Universal Ansatz?

Ansatzfragen, Welche Methode ist die beste,
Probleme, Gundlegende Techniken etc.

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Nature Boy
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Universal Ansatz?

Beitrag von Nature Boy »

Hi alle zusammen!

Habe mich die letzten Tage durch Forum mit folgender Frage gekämpft: Gibt es "DEN ANSATZ"? Anscheinend nicht! Es gibt viele Methoden die sehr kompliziert zu erlernen sind und ich als Hobbymusiker habe für sowas zwar lust, aber keine Zeit! Denn man muss ja immer am Ball bleiben, wie bei der "Callet" Methode, die in meinen Ohren nicht so schön klingt.

Kann mir einer vielleicht eine Ansatzmethode erklären wie man mit minimalem/einfachem Aufwand einen schönen Ansatz entwickelt der auch im hohem Register funktioniert? Den man zudem mit einfachen Methoden wie Lip-/Mundstück-buzzing trainieren kann (andere Methoden sind auch erlaubt :) ).

Ja ich weiss so was gibt es nicht, üben, üben, üben....... . Quasi einen Ansatz bei dem man nicht die Zunge um 180 Grad verrenken muss oder an die Lippen drückt,die Lippen Haargenau 1/3-2/3 ansetzt, watt weiss ich was es da alles gibt. Einfach halt, ohne viel schnick-schnack, was aber 100 pro klappt!

Bye Nature Boy
Xeno
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Beitrag von Xeno »

Solche Naturburschen gibt es, die sich niemals Gedanken um ihren Ansatz gemacht haben und ohne Anstrengung nach oben pfeifen.
Wir zwei gehören wohl nicht dazu! Seis drum!

Ich könnte mir vorstellen, dass der berühmte Horst Fischer so einer war.

Da hilft nur: alles mal ausprobieren oder in Erwägung ziehen bis Du das gefunden hast, was Dir fehlt. Anregungen gibt es hier im Forum genug.

Der ewig richtige Rat von MissTrumpet, sich für alles und jedes einen Lehrer zu nehmen, ist für uns Amateure natürlich nicht realisierbar.

Aber ab und an mal ein Workshop (eine Clinic wie der Amerikaner sagt) und die Schule von dem Einen, von dem Anderen und auch noch von einem Dritten erwerben und durcharbeiten.

Wichtig ist, bei jedem Üben ernsthaft etwas bewusst betreiben, was mit dem Ansatz und der Atmung zu tun hat.
O.K. Musik machen nicht vergessen!

Gruß, Xeno
hannes
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Beitrag von hannes »

