut koordinierte Lippenmuskeln und die entsprechende Entspannung in der Mitte hat, reicht es vielleicht für ein „Brööp“ oder ein leises G im Notensystem.
Es ist also notwendig
zusätzlichen Luftdruck durch Verwendung der entsprechenden Muskulatur aufzubauen.
Nehmen wir hier mal zum Vergleich nicht einen Wasserkasten, sondern einen Hammer. Wenn man über die Schwerkraft hinaus dem Hammer eine Beschleunigung mitgeben möchte, dann spannt man den „Gegenmuskel“ des Bizepses, den Trizeps an. Damit wird der Hammer noch fester auftreffen, als es durch die Schwerkraft möglich ist.
Und nun?
Im CVT-Buch ist von „Support“ die Rede, bei uns meistens Stütze genannt. Und das ist beim Singen so ziemlich das Gegenteil vom Spielen eines Blasinstruments. Beim Singen ist „Stütze“ das Zurückhalten des Luftstroms, beim Trompeten der (zusätzliche) Druckaufbau, also das „Gas geben“.
Und das zieht sich so weiter durch. Viele der Beschreibungen der Abläufe sind das Gegenteil von dem, was wir Trompeter brauchen. Und gerade wir Trompeter sind für hohe Töne auf einen sehr großen Luftdruck angewiesen.
Man kann Singen nicht mit Trompeten vergleichen und es bringt einen meiner Meinung nach auch nicht wirklich weiter es zu versuchen. An vielen Stellen läuft meiner Auffassung nach auch Kristian Steenstrup in die falsche Richtung, wenn er solche Analogien versucht. Das irritiert eher und es gibt bessere Methoden die korrekte Atmung beim Trompeten zu verstehen, zu erlernen, anzuwenden und zu verinnerlichen.
Das war jetzt nur ein Beispiel. Es kommt unter anderem noch die Stimmritze hinzu, die ebenfalls beim Trompete Spielen anders funktioniert. Wir wollen den Hals komplett offen und entspannt halten.
Ein Trompeter, der die Abläufe der Atmung nicht hundertprozentig verstanden hat, sollte meiner Meinung nach eher in einen guten Lehrer investieren. Der kann das Prinzip der korrekten Abläufe der Atmung in nur einer Unterrichtsstunde erläutern und ein paar entsprechende Übungen mitgeben. Das dürfte mehr bringen als das Buch zu lesen und dann die falsche Autobahnabfahrt zu nehmen. Das lässt später nur mühsam wieder reparieren. Mehr Stunden, mehr Atmung, ist ja klar
Nützlich könnte das Buch für Trompetenlehrer sein. Denn die Abbildungen sind wirklich exzellent und um die Bilder – mit anderen textlichen Erläuterungen – einem Schüler zu zeigen, ist das Buch sehr brauchbar. Man gibt halt nur für vielleicht 10 Seiten, auf denen man die Bilder verwenden kann, eine ganze Stange Geld aus.