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Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Dienstag 26. März 2019, 07:58
von trumpieter
Moin,
letztens konnte ich nicht widerstehen und habe mir ein Instrument eingehandelt, welches zunächst als Es-Baßtrompete von Johannes Scherzer angeboten wurde. Der Klang ist schlank, voll und beweglich. Sehr schön! Für mein Gefühl am besten mit einem Bach 7C-MS.

Ein Kuriosum ist der Ventilbau: Drehventil mit Pump-Gestänge! Es gibt die übliche Gravur am Schallbecher.
Dieser ist mit 155 mm m. E. für eine wirkliche Baßtrompete untypisch klein.
Wäre vielleicht möglich, daß es so was wie eine »Tenortrompete« gibt?

Ich frage hier deshalb an, weil ich überlege, das Teil doch mal zum überarbeiten in die Werkstatt zu geben. Dafür bräuchte ich aber ein klein wenig mehr Gewißheit, daß sich das auch lohnt.

Danke für jeden Hinweis!
M.

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Dienstag 26. März 2019, 08:09
von trumpieter

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Dienstag 26. März 2019, 22:43
von trompetier
Eine "Tenortrompete" gibt es wohl nicht. Trompeten in (Tief-)Es aber schon, das ist eigentlich die Altlage. Bekommst Du heute noch z.B. von Thein:
https://thein-blechblasinstrumente.de/0 ... ete-eb.php
Aber dort siehst Du ja gleich, dass die Mensur viel konischer ist als bei Deiner Trompete, inklusive breiterem Schallstück. Die Es-Stimmung gibt es heute noch häufig bei Ventilfanfaren, z.B. von K&H:
https://www.kuehnl-hoyer.de/product/es- ... 99-k-kurz/
Und dort siehst Du ja auch gleich, dass das Instrument weniger konisch ist und ein kleineres Schallstück hat.

Macht das Deine Scherzer jetzt zu einer Trompete oder zu einer Fanfare? Ich denke es wäre verwegen, diese Unterscheidung zu machen. Meiner Meinung nach (und man möge mir widersprechen) wurden Früher(tm), also zu Beginn des 20. Jahrhunderts, "Basstrompeten" für die tiefen Trompetenstimmen eingesetzt, überwiegend Nachschlag in der Marschmusik. Daher findest Du in so manchem alten Blaskapellen-Notensatz die 3. Trompete auch in Es. Und aus diesem Grund ("Marschmusik") würde ich vermuten, dass man hier nicht zwischen Ventilfanfare und Es-Trompete unterscheiden sollte, da die Fanfarenzüge die Marschtradition fortsetzen. Beachte in diesem Zusammenhang auch das vorhandensein von einer Marschgabel-Aufnahme an Deinem Instrument!

Ich beobachte den Gebrauchtmarkt in der Altlage schon eine Weile. "Trompetige" Instrumente in Es die viele Jahrzehnte auf dem Buckel zu haben scheinen, sind oft geschnitten wie Deine. Schau mal hier für ein weniger gut erhaltenes Exemplar eines anderen Herstellers:
https://www.ebay-kleinanzeigen.de/s-anz ... 53-74-4347
Auf der anderen Seite habe ich aber auch schon alte Es-Instrumente gesehen, die sehr konisch sind und ein sehr grosses Schallstück haben. Als Trompete würde ich die aber nicht bezeichnen. So ählich wie hier:
https://www.youtube.com/watch?v=j2eTiTMIDSo
aber aus Deutscher Produktion sieht man das manchmal, z.B. hier:
https://www.ebay.de/itm/machtige-Basstr ... 3775082334
Für mich ist das ein Althorn, sicher keine Trompete.

