Was bringt BIAS dem Instrumentenbauer wirklich ?

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Moderator: Die Instrumentenbauer

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Troubadix
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Was bringt BIAS dem Instrumentenbauer wirklich ?

Beitrag von Troubadix »

Hallo liebe Gemeinde,

eine ketzische Frage, was bingen dem Instrumentenmacher
solche Messsysteme wie BIAS ?

Sind damit einfach weniger begnadete Instrumentenbauer auch in der Lage auch gute Instrumente zubauen ?

Meine Erfahrung hat gezeigt, dass es Instrumenterbaer gibt die Solche Methoden nicht nutzen und auf ihre lange Erfahrungen zurück greifen
und tolle und klanglich sehr interessante Instrumente bauen.
Bei Instrumentenbauer die solche Methoden nutzen, finde ich dass die Instrumente etwas blasser ausfallen. Ist das nur mein empfinden ?
Bach oder Heckel .... hatte solche Methoden nicht und haben geniale Instrumente gebaut

Werden durch solche Methoden über kurz ode lange alle Instrumente gleich klingen ? -- Das waere doch absolut schade !

Gruss
Dr.Messing
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Sagen wir mal so:

Beitrag von Dr.Messing »

Hallo Troubadix,

mit den "Werkzeugen" verhält es sich immer ähnlich:
Ein versierter, erfahrener Handwerker wird die Vorzüge eines Werkzeugs sehr schnell erkennen und er wird das Werkzeug sinnvoll einzusetzen wissen.
Ein "Taubenuß" wird vermutlich auch mit dem besten Werkzeug nur Schrott produzieren.
Frei nach dem Motto: Beton - kommt drauf an was man draus macht!

mfG
Dr.Messing
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Moffel
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Re: Was bringt BIAS dem Instrumentenbauer wirklich ?

Beitrag von Moffel »

Ich will diesen Thread nocheinmal ins Leben rufen. Bin nämlich gerade über die vier Buchstaben ( :lol: ) BIAS gestolpert und habe über die Suche herausgefunden, dass es sich um ein Messsystem für Intonation und Ansprache handelt. Ich finde das sehr interessant, weil ich Instrumente zu allererst danach beurteile, wie sie intonieren. Ein schlecht intonierendes Instrument ist in meinen Augen unbrauchbar.

Meine Fragen: Welche Hersteller benutzen BIAS? Gibt es z.B. Listen, in denen steht, welche Instrumente wie abschneiden? Kann man sein eigenes Instrument testen lassen? Wie teuer wäre das? Hat BIAS auch Nachteile für den Instrumentenbauer? Seit wann gibt es BIAS (wichtig beim Kauf von gebrauchten Instrumenten)?

Mir fallen wahrscheinlich nach und nach noch ein paar Fragen ein. Auf jeden Fall begrüße ich die stetige Verbesserung der Intonation selbst bei Einsteigerinstrumenten! Für mich ist BIAS (wenn meine Vorstellungen darüber stimmen) eine echte Innovation. Wie seht ihr das (z.B. Wolfram)?

Liebe Grüße, Haiko.
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Wolfram
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Re: Was bringt BIAS dem Instrumentenbauer wirklich ?

Beitrag von Wolfram »

Hallo Moffel!
Das BIAS-System in seiner jetzigen Form ist im "Institut für Wiener-Klangstil" entstanden und angeboten.
http://iwk.mdw.ac.at/

Natürlich hat das Institut eine Liste ihrer Kunden. Aber diese hier zu pulblizieren steht mir nicht zu.
Das muß, wenn sie es denn wollen, das Institut selber machen.
Ich kann nur soviel sagen, dass fast alle großen Marken-Hersteller der Welt direkt oder indirekt (über ein Institut) damit arbeiten.
Das exakte Datum der Nutzung hängt immer vom jeweiligen Kaufdatum der jeweiligen Firma ab.

