Tricks für Trompete - Die Höhe

Get the Range ! :o)

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dizzychrizzy
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von dizzychrizzy »

Justus. hat geschrieben:Würde mich freuen, wenn du deinen inhaltlichen Standpunkt (mit dem ich zwar nicht übereinstimme, der mich aber trotzdem sehr interessiert) bzw. deine Kritik an meinen Ausführungen im Detail erläutern würdest.
Ich probiere es mal…als weitere Diskussionsgrundlage natürlich!

Zur Tonerzeugung öffnen und schließen sich die Lippen. Tatsächlich ist es eine dreidimensionale Bewegung, aber der entscheidende Teil ist, dass die Lippen mal geschlossen sind und mal geht Luft durch. Das Ganze passiert bei einem H1 je nach Stimmung 440 mal pro Sekunde.

Von daher könnte man annehmen, dass sich die Frage nach „offen“ oder „geschlossen“ gar nicht stellt. Es ändert sich ja ohnehin 440 Mal pro Sekunde. Man kann erstens durch entsprechende muskuläre Arbeit den vibrierenden Bereich verkleinern oder größer lassen. Und zweitens handelt es sich um eine Vorstellung:
Sandkuchen hat geschrieben:Das Körpergefühl wird durch den Verstand mit einem Sinngehalt ausgefüllt. Deshalb ist es nur sehr eingeschränkt möglich, die eigen Spieltechnik zu beschreiben.
Valsalva

Das Valsalva-Manöver kennt man vom Druckausgleich bei der Flugzeuglandung. Nase zuhalten, dagegen atmen und die Ohren sind wieder frei. Die Natur hat jedoch das Valsalva-Manöver für etwas anderes vorgesehen als Flugzeuglandungen, etwa das Heben schwerer Gewichte, wenn man auf der Toilette etwas loswerden will oder (Frauen…) ein Kind auf die Welt zu bringen. Hier übernimmt die Glottis die Funktion des Zuhaltens der Nase. Das Programm „Valsalva“ wird vom Körper gestartet, wenn man die Bauchmuskulatur anspannt und wenig Luft entweicht. Dann sagt der Körper „aha, Valsalva“ und macht die Glottis zu. Leider passiert das auch beim Trompeten. Die Gefahr ist umso größer, je höher man spielt. Dann geht nämlich immer weniger Luft (-menge) durch die Trompete.

Stellen wir uns das Trompetespielen doch mal als einen Gartenschlauch vor. Dann ist die Atmung der Wasserhahn und die Zunge ist das Zudrücken des offenen Endes, damit das Wasser auch in die hinterste Ecke des Gartens kommt. Und das Valsalva-Manöver ist so, als würde man auf dem Gartenschlauch stehen. Dann kann man den Wasserhahn aufdrehen wie man will oder das offene Ende immer fester zudrücken, der Wasserstrahl geht nicht weit (= es kommt kein hoher Ton).

Wenn Du Lust hast, probiere doch mal folgendes aus: spiele ein A2 und ziehe dann zum D3 hoch. Halte das ein paar Sekunden. Dann nimm einfach die Trompete von den Lippen weg. Hört man dann einen Laut wie „Uggghhh“, dann war die Glottis zu. Nur wenn die Luft geräuschlos weiterfließt („aaaaah“), war alles offen.

Was kann man gegen das Eintreten des Valsalva-Manövers tun? Ganz einfach, je größer die Lippenöffnung, umso mehr Luft geht durch, umso unwahrscheinlicher das Verschließen der Glottis. Beim Aufblasen eines Luftballons schließt die Glottis niemals, denn es geht genug Luft durch.

Das ist natürlich alles nur die Beschreibung einer Vorstellung. Es könnte sein, dass ich sage „ich muss darauf achten, dass meine Lippenöffnung groß genug ist“ und Du „meine Lippenöffnung muss kontrolliert klein sein“ und wir landen beide bei einem vergleichbaren Setup.

Dass man mit dem Gedanken an eine größere Lippenöffnung weiterkommt ist mir allerdings häufiger begegnet als anders herum.