So viel zu den Trompeten/Fanfaren in Es-Stimmung. Was heute als "Basstrompete" angeboten wird geht aber oft auch eher in die Horn-Richtung. Bzw. Du kannst heute unter dem Namen Basstrompete Instrumente in B bekommen, die zwischen Trompetenmensur und Baritomensur liegen. Früher(tm) war das aber nicht unbedingt so, und das Instrumente unterhalb der Sopranstimme möglichst "voll" klingen sollen, und die "Basstrompete" sollte einen knackigen Nachschlag machen. Vergleiche das mal mit der Entwicklung Posaune/Barockposaune.
Jetzt zur Frage, ob sich eine Überarbeitung lohnt. Das hängt wohl davon ab, was Du mit dem Teil vor hast, und was die Substantz intonationsmässig taugt, oder? (Meine Erfahrungen mit Ventilposaunen waren in der Hinsicht eher enttäuschend, daher die Frage) Historisch korrekte Aufführungen von Marschmusik darf man denke ich mal ausschliessen? Zumindest von aussen sieht das Teil doch super erhalten aus, und macht generell optisch viel her. Hatte selber mal drauf geschielt (ich habe schon ein Althorn in "Tubaform"), aber mir fiel eben grade _kein_ Einsatzzweck ein, und nur zum Probieren war es mir zu teuer.

Gruss trompetier

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 08:05
von Blechnase
Korrekt müsste man das Ding wohl als Alttrompete bezeichnen. Sopran ist Trompete/Kornett/Flügelhorn, Alt tief Eb, Tenor tief Bb (deshalb heissen die Dinger mit dem Zug auch Tenorposaunen :mrgreen: ) und Bass wäre dann die Eb Tuba. Kontrabass müsste dann die Bb Tuba sein und oben raus müsste die hoch-Eb die Sopranino Stimme abdecken und hoch Bb wäre dann was? Diskant?

Und irgendwo muss noch ein Bariton rein ...

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 10:56
von Singvögelchen
:narr: trompetier und trumpieter...cooler Thread

Ich bin auch für die Fanfarenversion, was aber keine Herabwürdigung sein muss.
Zum Üben in der tiefen Lage perfekt, ob es für den Konzertbetrieb reicht, wirst du selber entscheiden.

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 11:31
von trompetier
Ich stelle folgende Frage aus ernsthaftem Interesse: nehmen wir mal an, die Trompete "reicht für den Konzertbetrieb". Was macht man dann damit? Als Althornersatz (in Brass Band oder einer deutschen Blaskapelle) kann ich mir das klanglich eher nicht vorstellen. Für die tiefen Lagen im normalen Trompetensatz schon- aber dafür müsste man die Stimmen jeweils von B nach Es umschreiben, oder entsprechend transponieren lernen. Wo man mit dem Althorn zur Not auch eine Waldhornstimme in F lesen kann (einen Ganzton nach oben wie C-Stimme auf B-Trompete), stelle ich mir die Transposition um eine Quinte doch mindestens "ungewohnt" vor.

Gruß trompetier

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 15:28
von duden
trompetier hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2019, 11:31 stelle ich mir die Transposition um eine Quinte doch mindestens "ungewohnt" vor.
Das ist wie die Transposition von B nach F - absolut gängig im Symphonieorchester.

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 18:28
von wheelinwolf
In der Altbaierischen Blasmusik gehört die Tief Eb Trompete zum Nachschlag -Satz

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 22:55
von Wolfram
trompetier hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2019, 11:31 Ich stelle folgende Frage aus ernsthaftem Interesse: nehmen wir mal an, die Trompete "reicht für den Konzertbetrieb". Was macht man dann damit? ...
Hallo,
Nehme das Instrument, wozu es eigentlich gebaut wurde... für den Einsatz im Fanfarenzug. Dort gibt es die Noten für Es-Instrumente und die wollten irgendwann auch mal mehr als nur Fanfaren spielen... Um den Fanfaren das chromatische Spielen zu ermöglichen wurden eben 3 Ventile eingebaut. Das Instrument wollte nie in der Blasmusik eingesetzt werden... Benutze es wofür es gebaut wurde (als Fanfare) oder nutze es Zuhause als Übinstrument.
LG, Wolfram

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Donnerstag 28. März 2019, 00:00
von trompetier
In diesem Zusammenhang sicher lesens- und hörenswert:
https://bandestration.com/2015/09/29/alto-trumpet/
Schon beindruckend, welche Klangfarben damit machbar sind, und wie man es "untenrum" krachen lassen kann (wenn man kann), z.B. bei Minute 4 und 5.

