Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Ansatzfragen, Welche Methode ist die beste,
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Jens92
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von Jens92 »

Cavaillé hat geschrieben:Zunächst mal wieder vielen Dank für Deinen gut geschriebenen und gut strukturierten Beitrag.

Ich verstehe jetzt aber die Sache mit dem Kontakt der Unterlippe zu den Zähnen nicht: wenn ich wieder ausrolle (unfurling) sieht das Ganze bei mir so http://adobe.ly/2c8SazV aus, wie im TH high note Forum beschrieben. Wenn ich dann mit der Zunge den Ansatz von innen austaste, habe ich einen eher langen "aperture tunnel", etwas trichterförmig und damit weniger Kontakt zu den Zähnen. Klanglich bin ich damit sehr zufrieden, wenn ich es mit dem pucker nicht übertreibe, das heißt ich beginne so das setting und flache dann etwas ab, bis der Klang resonant ist.
Habe ich Deine Ausführungen mit dem Zahnkontakt missverstanden ? Voller Zahnkontakt heißt für mich, die Lippen sind wie ein Donut zwischen Mundstückrand und Zähnen eingeklemmt.

Gruß, Thomas
Gern geschehen!

Wahrscheinlich habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt. Ich versuche es noch einmal: Ich würde sagen, man hat grundsätzlich Kontakt mit den Zähnen. Je nach Lage ist dieser mehr oder weniger ausgeprägt. Spiele ich beispielsweise Posaune oder Tuba, so ist der Zahnkontakt sicher recht gering, also nur an den Seiten vorhanden. Dies macht auch Sinn, da die Lippe so mit niedrigerer Frequenz schwingen kann, um so tiefe Töne zu erzeugen. Je höher man spielt, desto mehr Zahnkontakt ist vorhanden. So wird die Fläche der Lippe, die schwingt, geringer und das unterstützt so, dass die Lippe bei höheren Frequenzen schwingen kann. Natürlich muss man herausfinden, wie der optimale Kontakt je nach Lage aussieht. Bei mir bspw. arbeitet meine Ringmuskulatur so bei einem c2 schon so stark, dass ich so auch schon mit recht viel Zahnkontakt spiele. Das führe ich aber auf meinen untrainierten Ansatz zurück und denke, dass, wenn die Ansatzmuskulatur stärker wird, sich das dementsprechend ändert. Denn eines weiß ich jetzt definitiv: Mein Ansatz hat so vorher noch nie gearbeitet und dass ich jetzt schon nach ein paar Minuten erste Ermüdungserscheinungen spüre, ist völlig klar.
Ich bin froh, dass du das mit einem Donut vergleichst. Ich denke, es kommt hier auf die Perspektive an. Auch wenn es jetzt abstrakt wird, aber der Vergleich zum Donut suggeriert, dass die Ringmuskulatur mehr oder weniger feststeht. Das Loch in der Mitte sei mal unsere Lippenöffnung. Wie bekomme ich die Lippenöffnung jetzt kleiner? - Genau, durch mehr Druck. Das wollen wir natürlich nicht.
Ich weiß, das ist nicht ganz einfach zu erklären und zu verstehen. Ich weiß nur, dass ich unterhalb von c1 den Zahnkontakt zunehmend verloren habe und der Kiefer nicht weit genug geöffnet war, sodass ich Probleme hatte, das tiefe Register bei schnellen Bindungen mit dem mittleren zu verbinden. Das geht jetzt schon besser, erfordert aber dennoch Übung und Koordination.
Mir hilft wirklich, wenn ich die Lippen jetzt als externen Bestandteil sehe und mich darauf konzentriere, alles rundherum aktiv zu steuern. Ich denke, man muss das Ganze auch erst selber durchlaufen, um zu wissen, wie es sich anfühlen muss. Deswegen kann ich eine Stunde mit Charlie nur sehr empfehlen. Ich denke, mache es immer noch nicht perfekt, aber ich weiß, dass ich mich der Sache Stück für Stück annähere und das macht Mut.

Hoffe, das hilft ein wenig! :)

Gruß
Jens
Jens92
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von Jens92 »

Hallo zusammen!

