Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

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Dobs
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Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von Dobs »

Ich habe seit kurzem eine neue Trompetenschule von Alexandre Malempre (Ex HR-Big Band und der 'wahre' Stefan Mross...) mit dem Titel "Der Hoo Effekt" zu Hause liegen, die quasi exklusiv aus Übungen besteht, die mit 'Breath Attack' zu spielen sind. Die Einführung enthält eine begeisterte Rezension von Malempré's Ex-Kollegen Axel Schlosser, der auch die Sound-Beispiele auf der beiliegenden CD eingespielt hat ;-)
Was genau ist der Sinn und Zweck von solchen Luftstromanstössen, welchen positiven Effekt auf das Trompetespiel haben diese und warum? Bei der Lektüre der Schule bin ich daraus nicht so ganz schlau geworden.
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Dobs
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von Dobs »

Sehe gerade, daß hier schon mal ausführlicher zum Thema "Breath Attack" diskutiert wurde, allerdings eher um das "Wie" und weniger um das "Warum": http://www.trompetenforum.de/TF/viewtop ... =3&t=13846&
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von haynrych »

ohne anstoss (egal ob mit t- oder k- ausgeführt) muss für die tonerzeugung die koordination ansatz/atmung genauer abgestimmt werden bzw. der resonanzraum mundhöhle stärker ins spiel gebracht werden (optimierungsaufgabe).

für ungeübte ist auch noch zwischen t- und k-anstoss ein gravierender unterschied in der tonerzeugung bemerkbar. der normale zungenstoss ist für nahezu alle trompeter das alltäglichste: daher haben sie dort die geringsten schwierigkeiten bei der tonerzeugung, selbst wenn die faktoren ansatz und atmung nicht optimal für die gewünschte tonhöhe und lautstärke eingestellt sind.
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Zap
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von Zap »

Die Zunhge hat allgemein drei Aufgaben, die sie simultan bewältigen muss:
1. Ventilfunktion/ Anstoß
2. Luftführung
3. Formung des Resonanzraums Mundhöhle

Insbesondere wenn man den letzten beiden Aufgaben eine hohe Bedeutung beimißt, ist es sinnvoll, diese Funktionen isoliert von der ersten zu trainieren. Dies imsomehr, als der Anstoß immer eine mehr oder weniger große Bewegung aus der Ideallage bzgl. 2. und 3. heraus bedeutet.
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Eisenpaul
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von Eisenpaul »

Dobs hat geschrieben:Was genau ist der Sinn und Zweck von solchen Luftstromanstössen, welchen positiven Effekt auf das Trompetespiel haben diese und warum?
Ich war letzte Woche bei einem Workshop von Rob Bruynen (WDR Big Band) und da sprach er genau über dieses Thema.
Die "Breath Attack"- Töne klingen voller und lauter als die mit der Zunge angestoßenen Töne, sie haben mehr "Intensität" und sind aber leicht zu verkieksen. Ihm gefällt aber gerade dieser "Charm", diese Risikobereitschaft. Er benutzt den Zungenanstoß deshalb so wenig wie möglich. Nur bei hohen lauten Tönen, die direkt angespielt werden müssen, benutzt er etwas Zunge um die Treffsicherheit zu erhöhen. Er hat ein paar Takte aus Basie Straight Ahead vorgespielt und es klang wirklich krass gut; kraftvoll und trotzdem passend phrasiert.
Seit dem Workshop versuche ich mich an dieser Technik, und ich glaube, dass dort richtig viel zu holen ist, ich kann jedem nur empfehlen das mal auszuprobieren.
Als Übung wurde uns empfohlen, zwei Viertel im Wechsel, einmal mit Luft, eimal mit etwas (ganz kleines d) Zunge anzuspielen, bei g1 anfangen und nach und nach immer höher zu schrauben.

//: Hhahh - 2 - 3 - 4 - dHhh - 2 - 3 - 4 :// +1

Ziel soll sein, dass beide Töne gleich klingen. Umso höher mann kommt, desto schwieriger wird es.