Mich würde mal interessieren, wie sich trumpieters Intrument im Vergleich anhört, Schliesslich ist seines ja etwas weniger konisch. Trumpieter, machst Du uns ein Klangbeispiel?

Achso: bei musiktreff stellte sich jemand mit einer K&H-Ventilfanfare die gleiche Frage (nach dem Einsatzgebiet). Dort meldeten sich zwei Forumsmitglieder und gaben an, dass Es-Trompeten in Blasorchestern eingesetzt wurden.
https://www.musiktreff.info/instrumente ... ofuer.html

Gruss trompetier

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Donnerstag 28. März 2019, 07:43
von trumpieter
Nun erstmal Dank an alle Beitragenden! Da gibt es also viele interessante Perspektiven. Alt-Trompete. Fanfare. Hab inzwischen auch gesehen, daß Schagerl den Trick von Drehventil mit Pump-Drückern im Spitzenmodell anwendet.

Mal sehen, ob ich es wagen kann, mal eine Tonfolge ins Mikro zu blasen … bitte um etwas Geduld.

Für mich ist tatsächlich die klangliche Erfahrung der Grund, mich für dieses Instrument zu erwärmen. Nicht sosehr der Einsatzbereich, denn ich spiele in keiner Kapelle, Band oder Orchester. Ich übe und spiele zuhause, mehr fürs »seelische«, also eine Art Yoga zur Entspannung, für die Atmung, als Ausgleich im Alltag.

In historischen Beschreibungen ist von den alten großen F-Trompeten im Orchester der Bruckner-Wagner-Strauß-Zeiten die Rede. Ein Ton tiefer bin ich beim Es … kann‘s nicht auch sein, daß selbst so ein »Fanfaren«-Modell etwas davon vermittelt? Der Ton ist viel formbarer als mit der Bach oder dem Flügelhorn. Er »sitzt« nicht auf Anhieb, will leicht und sicher gebildet werden, kann aber eine schöne Fülle erreichen in bestimmten Grenzen des Registers. Die Intonation ist gut, aber ziemlich abhängig von Mundstück, Ansatz und Kondition.

Wenn ich von Werkstatt spreche, meine ich erstmal des Äußerliche, würde also gerne den Lack entfernen lassen. Es gibt auch zwei Lötstellen, die nicht original und nicht allzu meisterlich aussehen. Und da ich mich selber an die Justierung von Drehventilen nicht rantraue, wäre das ein weiteres Anliegen. Ansonsten ist das Ding in Ordnung. Na gut … also Fanfare.

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Donnerstag 28. März 2019, 12:13
von Singvögelchen
trumpieter hat geschrieben: Donnerstag 28. März 2019, 07:43
In historischen Beschreibungen ist von den alten großen F-Trompeten im Orchester der Bruckner-Wagner-Strauß-Zeiten die Rede. Ein Ton tiefer bin ich beim Es … kann‘s nicht auch sein, daß selbst so ein »Fanfaren«-Modell etwas davon vermittelt? Der Ton ist viel formbarer als mit der Bach oder dem Flügelhorn. Er »sitzt« nicht auf Anhieb, will leicht und sicher gebildet werden, kann aber eine schöne Fülle erreichen in bestimmten Grenzen des Registers. Die Intonation ist gut, aber ziemlich abhängig von Mundstück, Ansatz und Kondition.

