Justus. hat geschrieben: ↑Mittwoch 10. August 2022, 02:19
Rapa mag einen "hiss"-Sound mit der Zunge machen, aber wie du schon sagst, er dünnt dabei die Vibrationsflaeche deutlich aus durch Einrollen und Anspannung der Wangenmuskulatur, worauf er nicht wirklich eingeht.
Rapa hat als Musiker die ansatzbedingten Barrieren der Trompete fast komplett überwunden, was ich sehr bewundere. Er erreicht eine erstaunliche Flexibilität zwischen den Registern und auch Ausdauer.
Ich glaube aber, dass dies mehr seines emsigen Uebepensums geschuldet ist als der Effizienz seines Spielsystems. Mit Mikro und Soundguy (die bei seinen Gigs fast immer zugegen sind) klingen seine High Notes durchaus fett, aber je länger und lauter es wird, desto mehr merkt man, wie er den Sound ausdünnt. Seine Spielweise halte ich daher für nicht unbedingt empfehlenswert für Hobbymusiker.
Mit lockerer Wangenmuskulatur und aktiviertem Kinn lassen sich Höhe und Ausdauer meiner Erfahrung nach mit deutlich weniger Uebeaufwand erreichen, was ganz einfach daran liegt, dass der Kinnmuskel (anders als die Wangenmuskulatur) ständig beim Sprechen verwendet wird und somit quasi unbegrenzte Ausdauer hat.
Über Rapas "ausdünnenden" Ton kann ich nichts schreiben und wage ich auch nicht zu beurteilen, zumal er wesentlich besser wie ich spielt. Was ich jedoch höchst interessant finde, ist, dass es so viele Trompeter gibt, die ihr "Wissen" weitergeben, aber eigentlich nicht wirklich wissen, was sie tun. Bei Rapa kann man das in dem verlinkten Video wundervoll sehen, indem er nur über die Zunge spricht, aber auf seine klar ersichtlichen Veränderungen der Wangenmuskulatur und das Einrollen der Oberlippe nicht eingeht.
Aber ich finde diesen Aspekt nicht nur bei Rapa interessant: Auch der große Andy Haderer (O-Ton Baldauf zu Jeff Smiley-Methode/Andy Haderer „die das zwar machen, aber es nicht wissen.“, hier nachzulesen:
https://trumpetscout.de/hoechst-erfolgr ... r-baldauf/) und andere Trompetengrößen haben zwar ihren Weg gefunden, aber wissen nicht
"warum" es funktioniert. Ich hab auch in meinem Bekanntenkreis zahlreiche Trompetenpädagogen, die wirklich sensationell spielen aber eigentlich nicht wissen,
warum sie ein g''' nageln können oder einen wunderschönen Haydn in den Raum stellen. Das scheint aber weder das Ausbildungsinstitut zu interessieren noch die Person selbst. Für mich stellt das aber vor allem in der Trompetenlehre einen gravierenden Mangel dar, vor allem in der Arbeit mit fortgeschrittenen oder älteren Schülern.
Denn wenn ich einen Trompetenlehrenden aufsuche, will ich wissen, warum er etwas kann und ich nicht - am besten zeigt er mir auch einen oder mehrere Wege & Methoden dorthin auf. Das oft zu hörende "üb mehr" oder "mehr Luft" oder noch schlimmer, das veraltete "Stütze?!?" hört man dann in diesem Zusammenhang oft von Trompetenpädagogen, die nicht wissen zu scheinen, warum bei ihnen etwas funktioniert.
Ich weiß nicht ob ihr diese Beobachtungen auch gemacht habt - es ist auch ein wenig off-topic und vl. eine gute Diskussionsgrundlage für einen neuen Thread. Aber diese Diskrepanz zwischen "sehr gut spielen können" und "wissen was man tut" scheint bei Blechblasinstrumentenpädagogen schon sehr weit verbreitet zu sein. Vielleicht täusche ich mich da auch nur? Vielleicht sind wir auch alle so individuell, dass keine Methode für alle passen kann und dass man sich für sich selbst einen eigenen Weg suchen muss? Die Vorraumsetzungen (Lippen, Zahnstellung, Gesichtsmuskeln, Zunge) usw. sind ja bei uns allen unterschiedlich....