Handyakku

Andy Haderer sieht die Lippenmuskulatur wie den Akku eines Mobiletelefons. Ist der Akku auf 0%, dann war es das für den Tag (oder länger). Das Ziel ist es, mit Hilfe korrekter Atmung das Entleeren des Akkus so weit hinauszuzögern, wie es geht. Also idealerweise bis weit hinter die zweite Zugabe.

Wie funktioniert das? Ist die Lippenöffnung etwas größer, kann ich mehr Luft einsetzen um den gleichen Ton in gleicher Dynamikstufe zu spielen. Es ist weniger Arbeit im Bereich der Muskeln der Lippen notwendig, dafür mehr Arbeit bei der Atmung. Damit verlagert sich also sozusagen die Arbeit von den Lippen zur Atmung. Wir Menschen haben deutlich mehr Atemmuskeln!

Anders herum: Kommt zu wenig Luft an, brauche ich sehr viel Kraft in den Lippen und der Akku leert sich sehr schnell.

Oberarmtrompeter

Kommt zu wenig Luft an und ist die Lippenöffnung nicht groß genug (das tritt immer in Kombination auf), ist wie gesagt die Gefahr groß, dass das Valsalva-Manöver beginnt. Damit kommt noch weniger Luft an und ein Teufelskreis beginnt.

Das Ganze lässt sich mit einer „bewährten Methode“ noch deutlich verschlimmern: Indem man das Mundstück gegen die Lippen presst, lässt sich wieder eine Lippenöffnung erreichen. Man kann mit dem Visualizer gut sehen, wie dann ein „Donut“ im Mundstück entsteht und in der Mitte ein Loch.

Der Preis dafür ist hoch: die Blutversorgung der Lippen wird deutlich verschlechtert und der Akku leert sich jetzt dramatisch schnell. Ein am Anfang mühsam herausgequetschtes G3 kann so leicht das ganze Konzert ruinieren (oder gleich die Karriere).

Optimales Vergrößern der Lippenöffnung

Unter der Voraussetzung, dass genügend Luft bereitsteht, kann man durch ein übertriebenes, mit dem Kiefer ausgeführtes Vibrato ausprobieren, bei welcher „Dosis“ an Luft und welchem (geringeren) Grad an Lippenspannung ein besser resonierender Ton entsteht.

Das lässt sich schnell ausprobieren. Ich würde alles Naturtöne vom tiefen C bis (wenn machbar) zum C3 der Reihe nach in Ruhe durchprobieren und schauen, welches Setup, also Balance zwischen Lippen und Atmung gut funktioniert. Wenn Du vorher und nachher eine Aufnahme, beispielsweise mit dem Handy von irgendetwas machst, was Du sonst spielst, solltest Du eine deutliche Zunahme der Projektion feststellen. Dabei Aufnahmegerät/Handy möglichst weit weglegen. Und das spart auch wieder Energie. Wer besser projiziert, muss weniger laut spielen.

Den Begriff „größtmöglich“ muss man wie gesagt mit Vorsicht interpretieren. Meist reicht in winziges bisschen mehr und das Gesamtsystem „Trompeter“ arbeitet mit weniger Kraftaufwand, der Ton klingt runder, lockerer und die Projektion wird besser. Das Ganze kann sich bei zu viel an Lippenöffnung auch wieder leich ins Gegenteil verkehren. Die Übung oben (von Bobby Shew) hilft auf extrem zeitsparende Weise, diesen „Sweet Spot“ zu finden.

Korrekte Atmung

Die Einatmung können wir das Zwerchfell und die äußeren Zwischenrippenmuskeln verwenden und für die Kompression bei der Ausatmung die Bauchmuskulatur und die inneren Zwischenrippenmuskeln. Der Brustkorb kann sich dabei dreidimensional weiten und zusammenziehen.