Es ist wieder ein bisschen Zeit vergangen und es hat sich in der Zwischenzeit wieder einiges getan:
Vor 1-2 Wochen hatte ich wieder eine Stunde mit Charlie, weil ich nach wie vor Probleme damit hatte, dass sich meine Unterlippe immer noch unter die Oberlippe rollt. Das habe ich schlicht und einfach nicht in den Griff bekommen, ganz egal, wie lange ich vor dem Spiegel stand und mir gesagt habe, "Nein, du lässt die Unterlippe jetzt nicht nach oben wandern!" Das war ehrlich gesagt ziemlich frustrierend. Charlie sagte grundsätzlich, dass das einfach ungefähr einen Monat braucht, bis man die alten Gewohnheiten beiseite geschaffen hat und sich eine neue Gewohnheit bildet. Dies liegt natürlich in der Verhaltensforschung begründet. In den Tagen danach beobachte ich mich weiter im Spiegel. Letzten Mittwoch ist mir dann Folgendes aufgefallen, als ich mit meinem Lehrer an der Uni Unterricht hatte: Je höher ich spiele, desto mehr ging mein Unterkiefer wieder zurück und auch leicht nach oben, sodass die Zähne nicht mehr übereinander waren. Das erklärt auch, warum sich die Unterlippe derart unter die Oberlippe gerollt hat. Es bleibt jedoch die Frage, was das eigentliche Problem ist. Ist das Zurückgehen des Kiefers selbst das Problem oder ist dies auch bloß ein Folgeproblem? Für letzteres spricht, dass, wenn ich versuchte, die Zahnreihen übereinander zu bringen, sich mein Ansatzwinkel etwas nach oben wandert und der Sound dann so klingt, als spielt man nicht mit seinem natürlichen Ansatzwinkel. Der Ton wird luftig, die Lippenstellung ändert sich und fühlt sich nicht mehr natürlich an etc. Aber die Frage bleibt: Würde das durch Übung besser werden? Denn bis dato funktionierte keines der Systeme wie erhofft und es ist somit schwer einzuschätzen, ob eine derartige Änderung zielführend wäre. Egal, was die tatsächliche Ursache ist, Fakt ist, der Kiefer darf nicht zurückgehen und die Unterlippe darf sich nicht unter die Oberlippe rollen.

Heute bin ich glücklicherweise wieder ein Stück schlauer. Gestern hatte ich das Glück, mich ein paar Stunden mit Benny Brown zu treffen. Er war zufällig in der Gegend und hatte spontan Zeit. Grundsätzlich spielt Benny so, wie Charlie es auch versucht zu vermitteln. Ich wage behaupten zu können, dass Benny keinen "Maggio-Ansatz" spielt. Zumindest nicht solange sein Ansatz mitmacht. Er hat jedoch auch einen "back pocket embouchure". Dieser sieht so aus, dass die Unterlippe ganz locker und ziemlich ausgerollt ist. Hinzu kommt mit zunehmender Höhe ein bisschen mehr "pucker". Diesen Ansatz könnte man vielleicht am ehesten mit Maggio beschreiben, ist aber definitiv nicht sein normaler Spielansatz. Sehr interessant fand ich auch, dass er wohl nach den Burba'schen Prinzipien spiele. Dies habe Burba selbst ihm bestätigt. Er sei jedoch bloß zu faul, diese Methoden wie vorgesehen zu üben. Ich weiß, über Burba kann man streiten. Ich kann den Nutzen aus der Vorgehensweise schon nachvollziehen. Benny hält es für sich aber offenbar für nicht notwendig. Warum das so ist, leuchtet hoffentlich später ein. Nun aber zu mir:

Nachdem ich ihm mein Problem mit der sich einrollenden Unterlippe demonstriert hatte, sind wir ziemlich schnell dazu übergegangen, Stamp (leicht modifiziert) zu üben. Dies übt er wohl mehr oder weniger täglich, wenn Zeit ist. Vorher wollte er aber noch wissen, ob ich meine Zungenspitze an der unteren Zahnreihe fixiere. Dies konnte ich bekanntlich ja bejahen, da ich bereits seit einem Jahr so anstoße. Außerdem kannte ich dies auch aus seinem Workshop (siehe leadpipe buzzing etc). Während der Stamp-Übungen haben wir uns besonders auf den Sound konzentriert und nicht etwa auf motorische Abläufe etc. Schnell musste ich feststellen, dass ich nicht den gewünschten Sound produzieren kann. Benny selbst hat unglaublich viel Sizzle im Ton und der Ton ist unwahrscheinlich tragfähig und obertonreich. Ihm zuzuhören ist wirklich ein Erlebnis für sich. Hier wurde mir auch klar, dass Projektion absolut nichts mit Lautstärke zu tun hat. Mehr Druck und mehr Lautstärke führt logischerweise eher zum Gegenteil. Selbst im piano füllt sein Ton den ganzen Raum, eben weil der Ton genau dort sitzt, wo er hin soll, genau im Zentrum. Oft sind wir zunächst sehr langsam vorgegangen oder haben einfache Haltetöne gespielt, um diesem Klangideal näher zu kommen. Mit etwas Übung gelang dies mir immer besser und ich musste feststellen, dass meine Zunge zwar grundsätzlich erstmal in der richtigen Position ist, sie jedoch zu wenig arbeitet. Im Prinzip verweilt die Zunge ständig in der "Kiech-Position" und bewegt sich nach vorn/oben, je höher man spielt. Wichtig dabei ist auch, dass der hintere Teil der Zunge immer locker bleibt. Auch der Kiefer spielt hier eine entscheidende Rolle, aber dazu gleich mehr.
Zunächst zur Zunge: Eine wunderbare Übung, seine Zungenarbeit zu kontrollieren und zu verbessern, ist das schon bereits beschriebene Leadpipe-Buzzing (f-a-c etc.). Auch ist festzustellen, dass man immer ca. eine Oktave höher den Ton haucht, den man gerade spielt (Nachzulesen in Benny Browns Portrait). Das ganze kann man soweit führen, dass man Gleiches auch auf dem Instrument versucht. Man greife 1 und spiele einen f-Dur-Dreiklang. Klingt verrückt, funktioniert jedoch, indem man mit der Zungenposition experimentiert. Erschweren kann man das Ganze, indem man auch andere Griffe verwendet. Für mich scheint diese Art von Übungen sehr gut zu funktionieren, da ich mir so meiner Zungenstellung sehr bewusst bin. Anschließend habe ich versucht, einen normalen f-Dur-Dreiklang zu spielen und siehe da, der Sound sitzt perfekt.
Die Zungenstellung alleine bringt aber noch nicht die nötige Klangfülle. Der Kiefer muss ausreichend geöffnet sein. Um hier ein wenig zu experimentieren, halte ich half-step lip bends für äußerst effektiv. Es ist jedoch entscheidend, wie man die Halbtonbindung Zustande bringt. Man kann dies sowohl mit der Zunge, als auch mit dem Kiefer bewerkstelligen. Letzteres halte ich für effektiver. Man spiele einen Ton, öffne lediglich den Kiefer soweit, dass man einen Halbton tiefer spielt und korrigiert bindet dann wieder zurück. Der Kiefer bleibt dabei jedoch in gleicher Position und man bringt hier die Zunge (!) so in Position, dass man wieder einen Halbton hochbindet.