Die ersten käuflichen Messsysteme sind vor ca. 20 Jahren auf den Markt gekommen.
Aber natürlich ist es für jede Firma ein langer Prozeß die Ergebnisse auch in die Verbesserung ihrer Modelle einzubeziehen.
Manchmal vergehen dafür Jahre.

Anders verhält es sich mit Herstellern die schon viele Jahre eigene Institute aufgebaut und genutzt haben.
Die Firma B&S zum Beispiel, hat ein ganz anderes Messystem und nutzt Ergebnisse schon länger, als das BIAS überhaupt existiert.
Neu ist in den letzten Jahren aber die Optimierer-Software (auch vom IWK), die rechnerisch Konstruktionen verbessern kann. Dort werden die Maße eines Instrumentes eingegeben und man kann alle Messungen und Mass-Veränderung rein theoretisch am Bildschirm ablaufen lassen!

Sollte Bach, YAMAHA oder Jupiter keine "Seele" haben, nur weil die Maße nahezu perfekt konstruiert wurden?
Sicherlich gehört mehr dazu...
Ich gebe euch Recht, dass nur in der Hand eines guten Meisters oder Ingenieurs und deren handwerkliche Erfahrung den entscheidenden Unterschied macht.
Trotzdem ist es besonders für Anfänger gut zu wissen, dass der schiefe Ton den er (oder sein Lehrer) hört, nicht an seinem Instrument liegen kann, sondern an ihm selber.
Früher hat man schnell gesagt: "Was hast du denn für ein schlechtes Instrument". Und diesen Fakt können die Hersteller, die mit BIAS arbeiten und die Ergebnisse auch anwenden relativ gut ausschließen. (.. und eben auch manche Hersteller chinesischer Marken, sofern sie denn von Europa betreut werden).

Aber auch für Reparaturen ist es interessant:
So kann man auf den Zentimeter genau feststellen, wo am Instrument eine undichte Stelle ist. Mir hat BIAS besonders an eng gebauten Taschentrompeten schon viel Zeit zum suchen erspart...

Das Messgerät sagt relativ exakt die Qualität eines Instrumentes für Intonation und Ansprache voraus. Und das unabhängig von der Tagesform eines Musikers.
Die Ergebnisse fallen natürlich schon wieder anders aus, wenn ein individuelles Mundstück gewählt wird. Sofort verschiebt sich die Skala. Deshalb werden die Instrumente mit dem gängigsten Mundstück konstruiert und gemessen. Bei der Trompete ist es das VBach-7c.
Seit wenigen Monaten gibt es eine weitere Software für BIAS, welches auch für Klang-Messungen eingesetzt werden kann.
Aber ich bin selber noch nicht dazu gekommen, das auch effektiv einzusetzen...

Warten wir ab, was die Technik uns noch für nützliche Werkzeuge bringen wird.
Ich persönlich denke, dass es die Mischung macht. Neuste Werkzeuge, Erfahrung des Meisters und der enge Kontakt zu den Musikern.
Aber nicht jede Werkstatt wird sich ein solches Messgerät leisten können!
LG, Wolfram
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Re: Was bringt BIAS dem Instrumentenbauer wirklich ?

Beitrag von buddy »

Sehr interessant. Um mal das Thema leicht zu erweitern, gibt es verschiedene konkurrierende Design- und Messprogramme oder ist das BIAS so eine Art MS WORD, das fast jeder nutzt?
Mit fällt auf, dass renommierte Instrumentenbauer selbstverständlich Computerprogramme bei der Optimierung ihrer Instrumente einsetzen und das auch gern zeigen, zum Beispiel:
http://www.hubvanlaar.nl/de/firma/firma8/
http://www.corno.de/schmid/deu-eng/herstellung.htm
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Wolfram
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Re: Was bringt BIAS dem Instrumentenbauer wirklich ?