Man sollte natürlich nicht bei einem Ton im mittleren Register, der „mf“ gespielt werden soll, bei der Atmung vollen Schub geben. Aber es ist sinnvoll alle Atemmuskeln zu nutzen, nur alle eben weniger. Sonst gewöhnt sich der Körper daran und „vergisst“ alle zu nutzen, wenn es darauf ankommt.

Und jetzt siehe Jim Galakti. Da ist alles richtig: Er beginnt die Atmung mit dem Zwerchfell und dann hebt und weitet sich der Brustkorb. Das meinte ich. Wenn man so ausgeglichen atmet, ist immer genug Luftmenge in Reserve und der Sweet Spot passend zu Lippenöffnung kann gefunden werden.

Anders herum, um eine unzureichende Atmung zu kompensieren, ist man gezwungen eine zu kleine Lippenöffnung zu verwenden.

Check

Wenn mein Setup im optimalen Bereich arbeitet, dann merke ich das wie folgt: die Luftmenge, die ich für ein piano benötige ist nicht sehr viel weniger als für ein forte. Dann weiß ich, dass die Maschine funktioniert. Und ich kann ein sicheres piano spielen, ohne zu wackeln, weil ich weniger Lippenmuskulatur einsetze.

Wer steuert

Der Ton beginnt genau genommen bereit mit der Einatmung. Beginne ich mit dem ersten Ton der Phrase und stelle fest, dass meine Luft nicht da ist, wo sie hingehört, oder unzureichend ist, kann ich die Situation nicht mehr retten. Oder ich setze ab, atme erneut korrekt ein und probiere es noch einmal. Das ist in einem Konzert eher nicht möglich.

Ist im Bereich der Lippenöffnung etwas nicht in Ordnung oder die Zunge in an der falschen Stelle, dann kann ich das noch am Anfang der Phrase korrigieren. Wenn ich das ausreichend geübt habe, geht so eine Selbstreparatur, ohne dass das Publikum etwas merkt. Aber an der Einatmung kann man nichts mehr korrigieren.

Wenn ich mich in einer Konzertsituation auf die Luft konzentriere, dann funktioniert bei mir der Rest automatisch. Der Grund für diese Automatik ist, dass ich genau das durch Üben erreicht habe. Die Luft also „führend“ zu betrachten, macht für mich mit der Argumentation oben Sinn.

Ende

Sorry wegen des langen Texts. Das ist sicher zu viel für einen Forenbeitrag. Ich habe es nicht kürzer ausdrücken können. Ich bin gespannt auf Eure Meinungen dazu. Rückfragen, wenn ich etwas unverständlich ausgedrückt habe, sind genau so willkommen.
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Justus.
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von Justus. »

Bei vielen Sachen stimme ich mit dir überein, daher gehe ich unten nur auf die Teile ein, die ich etwas anders sehe.

dizzychrizzy hat geschrieben: Wie funktioniert das? Ist die Lippenöffnung etwas größer, kann ich mehr Luft einsetzen um den gleichen Ton in gleicher Dynamikstufe zu spielen. Es ist weniger Arbeit im Bereich der Muskeln der Lippen notwendig, dafür mehr Arbeit bei der Atmung. Damit verlagert sich also sozusagen die Arbeit von den Lippen zur Atmung. Wir Menschen haben deutlich mehr Atemmuskeln!
Das halte ich physikalisch für nicht korrekt. Je höher die Luftmenge (m^3/s), desto mehr Kraft muss die verwendete Muskulatur (i.d.R entweder Corners oder Kinn) zwangsläufig aufbringen, um die Lippenöffnung zusammen zu halten. BTW: So etwas wie Lippenmuskulatur gibt es im wörtlichen Sinn (soweit ich weiß) gar nicht (oder zumindest nicht viel), sondern der Großteil der Muskulatur findet sich in den die Lippen umgebenden Teilen des Gesichts.

