High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Get the Range ! :o)

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Jamer
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High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von Jamer »

Hallo -

ich wollte mal eine neue Diskussion zum Thema High Notes starten und den Thread des User C-Becks, der mich dazu gebracht hat, nicht dafür zweckentfremden - wems interessiert, hier kann man den interessanten Thread nachlesen: viewtopic.php?f=3&t=10427&start=135

Das Posting des Users Sandu auf der vorletzten Seite hat mich nämlich zum Nachdenken gebracht:
Sandu hat geschrieben: Mittwoch 12. Juli 2023, 22:03 Ich habe schon viel umgestellt und einige Parameter verbessert, aber die über Stunden abrufbare Range massiv zu erweitern, habe ich nicht geschafft.
Meine erste Umstellung im Jugendalter, die sehr massiv und radikal war (mit Lehrer) hat mich immerhin von g'' in Richtung f''' gebracht. Seitdem glaube ich leider verstärkt an "gute Veranlagung" :lol: .

Nichtsdestotrotz kann viele andere schöne Parameter optimieren :wink: .
In diesem Posting kann man rauslesen, was ich in meinem Umfeld und auch von vielen ambitionierten Trompetern höre: Höhe ist "nice to have" aber ich hab halt nicht die Veranlagung dazu und deswegen Mühe ich mich diesbezüglich nicht ab. Es gibt andere schöne Parameter, denen man sich zuwenden sollte/kann.

Meine Fragen dazu an euch:

- Ist das ein Vorwand, damit man sich mit etwas, das man nicht kann, nicht auseinandersetzen muss?
- Glaubt ihr tatsächlich auch, das die "Veranlagung" für das Erreichen von High Notes ausschlaggebend ist und somit nicht oder kaum erlernbar ist?
- Haltet ihr das Können von "High Notes" für einen wichtigen Parameter, um sein Instrument gut beherrschen zu können?
- Wie sieht eure Erfahrungen / Leistungsstand und der Weg dahin aus hinsichtlich High Notes?

und last but not least:

- Wie sind euch "High Notes" in eurer Ausbildungszeit vermittelt worden bzw. wie vermittelt ihr sie, wenn ihr musikpädagogisch tätig seid?

Zunächst mal meine Meinung: Ich glaube nicht an "gute Veranlagung", nur eher an unterschiedlich gute/schlechte anatomische Voraussetzungen. Natürlich gibt es Leute, die von Beginn ihrer Trompetenkarriere viel intuitiv richtig machen und ihre Fähigkeiten im Laufe des Lebens ausbauen konnten. Aber das Trompetenspielen ist immer noch ein physikalischer Vorgang, was für mich heißt: Für alle gelten die gleichen naturwissenschaftlichen Gesetze, daher sollte es eigentlich für relativ viele Trompeter*Innen möglich sein, das Trompetenspiel und auch das Thema "High Notes" bei effizientem und sinnvollem Üben zu bewältigen (Anmerkung: warum das trotzdem offensichtlich nicht der Fall ist, könnte man hier auch erörtern). Natürlich gibt es unterschiedliche körperliche Vorausetzungen - z.B. "Schlauchbootlippen", Zahn(fehl)stellungen, Kiefer (Über- bzw. Unterbiss), Lungenfunktion usw. - welche alle beim Trompetenspielen eine Rolle spielen und welche natürlich auch "Hindernisse" aber auch für das leichtere erlernen des Trompetenspielen beitragen können.

Natürlich ist das Trompetenspiel weit mehr als nur Höhe. Dennoch stellt das Erlernen des Trompetenspiels im dreigestrichenen Bereich für mich eine wichtige und von mir aus auch fundamentale Komponente im Trompetenspiel dar. Warum? Weil dafür einfach viel Geschicklichkeit (gezielte, minimale Bewegungssteuerung) auch in Verbindung mit der Luftsteuerung (Luftgeschwindigkeit & nicht Luftmenge!) sowie auch ein gewisses Fundament an Muskelkraft notwendig ist - durch das Zusammenspiel diese erlernbaren Komponenten erleichtert man sich das Trompetenspielen insgesamt meiner Meinung nach einfach sehr, unabhängig vom Range.