Horst Fischer spielte mit der Zunge an der Unterlippe zwischen den Zähne (das nur mal am Rande); er benutzte ein flaches Mundstück und klang gut. Ich kann es nicht mehr hören, wenn jemand behauptet, man klingt mit der oder jener Methode weniger gut, gut etc. Mit vielen Methoden kann man einen guten Klang entwickeln, wobei es umständliche und einfachere Möglichkeiten gibt. Wer traditionell anstößt (hinter den oberen Schneidezähne) klingt ebenso gut, wenn er/sie die Luft in der Mundhöhle durch die Zungenwölbung verdichtet. Für einen klassischen Trompetenklang halte ich also die Übungen mit Vokalveränderungen (a-ä-e-i) für wichtig, da es so einfacher ist, in der Höhe die richtige Intonation zu erreichen. Die fixierte Zungenspitze hinter den unteren Schneidezähnen erleichtert dies noch. Wer dann den Versuch starten will (wie ich nach Jahren des Studiums) nach anderen Methoden wie BE und Callet zu üben, muss schon etwas Zeit investieren (bei BE weniger).
Meine Empfehlung: Übungen nach Quinque, Colin usw. mit fixierter Zungenspitze (egal ob nun an der Unterlippe oder den unteren Schneidezähnen) wie es die Franzosen und viele klassische Trompetenlehrer schon lange lehren. Dadurch erreicht man bei jedem Anstoß die exakte Intonation, da man nicht umständlich die Zungenposition wechseln muss. Ich bin da ganz der Meinung von Burba, dass das Trompetenspielen umso stabiler ist, je weniger Veränderungen man vornehmen muss. Wer allerdings mit einem Umweg bessere Erfolge erzielt, soll diesen Weg gehen. Die meisten meiner Schüler haben mit der fixierten Zungenspitze die größten Erfolgen. Wenn man lange genug so phrasiert (z.B. Clarke-Studies), wird das anfänglich ungewohnte Gefühl völlig normal und sicher. Im Übrigen kann ich nicht bestätigen, dass das Üben dieser Zungenposition die alte Technik schwächt. Ich konnte in der Anfangsphase ohne Problem von meinem eher konventionellen Anstoß wechseln und bei Auftritten so lange den Anstoß verwenden, der schneller war. Burba empfielt erst nur ohne Instrument die fixierte Zungenposition zu trainieren (mit na, nä, ne, ni). Ich habe viele Übungen mit dem Instrument gemacht, die weder mit dem normalen Spiel zu tun hatten, noch geschadet haben. Auch BE ist eine Methode, die absolut nicht dem normalen ANsatz entspricht, aber vielen hilft. Jeff Smiley spielt auch mit der Zungen zwischen den Zähnen (nicht nur bei den Übungen!), allerdings mit einem nicht fixierten Anstoß an die Oberlippe. Der Nachteil dieses Anstoßes ist allerdings, dass er relativ hart ist und weniger modulierbar ist wie mit fixierter Zungenspitze. Außerdem lässt sich die exakte Zungenwölbung nicht so leicht einstellen wie bei fixierter Zungenspitze. Doch relativierend möchte ich einschränken, dass sich dies vielleicht auch trainieren lässt.
Die Veränderung des Mundhöhlenvolumens halte ich für die größte Unterstützung für einen guten Sound und einer erleichterten druckschwachen Höhe. Mit fixierter Zungenspitze gelang und gelingt mir und vielen meiner Kollegen dies leichter.
Die Empfehlung für Workshops und Lehrer kann ich unterstreichen; ist aber bei weniger radikalen Veränderungen der Zungenposition (z.B. fixierte Zungenspitze an den unteren Schneidezähnen/Unterlippe) auch ohne Lehrer möglich. Man schafft es sehr gut, sich auf die Zungenspitze beim Üben zu konzentrieren. Der einzige Konzentrationsschwerpunkt am Anfang ist, dass die Zunge fixiert bleibt (bei den üblichen Binde- und Staccato-Übungen). Dies genügt wirklich zu Anfang völlig. Beim Musik machen würde ich empfehlen so zu spielen, wie es am leichtesten fällt. Musik machen heißt nicht üben, sondern spielen mit der Konzentration auf die Musik und nicht auf Körperfunktionen. Beim Üben ist es dann wie in vielen Trainingsdisziplinen: Man übt und übt so lange, bis das neu Gelernte automatisiert wird. Dafür muss man mindestens 4 bis 6 Monate (oder mehr) veranschlagen. Doch nochmals: Das alte System wird durch zusätzliche Übungen nicht geschwächt. Ich weiß nicht, woher Burba diese Weisheiten hat (vielleicht aus der Systemtheorie, doch Übertragungen sind immer problematisch). Meine Erfahrungen und die vieler anderer mit denen ich gespielt und/oder Workshops hatte (BE-ler, TCE-ler, Pierre Thibaud, Bobby Shew, Winton Marsalis ...) können dies nicht bestätigen.
Also: keine Angst vor Experimenten!!


Hannes
Xeno
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Beitrag von Xeno »

@hannes
Woher weißt Du denn das mit Horst Fischer?

Übringens, den Klang kann ich beurteilen auch wenn ich selbst die entsprechende Methode nicht ausprobiert habe!

Gruß, Xeno
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Miss Trumpet
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Beitrag von Miss Trumpet »

Xeno hat geschrieben:Der ewig richtige Rat von MissTrumpet, sich für alles und jedes einen Lehrer zu nehmen, ist für uns Amateure natürlich nicht realisierbar.
Hmm... Also dass ich ewig richtige Ratschläge erteile ist mir neu...