Beitrag von Wolfram »

Während E.Schmid wohl noch mit dem Vorgänger-Modell arbeitet (genauso zuverlässig !), hat HVL bereits das aktuelle System!
Meines Wissens ist das BIAS-System das Einzige das man käuflich erwerben kann und folglich am weitesten angewendet.
Es gibt auch andere Institute mit Geräten und Programmen, die ich aber nicht alle im Detail kenne.
Oft suchen sich solche Institute gezielt einzelne Hersteller oder Werkstätten heraus, um eine sehr enge Kooperation entstehen zu lassen.
LG, Wolfram
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Re: Was bringt BIAS dem Instrumentenbauer wirklich ?

Beitrag von well-blech »

Wolfram hat geschrieben:...
Meines Wissens ist das BIAS-System das Einzige das man käuflich erwerben kann und folglich am weitesten angewendet.
... LG, Wolfram
Ich sag jetzt mal was gaaanz böses:
Da gibts doch für den equipmentorientierten Amateur echt neue Herausforderungen - wenn diverse hochpreisliche Meisterinstrumente oder die harrelsonische Spoilerfraktion keinen Kick mehr gibt: BIAS kaufen - bei der Basisversion ist man ja schon unter 5000 Euronen dabei!!! :argh:

... ach ja Amateur deswegen: der Profi wird sichs nicht leisten können :ironie:

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Re: Was bringt BIAS dem Instrumentenbauer wirklich ?

Beitrag von buddy »

Troubadix hat geschrieben:Bach oder Heckel .... hatte solche Methoden nicht und haben geniale Instrumente gebaut
Werden durch solche Methoden über kurz ode lange alle Instrumente gleich klingen ? -- Das waere doch absolut schade !
Das wäre sogar fatal. Nur wollen das weder die immer wieder gern im Forum besprochenen Instrumentenbauer und schon gar nicht die Musiker. Daher droht kaum wirkliche Gefahr für die Vielfalt.

Vincent Bach war wohl ein Glücksfall mit einer Doppelbegabung als Musiker und Ingenieur. Er war dennoch bei der Konzeption seiner Werkstätten spätestens mit zunehmenden Absatz an industriellen Produktionsabläufen orientiert, seine Umüge schon in New York zeugen davon. Ist wohl nix mit Stradivari-Werkstatt-Romantik, auch wenn Bach dieses schöne (angebliche) Lob geschickt nutzen konnte. Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang der Artikel über die Arbeitsweise des ebenfalls hervorragenden und relativ spät etablierten Zigmant Kanstul: http://www.kanstul.net/pages/downloads/KanstulRep.pdf

Verschiedene Spieler klingen noch nicht einmal auf der selben Trompete gleich. Entsprechend wird im Forum bisweilen berichtet, dass sich der Sound bei einer neuen Trompete nach einiger Zeit dem der alten angleicht.
Nicht zu vergessen: Sowohl die großen Namen als auch viele kleinere Werkstätten verfolgen im Instrumentenbau eigene Konzepte und Designs. Daran ändert sich durch technische Hilfen, neue Schweißtechniken oder Computereinsatz bei der Weiterentwicklung und Kontrolle auch nichts.
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Moffel
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Re: Was bringt BIAS dem Instrumentenbauer wirklich ?

Beitrag von Moffel »

Ich finde das Thema total interessant! Hoffentlich sind meine Fragen nicht allzu dumm, aber: für die Messungen wird also ein Bach 7c genommen. Sind die Werte bei anderen Mundstücken sehr viel anders? Gibt es als Messwert für die Ansprache einen Optimalwert (ist ja sehr unterschiedlich, was man als Musiker bevorzugt)? Wie weit wird der Stimmzug bei den Messungen herausgezogen (Intonation von einzelnen Tönen ändert sich ja)? Wird BIAS auch bei der Entwicklung von Dämpfern benutzt?