Beim Thema Range spielt ja auch der eigene Anspruch/Zielsetzung sowie die angewandte Methodik eine Rolle. Auch der Lehrende hat großen Einfluss auf Erfolg/Misserfolg: Wenn man z.B. einen Lehrer erwischt, der selbst nicht "high noten" kann und nur seine eigene Herangehensweise an das Trompetenspielen kennt und versucht, diesen Schuh zwanghaft auf seine Schüler*Innen aufzuziehen, wird das auf Dauer in 9/10 Fällen kontraproduktiv für der/die Schüler*In sein. Ziel eines Lehrers sollte es ja immer sein, einen besseren Trompeter als man selbst es ist, zu entwickeln, nicht eine schlechtere Version von einem selbst. Natürlich geht das nicht mit jeder Schülerin bzw. jedem Schüler, aber es sollte schon das Grundsatzziel sein - oder sehe ich das falsch?

In meinen jungen Jahren (12 - 25) hatte ich zum großen Teil Lehrer in der (klassischen) Trompetenausbildung, welche den High Notes eher negativ gesinnt waren ("du brauchst kein F''') und es auch bis heute nicht können. Auch konnten diese mir keine Methodik-Ansätze vermitteln, die sich mit dem Thema befassten. Da ging es immer nur um Fingertechnik, Arban, Clarke, Stamp und weiß der Teufel noch was alles. Ob sich das mittlerweile geändert hat? Ich glaube es nicht. Natürlich nutzt es nichts, wenn jemand mit Gewalt & Armkraft versucht, ein C''' zu spielen. Die Limitierungen im Trompetenspiel, die eine fehlende Vermittlung des hohen Registers auslösen, wiegen aber meiner Meinung nach schwer.

Das wars vorerst von mir zum Diskussionsanstoß, nun bin ich auf eure Postings gespannt :)

MfG
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C-Becks
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von C-Becks »

Ich bin da etwas zwiegespalten. Sehr viele studierte Trompeter können High Notes spielen was dafür spräche, dass es definitiv erlernbar ist. Im Bereich der Hobbybläser zu denen ich mich selbst auch zähle treffe ich nur sehr vereinzelt auf Hochtöner. Scheinbar wird das hohe Register erst im späten Verlauf einer professionellen Ausbildung vermittelt oder schreitet linear mit dieser voran. Einen beträchtlichen Anteil am Gelingen von High Notes rechne ich daher dem Übepensum zu. Also wie oft und wie lange tatsächlich geübt wird. Ein professioneller Trompeter spielt wenn ich mich nicht irre im Laufe seiner Ausbildung 4 - 6 Stunden am Tag. Und nach der Ausbildung sind sie oft in mehreren Orchestern und Ensembles tätig und kommen allein schon durch Auftritte auf eine beträchtliche Zeit am Instrument. Und jene üben trotzdem zwischendurch noch. Wenn wir mal ehrlich sind, wieviel üben und spielen wir denn? Ich persönlich bin gerade froh wenn ich 30 Minuten am Tag üben kann. Einmal die Woche Probe mit dem Musikverein und unsere unterjährigen Spielverpflichtungen kann man bald an einer Hand abzählen. Und ich glaube so geht es vielen da draußen und hier im Forum. Da muss man sich nicht wundern. Neben High Notes gibt es aber dann wahrscheinlich auch Baustellen in der Artikulation, der Geschwindigkeit, schnelle Naturtonbindungen etc. Es macht nur keiner nen Thread auf und fragt: Wie kann ich endlich Triolenzunge auf Tempo 160 schaffen. A) Weil jeder weiß wie -> üben, üben, üben und B) ist es nicht so cool zu können wie eben High Notes.
Ich wage zu behaupten wer konstant mehrere Stunden pro Tag übt - der wird auch früher oder später die High-Notes aus der Pistole schießen können. Nur die Zeit hat der normale Berufstätige nicht.
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von Blechnase »