Damit bist du auf einem sehr interessanten Weg, du spürst schon richtig rein ins Instrument. Da findest du auch Anwendungsmöglichkeiten. Mit dem vergleichsweise kleinen Trompetenmundstück in der tiefen Lage bleibt der Ton immer schlank. Und nur wenige Trompeter haben den Ansatz, da unten noch wirklich sinnvoll Musik zu machen. Wir werden halt immer auf Höhe getrimmt. :?

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Donnerstag 28. März 2019, 13:47
von trompetier
Die Frage ist doch, ob man so ein Instrument mit einem "normalen" Trompetenmundstück spielen sollte. Das glaube ich nicht! Welche Mundstücke in Fanfarenzügen bei den Es-Fanfaren zum Einsatz kommen, weiss ich nicht. Mein Es-Althorn spiele ich aber mit einem Althornmundstück (Trichtermundstück, Trompetenschaft, deutlich grösser als ein Trompetenmundstück, sehr deutlich kleiner als ein Tenorposaunenmundstück). Mit meinem recht grossen Trompetenmundstück (Bach 1 1/4C) im Vergleich geht mit dem Althorn untenrum wirklich nicht viel und schon gar nicht schön.
Hornmundstück für Es-Trompete wäre natürlich Quatsch. Thein Empfiehlt für seine Tief-Es-Trompete (und seine B-Basstrompete) das gleiche Mundstück wie für seine Es-Altposaune (Thein D1AW). In dem von mir verlinkten Video ist ja auch klar, dass der Trompeter hier kein normales Trompetenmundstück benutzt.
Und ich denke diese Richtung (kleines Kesselmundstück für Altposaune) wäre sicher auch hier eine Überlegung wert. Ich weiss leider nicht, ob ein Altposaunenmundstück einen Trompetenschaft hat. Vorsicht ist geboten, da wenn ein (Tenor-)Posaunist Altposaune spielt, dann kann er auch zu einem recht weiten Mundstück (wie von der Tenorposaune gewohnt) mit flachem Kessel greifen. Aber da kann man sich sicher bei den üblichen Verdächtigen (Klier?) beraten lassen.

Gruss trompetier

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Donnerstag 28. März 2019, 13:49
von trumpieter
Klar daß ein »Singvögelchen« versteht was ich meine … :idea:

Re: Scherzer Tief-Es-Trompete

Verfasst: Donnerstag 28. März 2019, 17:46
von trumpieter
Jetzt mal zu den Mundstücken:

Zum ausprobieren habe ich die benutzt die da waren. Das sind sechs Probanden, nämlich 2x Tilz (7C · S4DB), 2x Hammond Design (5MB · 3 ML), 1x D. Wick (1W) und 1x Bach 7C. Außerdem, aber nur zum Spaß, habe ich einige meiner MS für Flügelhorn eingesteckt, soweit sie halten wollten.

Ernsthafte Spielpartner finde ich beim Bach und dem weiten Hammond (3ML), wobei jeweils der Kompromiß auf Kosten von Tiefe (Bach) oder Projektion (Hammond) ausfällt. Aber … sowohl die MS-Aufnahme am Instrument, wie auch die Bohrung (nach meiner ca. Messung bei 11.25 mm) oder die Mensur sprechen für Trompeten MS, das heißt ich habe nicht das Gefühl, daß etwas grundsätzlich anderes zum Spielen nötig wäre. Was ich oben als Kompromiß angedeutet habe, kann sicherlich auch durch Üben und Blastechnik ausgeglichen werden. Der Durchmesser von 152 mm am schlanken Schallstück spricht auch eher für Trompete resp. Fanfare.

Die mittlere (gesangliche) Lage macht absolut Laune, unterhalb D (Klang F) machts Mühe, oberhalb C''' (Es''') wäre sicherlich noch einiges zu holen … da geht mir einfach das Trainig ab. Im Gegensatz zu Trp. und Flh. ist vom Erreichen der Pedaltöne bisher keine Rede. Das wäre u.U. tatsächlich eine Frage des Mundstücks. Hat aber bestenfalls nur übungsmethodische Bedeutung …