dizzychrizzy hat geschrieben: Den Begriff „größtmöglich“ muss man wie gesagt mit Vorsicht interpretieren. Meist reicht in winziges bisschen mehr und das Gesamtsystem „Trompeter“ arbeitet mit weniger Kraftaufwand, der Ton klingt runder, lockerer und die Projektion wird besser. Das Ganze kann sich bei zu viel an Lippenöffnung auch wieder leich ins Gegenteil verkehren. Die Übung oben (von Bobby Shew) hilft auf extrem zeitsparende Weise, diesen „Sweet Spot“ zu finden.
Ich glaube, hier gibt es ein Missverständnis. Wenn du davon sprichst, die Lippenöffnung zu vergrößern, meinst du offenbar eigentlich, den Kiefer weiter zu öffnen. Da ich mit der Zunge an der Unterlippe spiele (was einen recht offenen Kiefer erfordert), halte ich das ebenfalls für sehr wichtig. Die Öffnung des Kiefers macht die Lippenöffnung allerdings nur größer, wenn man das Kinn flach bzw. neutral belässt. Und genau das ist bei vielen Trompetern mit exzellentem hohen Register m.E. nicht der Fall.
dizzychrizzy hat geschrieben: Ist die Lippenöffnung etwas größer, kann ich mehr Luft einsetzen um den gleichen Ton in gleicher Dynamikstufe zu spielen

Wenn mein Setup im optimalen Bereich arbeitet, dann merke ich das wie folgt: die Luftmenge, die ich für ein piano benötige ist nicht sehr viel weniger als für ein forte.
Mir scheint das falsch herum. Das Ziel sollte m.E. nicht sein, einen gegebenen Ton bei gegebener Lautstärke mit so viel Luftmenge wie möglich zu erzeugen, sondern mit so wenig Luftmenge wie möglich. Das verstehe ich unter Effizienz (bzw. dem Minimalprinzip).


dizzychrizzy hat geschrieben: Der Ton beginnt genau genommen bereit mit der Einatmung. Beginne ich mit dem ersten Ton der Phrase und stelle fest, dass meine Luft nicht da ist, wo sie hingehört, oder unzureichend ist, kann ich die Situation nicht mehr retten. Oder ich setze ab, atme erneut korrekt ein und probiere es noch einmal. Das ist in einem Konzert eher nicht möglich.
Nur als Kontrastbeispiel: Ich atme für normale kurze Phrasen (ob G1 oder G3) entweder gar nicht gesondert oder nur kurz durch die Nase (zu Heuschnupf-Zeiten leider nur schlecht möglich) ein. Atme ich vor dem Ansetzen voll ein, werde ich während des Spielens angespannt, weil ich nur einen sehr kleinen Teil der eingeatmeten Luft in das Instrument befördere (das gilt umso mehr, je höher der Ton ist) und muss nach dem Absetzen dann erst einmal ausatmen, bis ich wieder neu einatmen kann.

Disclaimer: Wer mit traditioneller Technik spielt, wird mit meiner Art zu atmen anfangs sicher nicht viel Erfolg haben. Es könnte aber trotzdem ein guter Weg sein, intuitiv eine effizientere Spielweise zu entdecken (Stichwort: Jim Manley). Denn, zwingt man den Körper beim Üben permanent sich mit wenig Luftmenge zufrieden zu geben, wird er über kurz oder lang (hoffentlich) einen Weg entdecken, den Job damit zu erledigen.
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von Alien »

Ich bin begeistert, dizzy, das ist WOW wie tief du in der Materie dich auskennst!
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doc_trumpet
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von doc_trumpet »

... du wohl nicht, Jim :Tock:
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von Alien »

doc_trumpet hat geschrieben:... du wohl nicht, Jim :Tock:
Ich meinte es ernst , :shock:
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dunbia
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von dunbia »

Alien hat geschrieben:doc_trumpet hat geschrieben:
... du wohl nicht, Jim :Tock:

Ich meinte es ernst , :shock:
meinte er(Alien) Justus?!
von Justus habe ich schon High Notes gesehen und gehört, hier im Forum meine ich?!
von hannes auch
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Maxbert
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von Maxbert »