Übungen wie diese, führen dazu den gewünschten Sound, wie oben beschrieben, zu erreichen. Was ich jedoch am erstaunlichsten fand, ist, dass durch die Annäherung an dieses Klangideal mithilfe der Zungen-/Kieferstellung und guter Atmung, sich mein Problem mit der sich einrollenden Unterlippe gelöst ist. Denn es ist schlicht nicht möglich, durch eine verändernde Lippenposition einen solchen Klang hervorzubringen. Was heißt das nun für die Zukunft? Laut Benny muss man sich selber sehr genau zuhören und sich immer dann korrigieren, wenn man nicht so klingt, wie man es wünscht. Was ich jetzt definitiv in mein Übeprogramm mit einbauen werde, ist:

- long tones mit crescendo/decrescendo
- leadpipe buzzing
- Töne produzieren ohne Benutzung der Ventile
- Stamp
- lip bends

Natürlich funktioniert diese Herangehensweise auch nur bis zu dem Grad, bis mein Ansatz kollabiert. Das ist derzeit irgendwo zwischen e2-g2 der Fall. Ich kann jedenfalls jetzt sagen, dass ich das Motto "Achte ‘einfach‘ auf deinen Sound!" verstehe. Nichtsdestotrotz halte ich es für genauso wichtig, sich mit der eher motorisch angelehnten Herangehensweise wie es Charlie eher bei mir versucht hatte, auseinanderzusetzen. Für mich ist das Wissen, wie man physiologisch etwas verändert mindestens genauso wertvoll, finde es aber in meiner Situation mental unglaublich beruhigend, dass ich mich wieder mehr auf meinen Sound verlassen kann. Dennoch werde ich weiterhin Übungen spielen, die mir Charlie an die Hand gegeben hat. Ich weiß jedoch jetzt, dass ich definitiv in der Lage bin, so zu spielen, wie ich es mir erträume. Den Vorteil, den ich in Bennys Herangehensweise sehe, ist, dass sich so die Ausdauer und Höhe von ganz alleine entwickeln wird und man Probleme auch musikalisch lösen kann und sich somit nicht mehr allzu viele Gedanken über die motorischen Abläufe etc. macht. Denn ist der Sound da wo er hin soll, arbeitet die Muskulatur auch so, wie sie soll. Dies konnte ich an der Ermüdung gestern auch festmachen. Trotzdem gilt es dies genauso zu automatisieren und wird mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Ich werde trotzdem versuchen, möglichst viel mit dem Stölzel Übungsadapter zu üben, um zu großen Mundstückdruck zu vermeiden und um so die Muskulatur angemessen zu entwickeln. Am Ende des Tages muss so jeder seinen Weg finden und sich aus allen Erfahrungen das Passende heraussuchen. Ich bin trotzdem gespannt, was Charlie zu all dem sagen wird und freue mich jetzt schon auf die nächste Stunde mit ihm und auf die nächsten Wochen.

Bis dahin & beste Grüße
Jens
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von SirToby »

Dies ist einer der wertvollsten Threads seit langem in diesem Forum!

Vielen Dank dafür :)
Jens92
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von Jens92 »

SirToby hat geschrieben:Dies ist einer der wertvollsten Threads seit langem in diesem Forum!