Zur eigentlichen Frage: Wenn es diesen einen, ultimativen Ansatz, bzw. die eine, ultimative Methode gäbe, die bei jedem passt und jeden zu bis dato unerreichten Leistungen führt, dann gäbe es ja bald keinen Bedarf mehr an Trompetenlehrern und nur mehr trompeterische Superstars. Damit ist die Antwort wohl gegeben.

Trompete zu spielen bzw. Trompete auf hohem Niveau zuverlässig zu spielen, bedeutet unermüdliche Arbeit an der Koordination der eigenen Feinmotorik, und ist als Lebensaufgabe zu sehen. Auf diesem Weg kann dir ein guter Lehrer enorm weiterhelfen, er kann dir aber letztendlich nur die Richtung zeigen, gehen musst du selber. Ob du jetzt deine Fähigkeiten mit TCE oder BE oder Burba oder Shew oder Beetz oder was auch immer verbessern kannst, tut nichts zur Sache, alleine schon die Suche nach der für dich funktionierenden Methoden wird dich vieles lehren und weiterbringen. Du kannst durch unermüdlichen Einsatz auf manches allein draufkommen, früher oder später stehen aber die meisten an und kommen ohne fremde Hilfe nicht mehr weiter.

Das es für einen Amateur nicht realisierbar ist, professionellen Unterricht in Anspruch zu nehmen, finde ich nicht zutreffend. Es gibt genug hervorragende Lehrer und engagierte Studenten, die bereit sind, dir mit ihrem Wissen und mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, wenn du auf der Suche nach der Methode und dem Ansatz bist, der für dich am Besten funktioniert. Diesen Unterricht wirst du nicht geschenkt bekommen, und allein der Unterricht wird dich noch nicht zum Profi machen. Was du hinein steckst, wirst du auch wieder heraus bekommen. Wenn du aber so an die Sache heran gehst, dass kompetenter Unterricht ja sowieso nicht erhältlich ist oder zu teuer ist, dass es dich zwar weiter bringen könnte aber nicht zum Superstar machen wird, dass du zwar Trompete spielen willst wie ein Profi aber dir keine Zeit zum Üben nehmen willst, dann schiebst du die Verantwortung für dein Handeln und deine Prioritätensetzung anderen in die Schuhe, tatsächlich beklagst du dich aber über dein eigenes Unvermögen.

Es ist nichts verkehrt daran zu entscheiden, dass man die Trompete "nur" als Hobby spielen möchte, jedoch sollte man es dann nicht wie in jener Fabel machen, in der der Fuchs die süßesten Trauben am hoch oben und scheinbar unerreichbar hängen sieht und sagt: "die sind sicher sauer".

LG, Miss Trumpet
Der Weg ist das Ziel.
Xeno
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Beitrag von Xeno »

@MissTrumpet
Ich habe geschrieben, dass ich mir nicht für alles und jedes einen Lehrer nehmen kann. In Anspielung darauf, dass Du bei vielen Themen empfiehlst, sich dafür einen geeigneten Lehrer zu suchen. Das halte ich für richtig, aber eben nur realisierbar für einen (angehenden) Profi.

Wir sind uns schon einig darin, dass man sich einen professionellen Lehrer nehmen sollte! Das tut wohl auch jeder Amateur , der sein Hobby ernst nimmt.

Gruß, Xeno
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Beitrag von goozi »

Miss Trumpet hat doch immer recht :P
hannes
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Beitrag von hannes »