Von Chris habe ich auch bereits High Notes gehört. Ich hatte zwei Stunden bei ihm und sehr viel gelernt.
Wie immer gilt, nimm als Trompeter die Tipps mit, die dich weiterbringen. Manche Tipps habe ich nicht übernommen, vieles schon. Auf jeden Fall hat Chris für sich ein sehr gutes Rezept zum Trompete spielen gefunden, hat aber auch gute analytische Fähigkeiten, die ihm erlauben, Trompetern, die er spielen sieht, wertvolle Tipps zu geben.
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von yogi »

Maxbert hat geschrieben:Von Chris habe ich auch bereits High Notes gehört.
also wir wären auch alle ganz Ohr, nachdem er mittlerweile den Thread feindlich übernommen hat :wink:
Maxbert hat geschrieben:Ich hatte zwei Stunden bei ihm und sehr viel gelernt
:Hä: nur 2 Stunden

@Alien vielleicht machst Du einfach einen neuen Thread auf ... normalerweise kommt im High Note Forum in der Abfolge nach den seitenfüllenden theoretischen Ergüssen jetzt bald ein Beitrag aus der Reihe "Höhe ist nicht alles" :lol:
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von Alien »

Dann guck weiter in Trompeten Tricks-
https://youtu.be/Uy08Qzg2Sww
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von dizzychrizzy »

Danke an Alien und Max für die netten Worte...!
Justus. hat geschrieben:Bei vielen Sachen stimme ich mit dir überein, daher gehe ich unten nur auf die Teile ein, die ich etwas anders sehe.
dizzychrizzy hat geschrieben: Wie funktioniert das? Ist die Lippenöffnung etwas größer, kann ich mehr Luft einsetzen um den gleichen Ton in gleicher Dynamikstufe zu spielen. Es ist weniger Arbeit im Bereich der Muskeln der Lippen notwendig, dafür mehr Arbeit bei der Atmung. Damit verlagert sich also sozusagen die Arbeit von den Lippen zur Atmung. Wir Menschen haben deutlich mehr Atemmuskeln!
Das halte ich physikalisch für nicht korrekt. Je höher die Luftmenge (m^3/s), desto mehr Kraft muss die verwendete Muskulatur (i.d.R entweder Corners oder Kinn) zwangsläufig aufbringen, um die Lippenöffnung zusammen zu halten. BTW: So etwas wie Lippenmuskulatur gibt es im wörtlichen Sinn (soweit ich weiß) gar nicht (oder zumindest nicht viel), sondern der Großteil der Muskulatur findet sich in den die Lippen umgebenden Teilen des Gesichts.
Das grundlegende physikalische Prinzip des Trompetespielens ist der Bernoulli-Effekt. Die Zunge als Düse macht den Luftstrom schneller und damit dünner, der entstehende Unterdruck zieht die Lippen zusammen. Sind die Lippen geschlossen findet kein Bernoulli-Effekt statt und die von hinten gegen die Lippen strömende Luft drückt diese auseinander. Das Ganze dann 440 mal pro Sekunde...hatten wir schon.

In meinem Kopf ist die Vorstellung so: dieselbe Kraft, die meine Lippen zusammenzieht, ist auch in der Lage ein Flugzeug in die Luft zu heben. Dann muss ich nicht viel zusammenhalten, ich kann dieser enormen Kraft einfach die Arbeit überlassen.

Tobias Füller ist einer der besten querdenkenden Trompetenpädagogen, die ich kenne und ich schätze ihn sehr. Er sagt "Du musst die Lippen einfach nur in den Wind hängen". Das ist natürlich nur eine Vorstellung, um den "Druck aus dem Kessel" zu nehmen. Natürlich erfordert ein C4 eine enorme Anspannung der Lippen. Aber wenn ich bei C3 schon auf Maximum bin, wo soll dann noch mehr herkommen? Übrigens auch Claude Gordon: "Forget about the lips" und "The only function of the lips is to vibrate". Ich dachte früher "was für ein Blödsinn", komme aber immer mehr dahinter.

