Singvögelchen hat geschrieben:
Instrumente von der Stange können ganz hervorragende Qualitäten haben. Punkt.
Wenn du nie auf anderen gespielt hast, wirst du auch nichts daran vermissen.
Aber für ein Modell, was in einer Fabrik gefertigt wurde, haben, wenn überhaupt, ein oder zwei Profitrompeter mal in den Prototyp reingeblasen und nach ein paar Verbesserungen ging die Serie in Betrieb. Wie gesagt, zum Teil auf sehr hohem Niveau.
In Markneukirchen in der Fabrik findest du kaum einen Mitarbeiter, der dir im Alleingang eine super Trompete zusammenbauen könnte. Jeder macht da seinen Arbeitsgang, den sehr gut, aber die Trompete als Gesamtkunstwerk mit allen Finessen herzustellen, das können nur die wenigsten, Lechner, Thein, Kühn, Weimann...
Der unbesteitbare Vorteil beim Meister um die Ecke ist nun (seht euch die Referenzlisten auf den entsprechenden Internetauftritten an), dass er ständig mit wechselnden Charakteren zu tun hat und damit die ganze Palette an Trompetern kennt und durchschaut. Er weiß nach fünf Minuten, welches Modell zum Kunden passt, ob nun Zylindrisch oder konisch gebohrt, großes oder kleines Schallstück, Meinlschmidt oder Zirnbauer, Wechselschall oder festes, Gold, Silber, Lack.......jeder hat ein anderes Mundstück und erst recht eine andere Trompete, da muss man schon auf der richtigen Spur bleiben bei der Auswahlmöglichkeit.
Aufgrund der täglich neu gemachten Erfahrungen ist er ein hervorragender Psychologe, der dann natürlich mit dem maßgeschneiderten Instrument in einigen hundert Variationsmöglichkeiten helfen kann. Kann der Meister in der Fabrik nicht.
Beispiel Yamaha: da haben die ewig lange versucht, die damals weltberühmten Monke-Trompeten zu kopieren und raus kam großer Mist. Weil sie in ganz Japan keinen hatten, der auf einem Niveau der Berliner Philharmoniker ihnen hätte sachdienliche Hinweise hätte geben können. Da waren die mit Pumpventiltrompeten wesentlich weiter, wenn man mal schaut, wieviele berühmte amerikanische Trompeter für die dann auch noch Werbung gemacht haben.
Warum ist Monke in Köln so runtergekommen in den neunziger Jahren? Weil Fräulein Lieselotte den Kontakt der Kundschaft zu den Mitarbeitern unterbunden hat. Da wurde jeder Trend verschlafen, weil es keine Gespräche mehr gab. Und wehe du hast dir gewagt zu sagen, dass eine ihrer Trompeten schlecht stimmt, da wurdest du fast aufgefressen. Als Fräulein Lieselotte starb, hat plötzlich alle Welt Schagerl gespielt...
Warum sind die Zirnbauer-Maschinen so super erfolgreich? Weil ein ganz pfiffiger Handwerker so lange getüftelt hat, bis er was entscheidend Neues und Besseres entwickelt hat. Und zwar weil er um die Belange und Wünsche der Musiker weiß. Beim weltgrößten Musikinstrumentenhersteller in Japan arbeitet die Forschungsabteilung offensichtlich mehr an der Elektronik, bringt mehr Geld ein.
Ein Instrumentenbauer muss eigentlich so ähnlich ticken wie ein guter Musiker auch: ständiges Üben, Probieren und Weiterentwickeln hält das Niveau oben. Und weil jede Trompete wieder ganz neu angefertigt wird, ist der Anreiz auch täglich da.
Ich habe inzwischen so viele winzig kleine spezielle Abänderungen an meinen Trompeten, dass ich natürlich auch ein bisschen abhängig geworden bin vom guten Verhältnis zum Instrumentenbauer. Beispiel: mein Kollege spielt das baugleiche Modell, schwört aber drauf, eine Stütze weniger zu brauchen. Ich merke null Unterschied beim Reinblasen, er fühlt sich bei meiner Kanne beengt und kann damit nicht umgehen. Schlussendlich: mein persönliches Wohlbefinden auf dem Instrument, welches derZuhörer dann als musikalisch gelungen wahrnimmt, kann ich mit einer individuell gestalteten Trompete viel besser erreichen.
Diese individuellen Unterschiede kann die Fabrik nicht bedienen und so will ich jetzt mein Loblied auf die traditionelle und gleichzeitig höchst moderne Handwerkskunst für heute beenden.
hättest Du diesen Beitrag nicht schon vor zwei oder drei Seiten schreiben können?!
Denn er sagt alles aus Punkt!
Gruß Rainer