Vielen Dank dafür :)
Dafür nicht! Ich freue mich, wenn meine gemachten Erfahrungen und Sichtweisen dem einen oder anderen helfen! :)

Noch eine kleine Ergänzung:

- Breath Attacks springen spürbar direkter an
- bessere Flexibilität im tiefen Register
- Geschwindigkeit der Einzelzunge hat sich sofort von ca. 100-104 bpm auf ca. 120 bpm erhöht (16tel im 4/4). Kontinuierlich trainiert habe ich meine Zunge kaum, werde ich aber definitiv wieder in Angriff nehmen :Uups: .
- Die Ansatzmuskulatur wird spürbar weniger beansprucht, obwohl nach wie vor relativ schnell Ermüdungserscheinungen auftreten. Das ist jedoch jetzt Trainingssache.
- Whisper Notes und pp sind besser zu kontrollieren, sprich ein leiseres, kontrollierteres pp ist möglich
- Größeres Bewusstsein über die Kieferöffnung -> jaw vibrato ist jetzt kein Problem mehr.

Meines Erachtens ist dies alles eine logische Konsequenz aus den jeweiligen Anpassungen, da jetzt das ganze System noch einmal spürbar effizienter arbeitet. Schon nach 2-3 Tagen mit einer Übezeit von max. 1-2h merke ich bereits, dass sich der Körper schon ein wenig an alles gewöhnt und es immer einfacher wird, die gewünschte Offenheit des Klangs zu reproduzieren.

Beste Grüße & einen schönen Abend!
Jens
Zuletzt geändert von Jens92 am Mittwoch 9. November 2016, 20:34, insgesamt 1-mal geändert.
Jens92
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von Jens92 »

...und noch etwas:

Zirkulationsatmung sei wohl auch recht förderlich, um eine noch effizientere Zungenstellung zu trainieren. Wie genau das funktioniert, habe ich jedoch nicht mehr in Erfahrung bringen können. Benny meinte, das sei das "nächste Level". Ich kann mir vorstellen, dass beim Einatmungsprozess die Zunge noch ökonomischer arbeiten muss, um eine gleichbleibende Intonation zu gewährleisten. Aber vielleicht weiß da ja von euch jemand mehr zu?

Gruß
Jens
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von Alex093 »

Jens92 hat geschrieben:Zirkulationsatmung sei wohl auch recht förderlich, um eine noch effizientere Zungenstellung zu trainieren. Wie genau das funktioniert, habe ich jedoch nicht mehr in Erfahrung bringen können. Benny meinte, das sei das "nächste Level". Ich kann mir vorstellen, dass beim Einatmungsprozess die Zunge noch ökonomischer arbeiten muss, um eine gleichbleibende Intonation zu gewährleisten. Aber vielleicht weiß da ja von euch jemand mehr zu?
Rüdiger Baldauf hat bei einem Workshop Ende Oktober eine ähnliche Übung empfohlen.

man nimmt eine beliebige Tonleiter (im Workshop war es C-Dur ) und spielt 8 Sechzehntel den ersten Ton mit einfacher Zunge.
Dann atmet man durch die Nase ein => Während des Einatmens durch die Nase soll die Zunge aber die gleichen 8 Sechzehntel weiterspielen.
Dann das Ganze die Tonleiter hoch und runter :)

Das bedeutet die Zunge ist durchgehend im Einsatz und an der gleichen Stelle, auch wenn du atmest bzw. eine Pause hast.
Hilft unnötige Zungenbewegungen zu vermeiden.

Kann sein, dass ich mich da jetzt täusche und das mit der Zirkularatmung eine andere Thematik ist aber ich denke es ist das.

MFG
Alex
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von Sandu »

Alex093 hat geschrieben:
Jens92 hat geschrieben:Zirkulationsatmung sei wohl auch recht förderlich, um eine noch effizientere Zungenstellung zu trainieren. Wie genau das funktioniert, habe ich jedoch nicht mehr in Erfahrung bringen können. Benny meinte, das sei das "nächste Level". Ich kann mir vorstellen, dass beim Einatmungsprozess die Zunge noch ökonomischer arbeiten muss, um eine gleichbleibende Intonation zu gewährleisten. Aber vielleicht weiß da ja von euch jemand mehr zu?
Rüdiger Baldauf hat bei einem Workshop Ende Oktober eine ähnliche Übung empfohlen.

man nimmt eine beliebige Tonleiter (im Workshop war es C-Dur ) und spielt 8 Sechzehntel den ersten Ton mit einfacher Zunge.
Dann atmet man durch die Nase ein => Während des Einatmens durch die Nase soll die Zunge aber die gleichen 8 Sechzehntel weiterspielen.
Dann das Ganze die Tonleiter hoch und runter :)

Das bedeutet die Zunge ist durchgehend im Einsatz und an der gleichen Stelle, auch wenn du atmest bzw. eine Pause hast.
Hilft unnötige Zungenbewegungen zu vermeiden.

Kann sein, dass ich mich da jetzt täusche und das mit der Zirkularatmung eine andere Thematik ist aber ich denke es ist das.

MFG
Alex
Stoßt man dabei während des Einatmens "einsaugend" oder weiter "ausblasend"?
Beim Zweiteren bräuchte man ja automatisch Zirkularatmung und zwar schon relativ ausgefeilt.
Alex093
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von Alex093 »

Sandu hat geschrieben:Stoßt man dabei während des Einatmens "einsaugend" oder weiter "ausblasend"?Beim Zweiteren bräuchte man ja automatisch Zirkularatmung und zwar schon relativ ausgefeilt.
Während des Einatmens "einsaugend", also ich hab das ohne Zirkular geschafft.
Jedoch hab ich ne Weile gebraucht, bis das System sitzt.

mfg
Jens92
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von Jens92 »

Klingt spannend! Da werde ich mich vielleicht ab und zu mal heranwagen.