Mein Lehrer hat mal den Begriff „intelligentes Üben“ verwendet und ich glaube das trifft es ganz gut. Man kann natürlich zwei Stunden pro Tag einfach durch irgendwas durchbraten, aber das bringt’s nicht. Mein bester Ansatz bis jetzt ist, mit meinem Lehrer zu klären, was ich will und dann gezielt Übungen dafür zu suchen. Mein Technikprogramm ist „nur“ 20-30 Minuten, aber wenn ich das konsequent mache, bringt das halt viel. Den Rest der Stunde, die ich gerne pro Tag üben würde (Problem, wie von C-Becks geschildert) verbringe ich dann mit üben des Orchesterprogramms etc. Im Moment leider aus beruflichen Gründen ganz und gar nicht jeden Tag 😡
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von Jamer »

Ich erlebe es nicht so, dass der überwiegende Anteil der Menschen die frisch aus dem Studium kommen mit einer wahnsinns Höhe bestechen - insbesondere die Absolvent*Innen aus dem klassischen Bereich. Meiner Erfahrung nach sind diese fingertechnsich exzellent und können sicher bis C3 spielen aber spätestens beim Es3 oder f3 ist fertig. Das sind dann meistens die Leute, die dann als Musiklehrende tätig sind. In der Regel sind die Absolvent*Innen, die das Trompetenspiel beherrschen - und dazu gehört auch das Thema Höhe - diejenigen, die wirklich eine Chance haben auf Orchesterstellen usw..

Ich glaube auch nicht das die Gleichung sehr viel Übezeitaufwand = sehr gute Höhe immer aufgeht. Aus meiner eigenen Studiumerfahrung, als ich noch starr 5-7 Stunden am Tag nach Anleitung des Professors geübt habe, kann ich sagen, dass wenn man so wie ich viel aber mit falscher Technik übt, zwar auch weit kommen kann, aber gewisse Limitierungen bleiben. Meist äußert sich das an der fehlenden Höhe/Flexibilität. Ich will damit sagen: In der "Normallage" kann es bis C3 auch mit Halsverschluss, fehlerhaften Atmung oder Ansatzstellung usw ganz gut klingen & gehen, aber sobald es in die höhere Lage geht, werden diese Mängel gnadenlos aufgedeckt. Was im Umkehrschluss für mich bedeutet: High Notes nicht können deckt Fehler im Spielsystem effizient auf. Und ich frage mich daher: Warum sind High Notes für viele Trompeter*innen & Lehrende ein Tabu-Thema und als "fehlende Veranlagung" abgetan? Ist das ein Vorwand, damit man sich mit etwas, das man nicht kann, nicht auseinandersetzen muss? Denn wie ich schon eingangs schrieb: Das Trompetenspielen ist immer noch ein physikalischer Vorgang, was für mich heißt: Für alle gelten die gleichen naturwissenschaftlichen Gesetze, daher sollte es eigentlich für relativ viele Trompeter*Innen möglich sein, das Trompetenspiel und auch das Thema "High Notes" bei effizientem und sinnvollem Üben zu bewältigen. Warum das trotzdem offensichtlich nicht der Fall ist, würde ich hier gerne mit euch erörtern.

Heute übe ich neben dem Job zwar weiterhin fast täglich (zwischen 1 bis 2,5 h pro Tag, das variert je nachdem wieviel Zeitressourcen ich neben dem Job aufbringen kann) und behaupte dass ich nach Ansatz- und Luftführungsumstellung (Luftgeschwindigkeit & nicht Luftmenge) sowie einiger Übungen zur Kontrolle der Lippenöffnung wesentlich besser spielen kann als zu meiner Studienzeit. Es fühlt sich jedenfalls viel lockerer/einfacher/freier an und ich hätte mir gewünscht, das ich solche Methodiken, die ich durch meinen derzeitigen Lehrer in den letzten beiden Jahren erlernen durfte, gerne viel früher erfahren hätte.
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von C-Becks »