Es gibt bei Ratschlägen zum Ansatz, Unterricht ... leider nicht die ultimative Empfehlung. Was dem Einen hilft, kann einem Anderen sogar schaden. Und ich stehe nach wie vor zu meiner Meinung, dass man die Funktionalität egal welcher Methode nur am Klang der eigenen Trompete beurteilen kann!!! Ich habe schon Burba-Schüler erlebt, die nach dem Unterricht bei ihm das Trompetenspielen fast verlernt haben, die schrecklich klangen. Andere wurden dadurch erst richtig gut. Genauso gibt es BE-ler und TCE-ler, die schrecklich klingen und welche, die hervorragend klingen. Außerdem muss man bedenken, dass man nie eine Methode 1:1 übernimmt; jeder Körper, jede Lippe ... ist einzigartig. Ziel ist doch die Suche nach dem richtigen Weg für sich?! Egal, was ein Lehrer lehrt - empfehlen würde ich jedem Amateur (zumindest am Anfang) einen ausgebildeten klassischen Trompeter, da man dadurch immer ein klassisches Tonideal live hört und danach ausgebildet wird. Der Klang ist richtungsweisend und dem folgt die Methode, mit der man diesen Klang erreicht. Wer später Leadtrompete lernen will, verfolgt dann ein anderes Klangideal, das auch andere alternative Methoden zulässt. Doch die "Grundausbildung" muss nach meiner Meinung klassisch orientiert sein, was danach folgt kann sehr unterschiedlich und vielfältig sein.


Hannes
hannes
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Beitrag von hannes »

Noch eine Ergänzung zum Trompetenunterricht: Leider gibt es nach meiner Erfahrung nach nicht viele Trompetenlehrer, die ideologiefrei mehrere Methoden kennen und nach der geeignetsten für ihre Schüler suchen. Vielleicht (oder hoffentlich) werde ich hier eines besseren belehrt?
Ich selbst hatte während meines Studiums nur (klassische) Profs, die entweder nach der Farkas-Methode (Anstoß hinter den oberen Schneidezähnen) oder nach der Methode mit fixierter Zungenspitze hinter den unteren Schneidezähnen (auf wen wird diese Methode eigentlich zurückgeführt?, Colin empfiehlt das und Burba kam gewiss erst später dazu) unterrichteten. Mich würde mal interessieren, was bei den vielen Studenten hier im Forum (Miss Trumpet usw.) heutzutage gelehrt wird (mein Studium liegt über 10 Jahre zurück). Nichts desto trotz: Ohne Unterricht kommt (fast) jeder an einen Punkt, wo man Hilfe braucht.

Hannes
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Nature Boy
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Beitrag von Nature Boy »

Okay danke erstmal für die Antworten!


Den ultimativen "Allround Ansatz" gibt es nicht. Ich passe ja auch nicht in die Schuhe meiner Freundin. Sicher, ich würde mir auch gerne professionelle hilfe holen, aber wie schon gesagt: Mir fehlt dazu die Zeit und im Moment auch das Geld. Darum versuche ich auch hilfe bei euch allen hier im Forum zu bekommen. Ich kann natürlich nicht die Leistung eines Lehrers erwarten, aber erhoffe mir mehr davon, als irgendeine Methode stupide herunter zu studieren, die den meisten Anderen nichts gebracht hat, also mir dann mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nichts bringen wird! Okay vielleicht ist es ja genau DIE Methode die ICH lernen sollte, aber ich möchte erst mit einer einfacheren anfangen um später in die Vollen zu gehen!


Wie Hannes schon sagte: "Mit vielen Methoden kann man einen guten Klang entwickeln, wobei es umständliche und einfachere Möglichkeiten gibt."

Okay! Dann erklär doch hier und jetzt, falls es deine Zeit erlaubt, für alle Hobbytrompeter, DEINE Empfehlung, was sich jeder zu Herzen nehmen kann und in Zukunft auch machen soll, wenn er besser werden will. Bitte auch erklären, was du mit dem Ort der Zunge (hinter den Schneidezähnen, ....) beim Anstoss meinst.

FALLS!!!! Dir eine Methode zum niederschreiben zu wenig ist oder du gerne mehr gute, einfache, aber wirkungsvolle Methoden erklären möchtest (was ich glaube), dann mach et einfach!

Ich kann von mir aus sagen, das ich für jeden Tipp, jedes kleine Detail dankbar bin! Denn so eine Fernberatung auf professionellem Niveau ist bestimmt nicht leicht.