Das Video hier finde ich recht hilfreich, um erstmal das grundsätzliche Konzept zu verstehen:

https://www.youtube.com/watch?v=-JnxvBrW_w4

Auf die Schnelle habe ich das natürlich nicht ganz hinbekommen, aber ich glaube es ist einfacher als ich dachte...

Beste Grüße
Jens
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von buddy »

Es ist "im Prinzip" sehr einfach, weil natürlich.
Wenn Du nächste Mal unter der Dusche stehst, nimm einfach den Mund voll Wasser. Während Du mit der Wangenmuskulatur einen dünnen Wasserstrahl zwischen den gespannten Lippen (= Düse) herausdrückst, atmest Du über die Nase ein - das kann jeder und das ist schon alles.

Mit komprimierbarer Luft statt des unkomprimierbaren Wassers brauchst Du anfangs am besten einen Widerstand. Das ist zum Beispiel ein dünner Strohhalm, mit dem Du ins halbvolle Wasserglas blubberst, während Du durch die Nase einatmest. Bietet der dünne Strohhalm noch zuwenig Widerstand, kannst Du die ins Wasser tauchende untere Öffnung mit etwas Wachs oder dem Stückchen einer rohen Kartoffel noch weiter verkleinern, vielleicht auch den Halm einfach nur zusammenklemmen.

Auf der Trompete geht es dann weiter, wenn solche Grundübungen gut klappen. Auch da ist der Widerstan so groß, dass ein einfacher Ton dann bald funktionieren sollte.
Deutlich schwerer wird es, während der Zirkularatmung musikalisch Töne zu greifen, wie z.B. für eine Tonleiter, geschweige denn eine musikalisch anspruchsvollere Phrase.
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von Jens92 »

buddy hat geschrieben:Es ist "im Prinzip" sehr einfach, weil natürlich.
Wenn Du nächste Mal unter der Dusche stehst, nimm einfach den Mund voll Wasser. Während Du mit der Wangenmuskulatur einen dünnen Wasserstrahl zwischen den gespannten Lippen (= Düse) herausdrückst, atmest Du über die Nase ein - das kann jeder und das ist schon alles.

Mit komprimierbarer Luft statt des unkomprimierbaren Wassers brauchst Du anfangs am besten einen Widerstand. Das ist zum Beispiel ein dünner Strohhalm, mit dem Du ins halbvolle Wasserglas blubberst, während Du durch die Nase einatmest. Bietet der dünne Strohhalm noch zuwenig Widerstand, kannst Du die ins Wasser tauchende untere Öffnung mit etwas Wachs oder dem Stückchen einer rohen Kartoffel noch weiter verkleinern, vielleicht auch den Halm einfach nur zusammenklemmen.

Auf der Trompete geht es dann weiter, wenn solche Grundübungen gut klappen. Auch da ist der Widerstan so groß, dass ein einfacher Ton dann bald funktionieren sollte.
Deutlich schwerer wird es, während der Zirkularatmung musikalisch Töne zu greifen, wie z.B. für eine Tonleiter, geschweige denn eine musikalisch anspruchsvollere Phrase.
Danke, Buddy! Das hatte Benny im Prinzip auch vorgeschlagen. Ich werde es zwischendurch mal üben.

Aber wir wissen ja, wie das mit dem "zwischendurch mal" üben dann meist endet. Von daher würde ich gerne noch etwas anderes ansprechen. Ich hoffe, man verzeiht mir, dass die Themen in diesem Thread manchmal ein wenig von den eigentlichen "Ansatzanpassungen" abschweifen. Aber mir schwirrt es schon nach geraumer Zeit vor, da ich weiß, dass es mir wahrscheinlich sehr helfen würde. Ich habe es aber noch nicht geschafft, es auch wirklich zu führen :Uups: : Ein Übetagebuch, oder wie auch immer man das nennen möchte.
Seien wir mal ehrlich zu uns selbst: Wie oft denkt man sich "Ich habe keine Zeit,um...zu tun." Selbstverständlich möchte ich niemanden zu nahe treten. Deshalb spreche ich hier ausschließlich von mir selbst, aber ich vermute, der ein oder andere wird sich hier auch wiederfinden :wink: . "Keine Zeit" ist und bleibt letztendlich eine Ausrede und ist ausschließlich eine Frage der Prioritätensetzung. In der Regel bin unter der Woche, aber auch oft am Wochenende, durchschnittlich von 8-22 Uhr (+-2h) unterwegs, bzw. habe zu tun. Da kommt es schon vor, dass einen der Alltag überfordert und man sich mit dem Satz "Ich habe keine Zeit!" beschwert. Mit Hinblick auf die Übezeit ist es natürlich nicht anders. Das Motto "Viel hilft viel!" ist auch beim Trompete spielen sicher ein denkbar schlechtes. Qualität und Effizienz sollte auch hier über der Quantität stehen, finde ich. Besonders, wenn man nicht viel Zeit hat. Doch auch wenn ich mal etwas mehr Zeit habe, fällt mir auf, dass ich zwar recht viel übe, ich aber auch oft abschweife und mal mehr und mal weniger einfach nur "vor mich hin übe". Auch wenn ich "das Richtige" übe und man auch so sicher Fortschritte macht: Effizienz und Zeit stehen hier sicher in ungünstiger Relation. Deshalb werde ich ab heute anfangen, ein Übetagebuch zu führen. Ganz nebenbei: Ich schreibe es hier, um mir selbst ein bisschen Druck aufzubauen. Ohne Druck kann ich nicht arbeiten :wink: , aber da ist sicher jeder individuell verschieden.
Wie kann so ein Übetagebuch nun aussehen? - Da gibt es sicher die verschiedensten Herangehensweisen und Möglichkeiten. Doch eines halte ich für essentiell: Eine smarte Zielsetzung. Ohne smarte Ziele besteht auch hier die Gefahr, dass es ineffizient wird. Was heißt SMART?