Hier ein schönes Experiment zum Thema Luftmenge und Luftdruck: Leadpipe-Buzzing kennst Du. Jetzt verlängern wir das Rohr, damit hohe Töne einfacher werden. Dazu einfach den Stimmzug herausnehmen und oben wieder einstecken. Unten bleibt frei. Davor mal in 1mm Abstand den Daumen halten. Bei einem tiefen Ton spürt man die Luftmenge. Je höher man spielt, umso weniger Luft geht durch. Bei einem sehr hohen Ton kann man kaum noch einen Luftzug spüren. Und das ist das "Valsalva-Problem", das ich meinte. Die Luftmenge wird weniger, dafür steigt der Luftdruck erheblich an (quadratisch pro Oktave) und damit "verdoppelt" sich die Gefahr, dass der Hals "zumacht".

Was die Lippen-"muskulatur" angeht meinen wir dasselbe.
Justus. hat geschrieben:
dizzychrizzy hat geschrieben: Den Begriff „größtmöglich“ muss man wie gesagt mit Vorsicht interpretieren. Meist reicht in winziges bisschen mehr und das Gesamtsystem „Trompeter“ arbeitet mit weniger Kraftaufwand, der Ton klingt runder, lockerer und die Projektion wird besser. Das Ganze kann sich bei zu viel an Lippenöffnung auch wieder leich ins Gegenteil verkehren. Die Übung oben (von Bobby Shew) hilft auf extrem zeitsparende Weise, diesen „Sweet Spot“ zu finden.
Ich glaube, hier gibt es ein Missverständnis. Wenn du davon sprichst, die Lippenöffnung zu vergrößern, meinst du offenbar eigentlich, den Kiefer weiter zu öffnen. Da ich mit der Zunge an der Unterlippe spiele (was einen recht offenen Kiefer erfordert), halte ich das ebenfalls für sehr wichtig. Die Öffnung des Kiefers macht die Lippenöffnung allerdings nur größer, wenn man das Kinn flach bzw. neutral belässt. Und genau das ist bei vielen Trompetern mit exzellentem hohen Register m.E. nicht der Fall.
Ich meine beides. Die beste Art die Lippenöffnung zu beeinflussen ist meiner Auffassung nach der Kiefer. Das bedeutet am wenigsten Arbeit für die Lippenmuskeln. Die Diskussion "flaches Kinn" oder "gewölbtes Kinn" wäre eine eigene Diskussion wert - ein nicht ganz einfaches Thema. Ich lasse das hier mal außen vor. Man kann aber ein gewölbtes Kinn durchaus mit dem Kiefer beeinflussen (wenn die Lippen nicht fest aufeinandergepresst werden, was mit der cleveren Ausnutzung des Bernoulli-Effekt ohnehin keine gute Idee wäre). Durch eine Kieferbewegung wird natürlich die Funktion der Zunge mit beeinflusst, das ist ja alles ein System.

Ich spiele auch mit der Zunge an der Unterlippe. Ich finde das ist eine gute Voraussetzung für ein insgesamt relaxteres Spielsystem. Warum? Stichwort "Düse"...
Justus. hat geschrieben:
dizzychrizzy hat geschrieben: Ist die Lippenöffnung etwas größer, kann ich mehr Luft einsetzen um den gleichen Ton in gleicher Dynamikstufe zu spielen
Wenn mein Setup im optimalen Bereich arbeitet, dann merke ich das wie folgt: die Luftmenge, die ich für ein piano benötige ist nicht sehr viel weniger als für ein forte.
Mir scheint das falsch herum. Das Ziel sollte m.E. nicht sein, einen gegebenen Ton bei gegebener Lautstärke mit so viel Luftmenge wie möglich zu erzeugen, sondern mit so wenig Luftmenge wie möglich. Das verstehe ich unter Effizienz (bzw. dem Minimalprinzip).
Ich versuche mal ein Bild, es fällt mir leider kein besseres ein. Die Lippenmuskeln sind ein kleiner Rasenmähermotor. Die Atmung sind drei große Sechszylinder. Bei einem ineffizeinten Spielsystem mit zu viel Druck und zu kleiner Lippenöffnung sind zwei der Sechszylinder aus und der dritte stottert bei mittlerer Drehzahl. Der Rasenmähermotor arbeitet im Überlastbereich, es steigt bereits dunkler Qualm auf.