Bis dann Nature Boy
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Nature Boy
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Beitrag von Nature Boy »

Möchte denn keiner diverse Methoden hier niederschreiben?
hannes
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Beitrag von hannes »

Na schön: ich versuch's mal:
BE ist eigentlich keine spezielle Ansatz-Methode, sondern ein Trainingsprogramm, das zu einem - wie der Name schon sagt - ausbalancierten Ansatz führen soll. Durch 2 extreme Ansatzpositionen, ausgerollte und eingerollte Lippenposition - soll die Lippenflexibilität gefördert werden, d.h. für die höheren Lagen mehr eingerollt und in den tieferen Lagen mehr ausgerollte Lippen.
Das Ausrollen übt man mit Pedaltönen ab 2 Oktaven tiefer als das c' (großes c) bis großes ges. Die Unterlippe wird nach außen gerollt und das Mundstück sehr weit oben zur Nase hin angesetzt. So soll man versuchen diese tiefen Töne auszuhalten und später auch mit Vierttelnoten bindend zu spielen.
Das Einrollen soll so aussehen, dass das Lippenrot nicht mehr zu sehen ist. Als Vorübung empfiehlt Smiley das "Alte-Mann-Gesicht" ohne Instrument. Man versucht die Extremposition des Einrollens ohne Kinnmuskelaktivität so lange wie möglich zu halten (zieht irgendwann ziemlich). Erst wenn man diese sogenannte Lippenklammer kann, übt man Töne auf der Trompete zu "quietschen". Die meisten erreichen so eine Tonhöhe, die bereits ein c'''' oder Ähnliches vermuten lassen. Da dies allerdings keine "richtigen" Töne sind, probiert man mit der eingerollten Positionen g'' auszuhalten. Weitere Töne chromatisch abwärts folgen. Das Ein- und Ausrollen wird durch Bindeübungen wie bei Colins versucht miteinander zu kombinieren. Ein weiteres Element von BE ist TOL, der Zungenstoß zwischen den Zähnen an die Oberlippe. Nicht nur Viertelnoten sollen so phrasiert werden, sondern auch langen Töne durch die Zungenspitze an die Oberlippe beendet werden. Das kontrolliert die eher nach unten gerichtete Oberlippe. Smiley ist als Trainingsaprogramm nicht schlecht, da es hilfreich sein kann bei der Korrektur einer zu großen Lippenöffnung. Für eine klassisch orientierte Trompetenphrasierung sollte man entgegen Smileys Rat nicht immer mit flacher Zungenposition (wie bei dem Vokal a) spielen. Der Hauptaugenmerk bei BE liegt auf der Lippenöffnung, die in der Tat dadurch sehr gut trainiert werden kann. Kurz gesagt könnte man den "Balanced Embouchure" als Lippenkontrollierten Ansatz bezeichnen, wobei die Lippenöffnung flexibel vergrößert und verkleinert werden soll. Da das Trainingsprogramm nichts mit dem Spielen sonst zu tun haben muss, kann man auch im Selbststudium nicht viel falsch machen.
Einen völlig anderen Schwerpunkt setzt TCE (Tounge Controlled Embouchure), der zungengesteuerte Ansatz. Die Zungenspitze ist hinter der Unterlippe immer fixiert; wie bei BE wird auch hier der eher traditionelle Farkas-Ansatz (Kinnmuskel nach unten) aufgegeben, um die Lippenöffnung flexibel halten zu können (ich weiß: das klappt auch mit gespanntem Kinnmuskel, ist jedoch um ein vielfaches aufwendiger). Etwas leichter oder als Einstieg gelingt dies durch die Zungenposition von Colin, Burba usw., die ihre Zungenspitze hinter den unteren Schneidezähnen fixieren. Das Schwierigste dabei ist, konsequent mit dieser Zungenposition zu phrasieren, ohne die Zunge zurückzuziehen. Da die unteren Schneidezähne hart sind, ist die Fixierung besser zu halten als hinter der Unterlippe. Außerdem ist das Umlernen nicht so kompliziert, weil man nicht zwischen den Zähnen phrasiert. Entgegen Burbas Rat würde ich auch auf dem Instrument so üben, denn ich habe bei mir und keinen meiner SchülerInnen bemerkt, dass dadurch das alte Spielen verlernt und das neue noch nicht richtig gelernt wird. Insofern handelt es sich auch am Anfang von der veränderten Zungenposition eher um ein Trainingsprogramm, da man bei Auftritten usw. so spielt, wie es am besten geht. Ist die Zungenspitze fixiert, so erreicht man den Anstoß mit dem vorderen Zungenrücken an die Kante der oberen Schneidezähne. Diese Phrasierungsart ist eine sehr häufige, die große Intonationsvorteile bringt. TCE geht nach einen Schritt weiter: Zunächst ist die Zungenspitze hinter der Unterlippe fixiert und man probiert beim Spielen auch, die Oberlippe zu berühren. Der Vorteil ist eine noch stärkere Verdichtung der Luft; der Nachteil (für mich jedenfalls; für manche auch ein Vorteil) ist die geringe Luftmenge, die nun erforderlich ist. Ich würde wie schon oft empfohlen, die Zungenspitze fixieren und damit Bindeübungen und Staccatoübungen spielen. Allerdings hat man mehr Erfolge mit einer konventionelleren Luftführung, bei der die Luftkomprimierung nicht so grass ist wie bei fundamentalistischen TCE-lern. Bei mir brachte die nach vorne gerichtete Zunge hinter der Unterlippe nur Vorteile und keinerlei Soundverluste (bin sowohl klassisch als auch jazzig unterwegs). Doch so radikal habe ich nicht begonnen, wie es bei TCE nachzulesen ist. Man muss nicht unbedingt von Anfang an beide Lippen berühren oder gar die Unterlippe durch die Zunge ersetzen; das halte ich nicht für ratsam. Außerdem halte ich die Empfehlungen von BE und TCE das flachest mögliche Mundstück zu verwenden für schlecht. Ganz gleich wie man nun spielt: Das Mundstück hat den wohl größten Einfluss auf den Klang.
Und eines ist nicht zu vergessen: Die Atmung. Ohne einer geeigneten Luftführung ist die Funktionalität von Zunge und Lippe nichts wert. Dazu kann man ja schon viel nachlesen.
Ich bin mir bei dem Versuch einer komprimierten Erklärung im Klaren, dass es Missverständnisse und Unklarheiten geben kann. Deshalb fragt nach, was nicht genau verstanden wurde. Außerdem weise ich darauf hin, dass es sich um meine persönlichen Erfahrungen handelt, so dass es natürlich andere erfolgreiche Möglichkeiten gibt.