S - spezifisch
M - messbar
A - aktionsorientiert
R - realistisch
T - terminiert

Wie könnte ein smartes Ziel jetzt genau aussehen? In meinem Fall eventuell so: "Am Ende nächster Woche kann ich 8 Schläge lang saubere 16tel Noten im Tempo 120bpm (im Vierertakt) mit Einzelzunge auf g1 spielen." Geht man die einzelnen Faktoren durch, so könnte dies ein smartes Ziel sein. Natürlich muss man dazu erstmal wissen, wo genau man steht und es bedarf eventuell einer kleinen Findungsphase.
Gegenbeispiel: Ein weniger smartes Ziel ist sicher etwas wie: "Am Ende nächster Woche kann ich schnellere 16tel Noten mit Einzelzunge spielen." oder "Am Ende nächster Woche kann ich höher spielen.".

Dies vielleicht als kleine Anregung. Vielleicht hat ja jemand bereits positive Erfahrungen damit gemacht? Ich freue mich auf weitere Anregungen! Gerne können wir auch über die genaue Umsetzung sprechen.

Beste Grüße
Jens
fox
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von fox »

Nach längerem Zeit hab ich jetzt wieder im Forum vorbeigeschaut und habe die Kommentare von Jens92 "Überflogen"
Hat mir gefallen und während und meines ( beruflichen ) Trompetenstudiums hätte ich mich bestimmt sehr damit beschäftigt ( und mit Charlie Porter )

Das (für mich) wichtigste habe ich aber nicht gefunden. Es ist der Zungenstoß, also das Training der Zunge.
Ich stoße mit der Zunge so fest wie nur möglich gegen die Zähne wodurch die Zunge sich verändert. Sie wird breiter und legt
dadurch immer mehr, dicker, breiter, hinter die obere Zahnreihe. MEIN Denken und die Ausführung ist DAD.
Der Hals ist geschlossen, denke dass die Mundhöhle trainiert wird Der Ton wird also wieder
durch die Zunge abgestoppt. Irgendwann schmerzt die Zunge leicht. Wie gesagt sie verändert sich, fühlt sich dicker an.

Mancher hat vielleicht schon eine kräftige Zunge und braucht das nicht, für mich ist es elementar.

Maggio, Thompson, Callett, usw hab ich ausgiebig studiert. Meine Unterlippe schiebt sich heute weit über die oberen Zähne obwohl sie von
Naturaus eigentlich hinter die Oberlippe kommt. Wenn ich ansetze sieht es dann so aus wie bei Charlie Porter im Ruhezustand

Meine täglichen Übungen umfassen den Tonumfang von 3 Oktaven unter c1 bis zu C4. gebunden und was ich als viel wichtiger empfinde gestossen.

Jetzt mache ich Egerländer, Oberkrainer Musik und versuche es immer besser und schöner zu machen.

LG
Fox
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von Deakt_20190109 »

fox hat geschrieben:Das (für mich) wichtigste habe ich aber nicht gefunden. Es ist der Zungenstoß, also das Training der Zunge.
Sag mal Jens, wenn du die Zungenspitze unten an der Zahnreihe fixiert hast, dann stoßt du ja zwangsläufig mit dem vorderen Zungenrücken an die obere Zahnreihe an oder etwa nicht ?

Ach ja, frohes neues Jahr noch :gut:
Jens92
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von Jens92 »

X1_KNOXVILLE hat geschrieben: Sag mal Jens, wenn du die Zungenspitze unten an der Zahnreihe fixiert hast, dann stoßt du ja zwangsläufig mit dem vorderen Zungenrücken an die obere Zahnreihe an oder etwa nicht ?

Ach ja, frohes neues Jahr noch :gut:
Ja, genau so ist das :gut: . Ein Teil des vorderen Zungenrückens berührt wohl noch die obere Zahnreihe, aber gefühlt liegt der exakte Anstoßpunkt minimal dahinter. Diese Art zu stoßen liefert derzeit für mich das beste klangliche Ergebnis und ermöglicht mir eine bewusstere Kontrolle der Zungenstellung.