Was genau verstehst du unter Luftführungsumstellung? Was hast du vorher (falsch) gemacht und was machst du jetzt (richtig)?
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von Jamer »

C-Becks hat geschrieben: Mittwoch 19. Juli 2023, 10:24 Was genau verstehst du unter Luftführungsumstellung? Was hast du vorher (falsch) gemacht und was machst du jetzt (richtig)?
Ich versuch das zu erklären:

Vorher: Immer extrem viel in den Bauch einatmen, Bauch rausdrücken beim ausatmen & stützen, ähnlich wie beim *ZENSIERT!*, uvm - frei nach dem Motto: Viel ist mehr

Nacher: Entspannt in die Bauchregion einatmen (Menge hängt von der zu spielenden Phrase & Lautstärke ab, aber oft nicht mehr wie beim normalen reden), Bauch bewegt sich automatisch nach innen, je höher & länger die Phrase geht. Man "schiebt" quasi die Luft zu die Lippen, wo die Geschwindigkeit durch die Lippenöffnung und somit Tonhöhe final festgelegt wird. Es geht um Luftgeschwindigkeit und nicht um Luftmenge. Beim nächsten Atemzug lockert sich alles wieder wie von selbst vor der nächsten Phrase, auch der Atemvorgang in den Bauchraum geschieht natürlich.

Kurz Offtopic:
Kann ich dein Quintett-Arrangment von der "Gummibärenbande" irgendwie bekommen? :-)
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von TomPrete »

Die grundlegende Frage wäre wohl, ab wo High Notes los gehen. Wenn damit ein Bereich gemeint ist, den man so gut wie nie braucht, dann ist das natürlich eine verständliche Entscheidung, andere Dinge zu üben. Wenn die Höhe eine Einschränkung darstellt, dass man z.B. nicht auch Mal die erste Stimme im Verein spielen kann, sehe ich sie als wichtigen Faktor.
Auch bei der Veranlagung ist natürlich die Frage, um welche Höhe es geht. Ich habe mir mit Ansatzumstellung und BE viel erarbeitet, dass ich vorher für unmöglich hielt. Könnte natürlich sein, dass ich "gute" Lippen habe, die durch einen falschen Ansatz gehemmt waren aber eigentlich glaube ich inzwischen, dass es nur sehr wenige körperliche Einschränkungen gibt, die einen auch von sehr hohen Tönen abhalten sollten. Meiner unprofessionellen Einschätzung nach haben die meisten die nach Jahren noch Probleme schon bis zum c''' haben, ein Problem mit dem Ansatz , das sich dann häufig auch in schlechtem Ton und/oder schlechter Ausdauer äußert. Selbst Einsetzen wird oft nicht erkannt, so wie bei mir von meinem Lehrer. Wenn diese Personen entscheiden, dass das für ihre Zwecke ausreicht oder sie nicht genug in die notwendigen Verbesserungen investieren können oder wollen ist das in Ordnung. Leider sind es oft auch die Lehrer, die sagen, dass man die Höhe gar nicht braucht, vielleicht weil sie selbst keinen Weg dorthin kennen.
Also ich halte es für wichtig, die Töne spielen zu können, die man will und braucht und ich denke auch das eine stark eingeschränkte Höhe auf eine mangelhafte Technik hinweist.