Hannes
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Beitrag von Nature Boy »

Danke Hannes!

Jetzt kommen die Fragen:

Ich fasse ganz kurz Stichpunktartig zusammen:

BE:

- Ausrollen der Unterlippe führt zu tiefen Tönen (Bewegung ähnlich wie ein Kussmund?)
- Einrollen beider Lippen wie "Opa ohne Zähne" führt zu hohen Tönen

Diese zwei extremen Arten sind also nur als Übung anzusehen und sollen so auch trainiert werden. Wenn ich also ein Lied spiele, verwende ich schon diese Technik, aber nur halt nicht so extrem?

- Zungenposition

Also, ich stosse immer mit der Zunge von unten zwischen die Zähne um meinen Luftstrom zu unterbrechen. Jetzt soll ich nur an die Oberlippe anstossen. Ist das richtig?



TCE:


-fixieren der Zungenspitze hinter den Schneidezähnen, wobei man dann mit dem Zungenrücken den Luftstrom unterbricht. Weiter aber noch soll man versuchen mit der Zungenspitze die Oberlippe zu berühren.

Wie schon erwähnt stosse ich im Moment anders an. Was bringt die Fixierung der Zunge? Muss ich sie fest gegen die Zähne drücken, zumindest so das keine Luft unter die Zunge kommt? Wenn ich doch versuche die Zungenspitze an die Oberlippe zu führen, wird doch der Luftstrom durchbrochen, wie beim "normalem" spielen! Oder? Kann man überhaupt "schnell" mit dieser Technik anstossen?