Danke! Dir & allen anderen auch noch ein frohes Neues!

Beste Grüße
Jens
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Re: Charlie Porter & Ich - Ansatzanpassungen/Überbiss

Beitrag von Jens92 »

Guten Morgen zusammen!

Wie immer möchte ich schlicht meine Erfahrungen mit euch teilen und hoffe, dass es irgendjemanden auch weiterhilft :-).

Nachdem ich in den letzten zwei Monaten recht kontinuierlich geübt hatte (ca. 1h täglich zzgl. Proben und Auftritte), brach mein System komischerweise plötzlich zusammen, nachdem ich an Neujahr einen Tag komplett pausiert hatte. Ich versuchte das zu akzeptieren und schaltete einen Gang zurück. Ich kontrollierte noch einmal Schritt für Schritt das Platzieren des Mundstücks nach den oben genannten vier Schritten. Ich meinte feststellen zu können, dass vorher meine Unterlippe nicht ganz den Innenrand des Mundstückrands berührt hatte. Jedenfalls fühlte es sich anschließend ein wenig besser, wenn auch ungewohnt an und der etwas bessere Klang und Artikulation sprachen dafür. Trotzdem beschloss ich, am kommenden Donnerstag Charlie um Rat zu fragen.

Gesagt, getan. Ich erklärte ihm die Situation und er meinte, es könnte durchaus sein, dass mein System ein wenig verwirrt sei und das völlig normal sei, wenn man versucht, neue Gewohnheiten zu erlernen. So gingen auch wir noch einmal einen Schritt zurück und überprüften das Setting mit dem Visualizer. Das Setting und auch die Simulation von bspw. einer Bindung von tief nach hoch durch einfaches Blasen von Luft und Anpassen der Öffnung mithilfe der Ansatzmuskulatur sah absolut in Ordnung aus. Ab dem Zeitpunkt glaubte er nicht mehr, dass ich einfach so an Range verloren hatte. Dann ließ er mich eine einfache Bindung spielen (g1-c2-e2) und wir mussten feststellen, dass das e2 ein wenig zu tief intonierte. Eine zu tiefe Intonation sei meist ein Zeichen dafür, dass irgendwo nicht genug gearbeitet werde. Er stellte auch fest, dass ich rein von der sichtbaren Muskelaktivität es wohl ein wenig übertreibe, sprich ich mehr arbeite als eigentlich notwendig. Sprich, meine Mundwinkel gingen tendenziell ein wenig zu weit nach außen und dies verursachte eine übertriebene Aktivität, denke ich. Eine wichtige Erkenntnis, wie sich gleich zeigen wird.

So fragte er mich, ob ich denn noch an meinem Lippenbuzzing arbeitete. Um ehrlich zu sein, ich tat es nicht wirklich, weil ich den Eindruck hatte, dass es bei mir nicht recht funktionieren will. Ich sagte ihm, dass ich in letzter Zeit nicht allzu viel Lippenbuzzing betrieben habe, weil ich um klingend h1/c2 festzustecken schien. Dabei habe ich es schlicht nicht geübt. Auch hatte ich immer noch die Befürchtung, ich machte irgendetwas falsch. Zugegebenermaßen glaubte ich, ich müsste z.B. ein c3 mit den Lippen buzzen können, um es auch spielen zu können. Jetzt weiß ich: Dem ist definitiv NICHT so. Wenn man einmal logisch darüber nachdenkt, macht es auch Sinn, da, wie auch in einem seiner Videos deutlich wird, die Trompete deutlich weniger Widerstand bietet und so folglich auch weniger Arbeit notwendig ist, um den gleichen Ton auf dem Instrument zu erzeugen. In einem seiner Videos (Three Compressions ab Minute 20 ca.) zeigt er, dass, wenn man einen Ton auf dem Instrument spielt und dann das Mundstück entfernt, eigentlich kein Buzzing zu hören ist. Dies hat er lediglich demonstriert, um klarzumachen, dass immer genug Platz zwischen den Lippen sein muss und sie nicht künstlich zusammenzupressen sind. Spiele ich jedoch ein c2 auf der Trompete und entferne dann Mundstück und Trompete von den Lippen, buzzen die Lippen weiter. Jedoch nicht auf c2, wie ich zuvor angenommen hätte, sondern es erklingt ein e1/es1, also eine (i.d.R.) kleine Sexte tiefer. Diese Erkenntnis fand ich für mich beeindruckend und nützlich zugleich. Im Umkehrschluss heißt das auch, wenn ich ein e1 mit den Lippen buzze und dann das Mundstück mit der Trompete ansetzte, erklingt ein c2. Und genau so ist es auch. Erklingt ein tieferer Ton, so hat man definitiv etwas verändert. Um sicherzustellen, dass man beim Lippenbuzzing und auf der Trompete genau gleich viel arbeitet, kann man zunächst ein e1 mit den Lippen buzzen und dann das Mundstück mit Instrument an die Lippen führen, jedoch so, als würde man mit dem Finger auf die schwingende Lippe fassen. Man buzzt nach der Berührung also ganz normal ein e1 weiter. Das hilt mir, um ein Gefühl dafür zu bekommen, dass ich wirklich nichts verändere.
Damit hatte ich zunächst Probleme und es erklang nur ein as1 (mit Ventilkombination 23), was mir zeigte, dass irgendwo etwas Arbeit verloren gegangen sein muss. Charlies Vermutung ist, dass die Ringmuskulatur zwar genug arbeitet, aber es im Bereich der Lippenöffnung nicht ganz so funktioniert wie es soll. Quintessenz: Ich muss schlicht mehr so spielen, wie ich (die kl. Sexte abwärts) auch mit den Lippen buzzen würde.