Ich hab die Übung noch nicht gemacht, aber in der Bigband Probe einfach mal Stophhhhhh gegeben und ich muss sagen: es ist ein Riesenunterschied. Gerade bei Leadstellen.
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Bixel
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von Bixel »

Eisenpaul hat geschrieben:Ich war letzte Woche bei einem Workshop von Rob Bruynen (WDR Big Band) und da sprach er genau über dieses Thema.
Die "Breath Attack"- Töne klingen voller und lauter als die mit der Zunge angestoßenen Töne, sie haben mehr "Intensität" und sind aber leicht zu verkieksen. Ihm gefällt aber gerade dieser "Charm", diese Risikobereitschaft. Er benutzt den Zungenanstoß deshalb so wenig wie möglich.
Interessante Geschichte!
Ich würde meine Handhabung von Bindung und Stoß ganz ähnlich beschreiben wollen.

Im Genre Jazz macht es nach meiner Beobachtung im Ergebnis einen Unterschied, ob man Töne grundsätzlich anstößt und im Bedarfsfall bindet, oder ob man (genau anders herum) Töne grundsätzlich bindet und nur im Bedarfsfall anstößt.
Bei letzterer Variante (die ich sowohl beim Leadspiel als auch beim Improvisieren betreibe und lehre) ergibt sich m.E. ein eleganterer, flüssigerer Duktus.

Vielleicht liegt es auch an genau dieser Strategie, dass ich (anders als Erik V. es an anderer Stelle für sich beschreibt) kaum Staccato übe.

:o
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Dobs
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von Dobs »

Bixel hat geschrieben:Im Genre Jazz macht es nach meiner Beobachtung im Ergebnis einen Unterschied, ob man Töne grundsätzlich anstößt und im Bedarfsfall bindet, oder ob man (genau anders herum) Töne grundsätzlich bindet und nur im Bedarfsfall anstößt.
Ich habe Eisenpaul nicht so verstanden, daß Rob Bruynen sich auf den Unterschied zwischen Anstoßen und Binden als unterschiedliche Phrasierungsmöglichkeiten bezieht, sondern auf zwei unterschiedliche Arten des Anstoßens, nämlich einerseits unter Zuhilfenahme der Zunge, andererseits ohne.
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Bixel
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von Bixel »

Dobs hat geschrieben:Ich habe Eisenpaul nicht so verstanden, daß Rob Bruynen sich auf den Unterschied zwischen Anstoßen und Binden als unterschiedliche Phrasierungsmöglichkeiten bezieht, sondern auf zwei unterschiedliche Arten des Anstoßens, nämlich einerseits unter Zuhilfenahme der Zunge, andererseits ohne.
Möglicherweise beruht das Missverständnis auf einer unterschiedlichen Nomenklatur:
Für mich bedeutet "Anstoßen" per definitionem "Zunge", während "Binden" (wie auch Breath Attack) für mich immer ohne "Zungenstoß" stattfindet.

:Hä:
.
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Dobs
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von Dobs »

Bixel hat geschrieben:
Dobs hat geschrieben:Ich habe Eisenpaul nicht so verstanden, daß Rob Bruynen sich auf den Unterschied zwischen Anstoßen und Binden als unterschiedliche Phrasierungsmöglichkeiten bezieht, sondern auf zwei unterschiedliche Arten des Anstoßens, nämlich einerseits unter Zuhilfenahme der Zunge, andererseits ohne.
Möglicherweise beruht das Missverständnis auf einer unterschiedlichen Nomenklatur:
Für mich bedeutet "Anstoßen" per definitionem "Zunge", während "Binden" (wie auch Breath Attack) für mich immer ohne "Zungenstoß" stattfindet.

:Hä:
.
Meine Nomenklatur ist so: Zungenanstoß = Tongue Attack, Luftstromanstoß = Breath Attack.
Dann formuliere ich um: M. E. bezieht sich Mr. Bruynen auf unterschiedliche Arten den Ton zu 'initiieren', einmal per Anstoß (mit Zunge) und einmal per "Breath Attack" (ohne Zunge). Auch der erste Ton einer Bindung will ja irgendwie in Gang gesetzt werden. Wenn ein Arrangement oder der Bandleader es erfordert, zwei oder mehrere Töne nicht zu binden, sondern zu trennen, "initiierst" Du dann diese Töne per Anstoß ("Tongue-Attack") oder Breath-Attack.
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von buddy »

Eine andere Bedeutung für Attack als Anstoß habe ich in der Trompetenliteratur noch nicht entdeckt. Als Möglichkeiten fan dich bisher breath attack sowie single, double oder triple tongue attack.

Breath Attack ist auch eine seit Jahrzehnten in der amerikanischen Unterichtsliteratur dokumentierte Technik zur Entwicklung der Stütze und dem Ausbau der Höhe.