Hast du oder ein anderer, vielleicht irgendwelche Bilder die das anschaulicher machen könnten? Gibt es freie Literatur im Netz darüber, damit man mal einen Trainingstag mit allem drum und dran an Übungen sieht?

Bye Nature Boy
hannes
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Beitrag von hannes »

BE: Das Ein- und Ausrollen geht laut Jeff Smiley nach gewisser Übungszeit ins eigentliche Spielen über, allerdings nicht so extrem. Der Anstoß mit der Zungenspitze an die Oberlippe kontrolliert die Position der Oberlippe. Ich persönlich finde diesen Anstoß zu hart; doch es gibt eine Menge BE-ler, die den Anstoß auch nur zu Trainingszwecken üben und sonst anders phrasieren. Mir hat es nichts gebracht; mit der fixierten Zungenspitze spiele ich am schnellsten und intoniere auch besser. Die Ein- und Ausrollübungen hast du richtig zusammengefasst; dadurch kann man die Lippenöffnung trainieren.
Das Fixieren der Zungenspitze hinter den unteren Schneidezähnen ist nicht TCE, sondern schon sehr lange vor allem in der französischen Trompetenschule verbreitet (alle klassischen französische Trompeter, die ich kenne, spielen so). Ist eine gute Methode, um die richtige Zungenwölbung vor dem Anstoß zu haben. Bei TCE berührt die Zungenspitze die Oberseite der Unterlippe und man versucht den gleichen Anstoß mit dem Zungenrücken, wie wenn man ein Haar wegspucken will. Ich würde am Anfang nicht unbedingt versuchen, immer im Kontakt mit beiden Lippen zu bleiben, sondern nur das "Spit-Buzzen" mit fixierter Zungenspitze üben. Man muss nicht fest gegen die Lippe bzw. die unteren Schneidezähne drücken, sondern nur darauf achten, dass die Zunge nicht zurückrutscht (wird am Anfang immer wieder passieren). Man wird mit der fixierten Zungenspitze nach einigen Monaten nicht nur präzieser, sondern auch wesentlich schneller, da die Zungenbewegung viel kleiner ist. Bei dem konventionellen Anstoß hinter den oberen Schneidezähnen legen viele Trompeter in höheren Tonlagen nachträglich die Zungenspitze nach unten, um überhaupt die Zungenwölbung herstellen zu können. Man hört das sehr oft, wenn die hohen Töne angeschliffen klingen und nicht von Anfang an ihre exakte Tonhöhe haben (klingt wie Tji und nicht wie Ti).
Übrigends legen viele Trompeter unbewusst ihre Zungenspitze nach unten, wenn sie Bindungen üben (Colin usw.). Achte mal selbst darauf, was deine Zunge bei Oktavbindungen u.ä. macht. Freie Literatur gibt es meines Wissens nicht, weil ja alle verdienen wollen. Bilder habe ich natürlich in den beiden Schulen von Smiley und Callet/Civiletti. Weiß allerdings nicht, wie man sie hier einfügt. Auf Wunsch maile ich sie gerne ganz konventionell als Anhang per e-Mail.

Nun muss ich los meine Brötchen verdienen. So long.

Hannes
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Beitrag von Nature Boy »

Okay habe das alles mal ausprobiert.

Mit den Lippen klappt noch gar nicht, wahrscheinlich muss ich erst viel trockenübungen machen!

Das mit der Zunge ist ne interessante Sache! Wenn ich höhe Töne spiele, nehme ich die Zunge immer ganz nach hinten (spreche: ichhhh). Mit fixierter Spitze geht das nicht. Ist es trotzdem richtig, die Zungenspitze zu fixieren, oder mache ich etwas falsch? Muss ich auch bei fixierter Spitze die Zunge leicht zurückziehen, oder da lassen wo sie ist?

Um auf TCE zu kommen: Wie fange ich am besten an? Fixierter Spitze an den unteren Schneidezähnen oder an der Unterlippe (was sich komisch anfühlt)?

Und zum guten Schluss: Was bringt mir die fixierter Zungenspitze gegenüber der "normalen" Version?

Bye
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