Ich stand dem Thema Lippenbuzzing wirklich zunächst kritisch gegenüber, doch jetzt weiß ich, dass ich theoretisch in der Lage bin, ein a2/b2 "korrekt" auf dem Instrument zu spielen und das motiviert doch sehr. Am Ende der Stunde, konnte ich es, wenn auch leise, wieder spielen. Für einige mag Lippenbuzzing nicht funktionieren und das ist auch absolut in Ordnung, doch für mich hat es sich jetzt als wichtiges Kontrollinstrument erwiesen, das es gilt, weiter auszubauen. Wie soll das geschehen? Charlie schlägt Übungen a la Stamp vor, jedoch unter der Voraussetzung, dass man daraus auch ein Glissando machen kann, um sicherzustellen, dass man nicht einfach stufenartig die Noten produziert, sondern sie alle miteinander verbindet. Im Grenzbereich sei ein leises Einsetzen per Breath Attack sinnvoll und dann arbeite man sich in Halbtonschritten nach oben. Ein Aushalten der Töne im Grenzbereich sollte das Gefühl für den richtigen Bereich, wo die Lippe schwingt, trainieren.

Eines ist noch wichtig zu erwähnen: Gute Intonation und somit ein gutes Gehör sind unabdingbar. Wenn man erst gar nicht wahrnimmt, dass man bspw. zu tief intoniert, hat man keine Chance, nächst höhere Töne effizient zu erzeugen. Man sollte lieber sogar minimal zu hoch intonieren als zu tief, um sicherzustellen, dass das System im ausreichendem Maße arbeitet.
Um dies und gute Ausdauer zu trainieren, schlug Charlie vor, long tones zu üben, damit mein Körper sich unterbewusst hoffentlich merkt, wo der Punkt ist, an dem der jeweilige Ton am besten intoniert. Hier bietet sich an, vom g1 aus immer einen Halbton aufwärts und anschließend abwärts zu spielen. Sprich: Erst g1, dann as1, dann fis1, usw. Rest as long as you play. Dies sollte die Ausdauer schon nach wenigen Tagen verbessern, nachdem sie in den ersten 2-3 Tagen evtl. sich ein wenig zu reduzieren scheine, so Charlie.

Was nehme ich also aus der Stunde mit? - Eine ganze Menge. Ich werde vermehrt Lippenbuzzing üben und mit den beschriebenen Übungen den Grad der Arbeit des Ansatzsystems zu kontrollieren. Schon jetzt merke ich, dass ich spürbar weniger arbeiten muss, um die Töne hervorzubringen und das ist wohl die wichtigste Erkenntnis: Es ist am Ende des Tages immer weniger als man denkt.

Ach ja, was das Platzieren des Mundstücks betrifft, so gab es da eigentlich keine nennenswerten Probleme. Ich muss lediglich darauf achten, dass alles rundherum dicht ist, was durch ausreichend Druck auf die obere und untere Zahnreihe sicherzustellen ist. Dazu ist es auch wichtig, dass die Zahnreihen stets übereinander liegen. Hier neigte ich in der Höhe auch dazu, meinen Unterkiefer ein wenig zurückzuschieben, was dann dazu geführt hat, dass rundherum eben nicht alles dicht war und die Unterlippe sich wieder ein wenig unter die Oberlippe rollen wollte. In den nächsten Tagen werde ich den Stölzel-Übungsadapter auch mal in der Tasche lassen, auch wenn man im Grenzbereich vielleicht ein wenig zu viel drückt. Solange man grundsätzlich und konzeptionell so arbeitet wie in diesem Thread beschrieben, sollte man in der Lage sein, Fortschritte zu machen.

Wie immer gilt: Dies sind bloß meine Erfahrungen und jeder soll das machen, was für ihn funktioniert. Trotzdem möchte ich Charlie beipflichten, wenn er sagt, man sollte diesen Ansatz (kein Wortspiel beabsichtigt) zumindest eine Chance geben, bevor man es über den Haufen wirft und etwas anderes probiert. Denn nach jeder Stunde und nach jeder Kleinigkeit, die ich entdecke und verbessern kann, merke ich, dass das ganze funktioniert.


Mit den besten Grüßen & einen schöne Woche :-)
Jens
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