nach ca. 15 Jahren wollte ich's nochmal wissen und habe mir vor 2 Monaten eine Trompete zugelegt.
Zuvor hatte ich etwa 7 Jahre in einem Musikverein gespielt (nach 2 Jahren 1. Stimme), bis mich massive Ansatzprobleme zur völligen Aufgabe des Trompetenspielens zwangen. Als noch alles glatt lief, hatte ich zwar nie wirklich Höhe (ab B2 war meist Ende) und viel über Mundstückdruck geregelt, aber zumindest wurde mir häufig gesagt, ich hätte einen schönen Ton (immerhin).
Interessant ist, dass nach diesen Jahren völliger muskalischer Abstinenz noch so viel vom damals Gelernten vorhanden ist: die grundsätzliche Tonerzeugung, die Griffe, Notenlesen. Diesmal möchte ich die Sache anders angehen, um Fehler von damals zu vermeiden und bin dabei auf BE gestoßen, was die Ansatzseite angeht und Robert Kreutzer, um die Atmung zu trainieren. Die zugehörigen Threads hier im Forum habe ich einmal vollständig (!) durchgelesen, aber viele Fragen bleiben leider offen.
Ich hoffe, dass jemand den einen oder einen Tipp hat.
Deswegen hier erstmal Beobachtungen zu meinem jetzigen Ansatz:
- Mir wurde damals das "süßsaure Lächeln" als Ansatzform eingetrichtert, also ziemlich genau das Gegenteil von Jeff Smiley's BE-Konzept, meinen Verständnis nach. Dementsprechend tendiere ich leider dazu, die Wangen übermäßig einzubeziehen (müsste der Risorius-Muskel sein, der schon nach ein paar Tönen übersäuert).
Wenn ich ein paar Takte mit meinem jetzigen Ansatz spiele, bin ich platt.
- Nehme ich nach einem gespielten Ton das Mundstück von den Lippen und behalte die Spannung bei, um zu prüfen, was Sache ist, ist sehr viel Unterlippenrot zu sehen (ich schiebe die Unterlippe wohl recht weit nach vorne), während die Oberlippe etwas eingerollt ist. Der Teil der Unterlippe, der nicht im Mundstück ist, will immer nach vorne. Dadurch entweicht manchmal Luft (war damals auch schon so.)
- Habe das Gefühl, den Ringmuskel (also Ober- und Unterlippe) nur am Tonanfang zu benutzen. Nach ein paar Tönen bzw. beim Töneaushalten bricht das ganze Gebäude in sich zusammen. Was mir sehr viel Sorge macht ist, dass zwischen ca. D1 und A1 beim Töneaushalten ein anfänglich schöner Ton nach wenigen Sekunden in eine Art 90er-Jahre-Modem-Einwählgeräusch umschlägt. Das Problem äußerst sich extrem, wenn ich Naturtonbindungen nach unten, wie B1->F1 (die z.B. in Irons, Group 1 Exercises vorkommen) mache. Das F1 ist dann ein Geräusch, aber hat mit Ton nichts mehr zu tun.
Der Theorie, dass die Stimmbänder das Problem sind, bin ich mir bewusst und tatsächlich merke ich Schwingungen im Hals, wenn ich in diesem Moment dranpacke. Aber selbst, wenn ich den Hals aktiv öffne und mich auf die Atmung konzentriere sieht es für mich eher so aus, als ob meine Mundhöhle bei meiner Art der Tonerzeugung einer Art stehende Welle zwischen Lippen und Hals ausbildet, der Hals physikalisch nicht anders "kann", dass aber die Ursache die falsche Lippenform ist .
- Ich kann interessanterweise durch Mundstückdruck keine bessere Höhe erzielen. Ganz anders als damals.
- Zungenposition hat überhaupt keinen Einfluss auf die Tonhöhe, hauptsächlich Lippenspannung und (ich denke ein wenig) die Kieferöffnung.
- Meine Lippen sind dünn. Die Oberlippe ist M-Förmig.
- Mache seit 2 Monaten alle 2 Tage zusätzlich Muskeltraining für die Lippen. Zumindest die Kraft sollte (?) sich schon erhöht haben.
- Mundstück: Bach 3C.
TOL
- Kann ich frisch 1-2 Mal bis zum G2 machen. Dann brauche ich erstmal eine Pause, weil ich die beteiligten Muskeln mit meinem normalen Ansatz fast maximal anspannen muss, um bis zum G2 zu kommen.
- Nach ein paar Tagen konnte ich das G2 erzeugen. In dieser Extremposition ist ein C3 (und manchmal viel mehr, zumindest wenn ich vorher nicht viel gemacht habe), fast mühelos möglich. Der Ton ist aber dünn wie ein Faden und klingt so, als sei zu viel Luft drin (laut kann ich RI aber trotzdem spielen).
- Das funktioniert nur, wenn Ober- und Unterlippe aufgeblasen sind. Jeff schreibt, dass sei okay, finde das aber bedenklich, da es sich nicht so anfühlt, als ob die Lippen irgendwie angespannt wären. Die Lippenöffnung ist dabei in der für mich angenehmsten Position allerdings definitiv oberhalb der Unterkante der oberen Schneidezähne. Trotzdem denke jetzt zu verstehen, was er mit diesem "pressurized feeling" bei kleiner Lippenöffnung meint.
- Die Pedaltöne waren von Anfang an unproblematisch.
- Beim Versuch RO #4 zu spielen, kommt statt des 3. Tons (z.B. dem G1 bei Pedal C -> C1 -> G1) statt des Tons wieder das "Modemgeräusch" (s.o.). Fühlt sich auf den Lippen so an als würden ganz viele unterschiedliche Stellen vibrieren.
- RO ist tendenziell nur mit leicht flachem Kinn möglich, was ja bei Smiley quasi "verboten" ist. RO mit runzeligem Kinn wie auf den Fotos auf S. 63 ausführen zu müssen, würde mich vor ein unlösbares Problem stellen.
Ich habe jetzt ein paar Mal probiert, den Ton nicht exakt mittig zu erzeugen, sondern 2-3 mm weiter rechts oder links, was mir insofern plausibel scheint, als dass dort meine M-förmige Oberlippe der Tonerzeugung weniger im Weg steht. RO #4 scheint damit etwas leichter zu gehen.
Vielleicht ist dem einen oder anderen mit den Infos ja schon eine Ferndiagnose möglich, hätte aber auch ein paar direktere Fragen:
- Erzeugt ihr den Ton immer mittig? Ich bin wohl immer implizit davon ausgegangen, dass man das tun "muss". Bei meiner Lippenform könnte ich mir aber vorstellen, dass ich so vielleicht der natürlichen Wölbung entgegenarbeite.
- Wie viel Lippenspannung ist eigentlich nötig zur Tonerzeugung? Um ein Vergleichsmaß unter Trompetern zu finden, vielleicht folgendes Experiment: Wenn ihr die Lippen ohne Instrument so anspannt, als würdet ihr ein G1, G2, C3 ... zu erzeugen, wie lange könntet ihr diese Spannung aufrecht erhalten? Nur, um mal eine Idee zu bekommen, was "ökonomisches Spielen" eigentlich bedeutet.
- Worauf sollte ich mich zunächst mal konzentrieren? Jeden Tag 1/2h Stunde Töne aushalten, Irons Naturtonbindungen, Cichowicz Flow Studies...?
Würde gerne Clarke "Second Study" machen, aber wegen des Ansatzproblems (s.o.) sind die Bindungen in den Lagen ca. D1 bis A1 kaum möglich.
Gruß
Basti