Meine Erfahrung in Kürze:
Bis ca. 22 mit einsetzen gespielt und trotz schönem Ton keine Ausdauer und die Höhe ging von einem frischen, gequetschten c''' über zwei Stunden zu einem anstrengenden e'' zurück. Eine Stunde üben am Tag war Vorraussetzung um einen Auftritt an der zweiten Stimme im Verein zu überstehen. Ein Problem war hier sicher auch das riesige Schilke 19.
Dann über Jahre rumprobieren und Ansatzumstellung in Eigenregie mit wenig üben und vielen Problemen aber deutlich zunehmender Höhe. Habe auch das Mundstück auf eine Normalgröße geändert. Seit einigen Jahren geht es bergauf dank BE und zwei Stunden bei Rüdiger Baldauf.
Momentan spiele ich in einer Amateur Big Band die erste Stimme. Das klappt wie gerade mit sporadischem üben/Ansatz halten (ca. 1 x die Woche 20 min) für diese Band ausreichend, also bis d''' auch wenn ich damit nicht meinen eigenen Ansprüchen an Klang und Sicherheit gerecht werde und ein f''' nach zwei Stunden eher nicht mehr klappt. In Phasen in denen ich täglich spiele, sitzt dann meistens auch das f oder das g. Wenn ich Zeit zum üben habe, konzentriere ich mich auf andere Dinge als die Höhe.
Auch wenn ich die Umstellung im Nachhinein gerne intelligenter mit einem Lehrer gemacht hätte, will ich die Erfolge nie mehr missen. Das Gefühl, zur Not auch ohne viel Üben ein Mindestmaß an Höhe und ausdauer zu haben - ohne extreme Formschwankungen - ist sehr viel wert.
Momentan befinde ich mich damit mit der Höhe auf einem Plateau aber ich bin mir sicher, dass mit ausreichend Übung auch das C'''' drin wäre. Ob mir das danach auch mit so wenig üben wie aktuell erhalten bliebe, kann ich aber nicht sagen 😀

In der Ausbildung wurde mit Bindeübungen von unten nach oben stufenweise an der Höhe gearbeitet ohne die zugrundeliegenden Ansatzprobleme zu erkennen oder anzusprechen. Bei einem rauschigen Ton in der Tiefe gab es eben ein größeres Mundstück. Ich bin kein Lehrer, würde aber nach meiner Erfahrung in jedem Fall das Einsetzen unterbinden und spätestens bei auftretenden Blockaden in der Höhe BE ausprobieren.
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von Jamer »

TomPrete hat geschrieben: Mittwoch 19. Juli 2023, 11:19 Die grundlegende Frage wäre wohl, ab wo High Notes los gehen.
Zum Verständnis: Für mich beginnen high-notes ab dem C3'. Wer nach einem mehrjährigen Studium - egal in welcher Stilrichtung (IGP, Konzertfach, Jazz) - nicht ordentlich darüber hinaus spielen kann, hat definitiv ein tiefer liegendes, technisches Problem. Die Weigerung vieler Trompeter*Innen (egal ob Lehrende oder Schüler*Innen bzw. Studierende) sich dann damit auseinanderzusetzen, wundert mich sehr, da ja ein "Defizit" ganz klar aufgezeigt wird. Da wird oft gesagt: Es gibt andere wichtige Dinge, die man üben kann, ich "brauch" die Höhe ja nicht. Natürlich ist das Trompetenspiel weit mehr als nur Höhe. Dennoch stellt das Erlernen des Trompetenspiels im dreigestrichenen Bereich für mich eine wichtige und von mir aus auch fundamentale Komponente im Trompetenspiel dar. Warum? Weil dafür einfach viel Geschicklichkeit (gezielte, minimale Bewegungssteuerung) auch in Verbindung mit der Luftsteuerung (Luftgeschwindigkeit & nicht Luftmenge!) sowie auch ein gewisses Fundament an Muskelkraft notwendig ist - durch das Zusammenspiel diese erlernbaren Komponenten erleichtert man sich das Trompetenspielen insgesamt meiner Meinung nach einfach auch im "normalen" Range sehr.