Bei einem effektiven Spielsystem arbeiten alles drei Sechszylinder mit gleicher Drehzahl und ruhigem, kontrolliertem Lauf. Der Rasenmähermotor arbeitet auf geringstmöglicher Drehzahl (die nicht immer gering ist, nur geringstmöglich für die zu bewältigende Steigung).

Mir ist egal wie viel die Sechszylinder arbeiten, denn der Schwachpunkt ist der Rasenmähermotor. Den muss ich schonen. Der Gesamtspritverbrauch ist mir weitgehend egal, das Ziel ist es den Rasenmähermotor durchs Rennen zu bringen.
Justus. hat geschrieben:
dizzychrizzy hat geschrieben: Der Ton beginnt genau genommen bereit mit der Einatmung. Beginne ich mit dem ersten Ton der Phrase und stelle fest, dass meine Luft nicht da ist, wo sie hingehört, oder unzureichend ist, kann ich die Situation nicht mehr retten. Oder ich setze ab, atme erneut korrekt ein und probiere es noch einmal. Das ist in einem Konzert eher nicht möglich.
Nur als Kontrastbeispiel: Ich atme für normale kurze Phrasen (ob G1 oder G3) entweder gar nicht gesondert oder nur kurz durch die Nase (zu Heuschnupf-Zeiten leider nur schlecht möglich) ein. Atme ich vor dem Ansetzen voll ein, werde ich während des Spielens angespannt, weil ich nur einen sehr kleinen Teil der eingeatmeten Luft in das Instrument befördere (das gilt umso mehr, je höher der Ton ist) und muss nach dem Absetzen dann erst einmal ausatmen, bis ich wieder neu einatmen kann.
Das halte ich genauso. Man muss sich nicht aufpumpen als sei das Ende der Welt gekommen um ein mf G im Notensystem zu spielen. Aber es ist logisch, die gesamte Atemmuskulatur zu verwenden: alle drei Sechszylinder, dann eben auf sehr geringer Drehzahl. Damit das funktioniert, muss die Einatmung relaxed sein ... oder unnötige Muskeln nicht angespannt werden ... und da sind wir bei der Alexander-Technik, die Du glaube ich ebenfalls sehr schätzt.
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von duden »

Eine so lehrreiche Diskussion auf so hohem Niveau gab es im Forum schon lange nicht mehr. Danke dafür.
I didn't try to be primitive, I just had bad microphones.
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von GT-Karl »

Ganz nebenbei, schön mal wieder was von Hannes zu lesen hier, habe ihn vermisst hier im Forum :) !

Gruß

Karl
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von yogi »

Alien hat geschrieben:Dann guck weiter in Trompeten Tricks-
https://youtu.be/Uy08Qzg2Sww
:gut: so ein Video sagt doch mehr als 1000 Romane.
Btw. Du wechselst Mundstücke?
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von Alien »

yogi hat geschrieben:
Alien hat geschrieben:Dann guck weiter in Trompeten Tricks-
https://youtu.be/Uy08Qzg2Sww
:gut: so ein Video sagt doch mehr als 1000 Romane.
Btw. Du wechselst Mundstücke?
Hängt von den stilistik ab. Es hat kein sinn in BigBand ein 1/2 C zu spielen, in Kammermusik aber schon;)
Allerdings ich spiele noch den Mundstück was ich mit 19 schon gespielt habe.
Und für die romantische musik hab ich jetzt dieses „No Name“ mundstück (aus der Trompete für 30€) vergoldet.
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Re: Tricks für Trompete - Die Höhe

Beitrag von gozilla »

duden hat geschrieben:Eine so lehrreiche Diskussion auf so hohem Niveau gab es im Forum schon lange nicht mehr. Danke dafür.
Dem kann ich nur zustimmen...und besonders so wohltuhend unaufgeregt und kaum polemisch.
Gerne mehr davon...
:D
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