Man findet Übungen dazu z.B. in W.M. Smith, Top Tones For The Trumpeter (klassische Etüden) oder in jüngerer Zeit in Frits Damrow, Fit For Brass.

John Thomas geht auf Breath Attack mit seinem "HEY" ein. Er spricht vom "Missbrauch" der Zunge, wenn sie für die Kompression der Luft vor dem ersten Ton benötigt wird.

Ob Thomas oder Damrow, die Anweisung für Breath Attack ist immer gleich: wie bei einem kurzen, heftigen Schrei, was die benötigte Spannung der Bauchmuskulatur bewirkt.
Angewendet wird das auf Tonleiterübungen als f-p-f-p...-Folge der Töne oder Arpeggios im staccato (Smith, Damrow).
Zuletzt geändert von buddy am Donnerstag 8. Dezember 2011, 12:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von Bixel »

Dobs hat geschrieben:Meine Nomenklatur ist so: Zungenanstoß = Tongue Attack, Luftstromanstoß = Breath Attack.
Verstehe.
Dobs hat geschrieben:Wenn ein Arrangement oder der Bandleader es erfordert, zwei oder mehrere Töne nicht zu binden, sondern zu trennen, "initiierst" Du dann diese Töne per Anstoß ("Tongue-Attack") oder Breath-Attack.
Wenn keine besondere Akzentuierung gefordert ist und wenn der Tonwechsel mit einem Griffwechsel verbunden ist (wenn also Eleganz Priorität hat), unterbreche ich den Luftstrom aktiv überhaupt nicht, weil mir der durch den Griffwechsel selbst erzeugte Trenn-Effekt vollkommen ausreicht.
Als Breath-Attack würde ich dies nicht bezeichnen wollen - vielleicht eher als "Valve Attack"? :Tock:

Bietet sich beim Tonwechsel kein komfortabler Griffwechsel an, darf/muss die Zunge tätig werden; dito bei gewünschter besonderer Akzentuierung eines Tones innerhalb einer Tonfolge.
Dobs hat geschrieben: Dann formuliere ich um: M. E. bezieht sich Mr. Bruynen auf unterschiedliche Arten den Ton zu 'initiieren', einmal per Anstoß (mit Zunge) und einmal per "Breath Attack" (ohne Zunge). Auch der erste Ton einer Bindung will ja irgendwie in Gang gesetzt werden.
Der von User Eisenpaul nach meinem Eindruck als "krass gut klingend" empfundene Effekt beruht (falls wir Dasselbe meinen) auf dem "aus-dem-Nichts-kommenden" "Binden eines Anfangstones".
Dabei nähert man sich dem Zielton so schnell von unten "schmierend" an, dass das Schmieren nicht als solches wahrgenommen wird, sondern als besonders "krass guter" Anstoß.

:o
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von auditus »

Interessant was Derek Watkins während eines Interviews mit John Bear zum Besten gibt.

Hier ein Ausschnitt:

Yah, I can imagine ... Listen, can I ask you ... I mean, do you have a trick or did God give you those lips? How do you play so high?
No, John, it's like a mental thing with most people, they can play from middle C to high C with no problems. There's no reason, why they shouldn't be able to play higher than that. Most people try to play higher by pressing harder and it just stops the flow of the blood to the chops and they're just going to stop vibrating and the note closes up on you.

So you just do it light.
Well, I have a little exercise, where I play the phrase an octave down and fry to move it up with just the air, without pressing any harder, in fact take it off your chops ... you can't do that, I know, but if you can get the mental vision of that. But I've got no special trick ...I also do a lot of tonguing exercises which help strengthen the chops and help your production.

Attack exercises?
That's right, I probably do more of that rather than lip flexibility exercises. It works a lot better for me.

:D

Das ganze Interview. http://www.firstbrass.com/
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von Bixel »

Derek Watkins hat geschrieben:It works a lot better for me.
:licht:
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von auditus »

For me, too! :wink:
Eisenpaul hat geschrieben:Er hat ein paar Takte aus Basie Straight Ahead vorgespielt und es klang wirklich krass gut; kraftvoll und trotzdem passend phrasiert.
Das alles ohne "Attack" :Hä:
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Re: Luftstromanstoss / 'Breath Attack'

Beitrag von Bixel »

auditus hat geschrieben:For me, too!
Wenn du dich auf ungefähr demselben trompeterischen Entwicklungsstand befindest wie Derek Watkins, verwundert es nicht, dass dir dann auch dieselben Übungen hilfreich sind.

8)
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