In der "Normallage" kann es bis C3 auch mit Stimmlippenverschluss, fehlerhaften Atmung oder Ansatzstellung usw ganz gut klingen & gehen, aber sobald es in die höhere Lage geht, werden solche technischen Mängel oft gnadenlos aufgedeckt. Was im Umkehrschluss für mich bedeutet: High Notes nicht können decken offensichtlich Fehler im Spielsystem effizient auf. Und ich frage mich daher: Warum sind High Notes für viele Trompeter*innen & Lehrende ein Tabu-Thema und als "fehlende Veranlagung" abgetan? Ist das ein Vorwand, damit man sich mit etwas, das man nicht kann, nicht auseinandersetzen muss? Denn wie ich schon eingangs schrieb: Das Trompetenspielen ist immer noch ein physikalischer Vorgang, was für mich heißt: Für alle gelten die gleichen naturwissenschaftlichen Gesetze, daher sollte es eigentlich für relativ viele Trompeter*Innen möglich sein, das Trompetenspiel und auch das Thema "High Notes" bei effizientem und sinnvollem Üben zu bewältigen. Warum das trotzdem offensichtlich nicht der Fall ist, interessiert mich sehr.
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von C-Becks »

Jamer hat geschrieben: Mittwoch 19. Juli 2023, 11:11 ...

Kurz Offtopic:
Kann ich dein Quintett-Arrangment von der "Gummibärenbande" irgendwie bekommen? :-)
Hallo Jamer,

schau mal in die Videobeschreibung. Dort findest du einen Link zu den Noten.
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von Spitfire »

C-Becks hat geschrieben: Dienstag 18. Juli 2023, 15:45 Einen beträchtlichen Anteil am Gelingen von High Notes rechne ich daher dem Übepensum zu. Also wie oft und wie lange tatsächlich geübt wird. Ein professioneller Trompeter spielt wenn ich mich nicht irre im Laufe seiner Ausbildung 4 - 6 Stunden am Tag. Und nach der Ausbildung sind sie oft in mehreren Orchestern und Ensembles tätig und kommen allein schon durch Auftritte auf eine beträchtliche Zeit am Instrument. Und jene üben trotzdem zwischendurch noch. Wenn wir mal ehrlich sind, wieviel üben und spielen wir denn? Ich persönlich bin gerade froh wenn ich 30 Minuten am Tag üben kann. Einmal die Woche Probe mit dem Musikverein und unsere unterjährigen Spielverpflichtungen kann man bald an einer Hand abzählen. Und ich glaube so geht es vielen da draußen und hier im Forum. Da muss man sich nicht wundern. Neben High Notes gibt es aber dann wahrscheinlich auch Baustellen in der Artikulation, der Geschwindigkeit, schnelle Naturtonbindungen etc. Es macht nur keiner nen Thread auf und fragt: Wie kann ich endlich Triolenzunge auf Tempo 160 schaffen. A) Weil jeder weiß wie -> üben, üben, üben und B) ist es nicht so cool zu können wie eben High Notes.
Ich wage zu behaupten wer konstant mehrere Stunden pro Tag übt - der wird auch früher oder später die High-Notes aus der Pistole schießen können. Nur die Zeit hat der normale Berufstätige nicht.
Ich hoffe, ich darf hier als noch deutlich schlechterer Amateur als C-Becks auch was dazu schreiben :wink: Ich teile aus eigener Erfahrung seine Ansicht zu 100%. Es müssen lediglich die absoluten Grundvoraussetzungen (kein Einsetzen bspw.) stimmen, dann sind mit entsprechendem Übepensum sicherlich bei fast jedem (Ausnahmen bestätigen die Regel) auch Töne oberhalb des c3 drin.
Ich hatte das für mich jahrelang als völlig utopisch angesehen, bin nun aber auch in der Lage, übers c3 zu spielen. Früher gings nur an guten Tagen, heute muss es schon ein absolut außergewöhnlich schlechter Tag sein, wenn es nur bis zum c3 geht. Aber ich übe auch mehr und das macht sich halt bezahlt. Selbst wer in gewisser Weise falsch übt, baut entsprechend Muskelkraft auf, die in dem Bereich eben auch zu gewissen Teilen schlichtweg notwendig ist, auch wenn viele Amateure sicher zu sehr auf diese Komponente setzen und sich das Leben einfacher machen könnten. Aber wer überhaupt 2-3 Stunden am Stück üben kann und der nicht schon nach 30 Minuten komplett abgeblasen ist, kann es schon mal vom Grundsatz her gar nicht so verkehrt machen. Bspw. mit Einsetzen war bei mir spätestens nach 45 Minuten ein massiver Leistungsabfall bemerkbar. Ich hätte zwei Stunden üben am Stück damals gar nicht gepackt.
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von Cuso »