Danke für die interessanten Infos! Ein bißchen Off-Topic: ich habe Samstag ein Jupiter-Kornett ausgeliehen und werde es vermutlich kaufen. Der Klang ist voll okay (ist ja auch eine Mundstückfrage), aber das krasseste: die Intonation ist wirklich super! Wahrscheinlich haben wir es Entwicklungen wie BIAS verdanken, dass selbst bei solch einem kostengünstigen "Stangeninstrument" die Intonation überzeugt!

So... ich glaube, ich bin verliebt... :schock:
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Re: Was bringt BIAS dem Instrumentenbauer wirklich ?

Beitrag von manfrede »

ich finde diese messgeräte sehr interessant: endlich werden klang/ intonation/ ansprache einmal objekt gemessen und nicht subjektiv nach "mystischen" Spieleransichten. Ein allerheilmittel sehe aber auch ich nicht darin eher zur groben orientierung....
knatterbock
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Re: Was bringt BIAS dem Instrumentenbauer wirklich ?

Beitrag von knatterbock »

................eher zur sehr groben orientierung ........und zur anwendung im fernen osten!
wie schon erwähnt: heckel,windisch, ganter, bach, allesamt benutzten sowas nicht.........und bauten großartige instrumente!
kann mir nicht vorstellen, daß solche systeme was signifikant neues für den musiker aus dem erdboden stampfen! denn es bleibt dabei: die größte gemeinsame unsicherheit ("störfaktor") für das system neben der "nahtstelle" individuelles mundstück ist und bleibt der bläser mit seiner unkalkulierbaren biologie
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Wolfram
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Re: Was bringt BIAS dem Instrumentenbauer wirklich ?

Beitrag von Wolfram »

knatterbock hat geschrieben:................eher zur sehr groben orientierung ........und zur anwendung im fernen osten!
wie schon erwähnt: heckel,windisch, ganter, bach, allesamt benutzten sowas nicht.........und bauten großartige instrumente!
kann mir nicht vorstellen, daß solche systeme was signifikant neues für den musiker aus dem erdboden stampfen! denn es bleibt dabei: die größte gemeinsame unsicherheit ("störfaktor") für das system neben der "nahtstelle" individuelles mundstück ist und bleibt der bläser mit seiner unkalkulierbaren biologie
Das BIAS-System stellt die hohe Qualität namhafter Hersteller ja nicht in Frage!
Und trotzdem gibt es bei gewissen Herstellern allgemeine Problem-Töne oder Schwachstellen, die unter den Musikern bekannt sind...
(bei Windisch fällt mir sofort das a´´ ein - um nur ein Beispiel zu nennen)

1.)
Das BIAS-System ist eine Hilfe jedes Instrument neutral und ohne Ansatzschwankungen eines Musikers zu vermessen. Das ermöglicht wiederum Instrumente wirklich objektiv zu vergleichen.

2.)
Die Software "Optimiser", die man dazu erwerben kann. Berechnet in wenigen Minuten die perfekte Mensur, für Konstruktionen. Diese Kombination wird nur von wenigen Chinesen umgesetzt - genau genommen nur von denen, die auch von Europa exclusiv betreut werden - und das sind nicht viele...
Aber dafür wird diese Software von allen anderen Markenherstellern der Welt verwendet und nicht nur zur "groben Orientierung" sondern zur Vorgabe für ihre aktuelle Produktionspalette. "YAMAHA" ist die Umsetzung wohl am besten gelungen, denn sie bringen nahezu perfekt stimmende Instrumente auf den Markt.
Aber auch viele Meister im deutschsprachigen Raum nutzen diese Technik intensiv für ihre Meister-Instrumente!

Es geht genau genommen kein Weg mehr an dieser Technik vorbei.
Der einfache Test mit dem Musiker und das Ausprobieren einzelner Bauteile dauerte bisher oft wochenlang. Diesen Prozeß nutzt man nur noch für Ansprache- und Klang-Tests. Aber die Ausgeglichenheit der Intonation wird heute fast ausschließlich mit Technik und Computer-Vorgaben erreicht.
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