Bitte verzeiht euch meine Deutsche Schreibweisse.
Wie sind euch "High Notes" in eurer Ausbildungszeit vermittelt worden
Das.

Als aufwachsender Amerikanische kind in den 70'er, Pop Bands waren voll gestopft mit Trompetter...Chicago, Blood Sweat & Tears,Tower of Power oder Earth Wind & Fire. Meistens in Fernseher war fast nur leute wie Doc Severinsen zu hören, und als repräsentant "Klassiche Musik" hatten wir den Boston Pops.

So ich habe von vorne an probiert zu spielen wie Lew Soloff, Doc, Chase oder sogar Maynard. War voll normal.

Als wachsendes kind in Kolumbien hast du wahrscheinlich soviel Salsa Musik gehört, das du dachtest ein Trompette spielt nur zwischen C2 bis C4+.

So wann du ein Trompette in dein kleine Hände gedrückt bekommen hat, hast du angefangen so hoch wie Möglich zu spielen. War voll normal.

Diese Beispiele betrachte ich auch als Veranlagung.

Deine Ausbildung hat schon angefangen als du kind war, und was du als musik zugehört hat, hat deine frühzeitiges Musikaliche entwicklung beeinflusst. Besonderes wenn wir reden über A3+. Wir sind (Mindestens zu teils) Produkte was wir als kinder Musikalisch ausgesetzt gewesen war, alles anderes mussen wir Mühselig als Erwachsene erarbeiten.
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von Gerber »

Ich bin überzeugt davon, dass man das lernen kann weil es mir auch so ging 8) (falls nicht sehr seltene, gravierende körperliche Gründe dagegen stehen)

Es geht ja nicht nur alleine um die paar hohen Töne, die man möglicherweise in manchen Musikstilen nicht so oft braucht (in anderen aber ständig)

Sehr erhellend für mich war da ein Engagement, dass ich Ende der 80er hatte. Typischer Studentenjob: Bühnenmusik ,.. ich glaube es war Parsival, 3. Trompete.
Prof. David Tasa (Solotrompeter Frankfurter Oper, "Klassiker") hat die erste Trompete gespielt.
Ich konnte ihm also eine ganze Spielzeit lang beim Einspielen zuhören, und es war sehr erhellend mit welcher Leichtigkeit und Tonqualität er bis über das g3 spielte in seiner Einspielroutine. Eine völlig andere Welt im Vergleich zu dem, was mir bis dahin von meinem soliden, klassischen Lehrer beigebracht wurde.
Wenn man das live mitbekommt und dann reflektiert, dass man selber schon beim C3 glaubt, dass einem der Kopf platzt und die Zähne nach innen abbrechen realisiert man, dass man etwas verbessern könnte, und das spielen insgesamt leichter und einfacher sein könnte wenn man das Problem angeht.
Im Ergebnis hätte man ja dann die Chance sich viel mehr mit der eigentlichen Musik zu beschäftigen als mit den "banalen" Problemen des Ansatzes/Atmung etc. und nicht jedes Konzert wird eine Survival-Übung wird, mental und körperlich.

Zusätzlich (wurde ja auch schon erwähnt) ist überdeutlich, dass einfach nur mehr und länger Üben selten schnell bei der Höhe hilft (vielleicht bei der Ausdauer). Ich habe damals so 1-2 Stunden/Tag geübt und bin auf der Stelle getreten.
Man muss also anders üben.
Da nur wenige von uns bei der Selbstanalyse sehr gut sind ist es hilfreich einen (anderen) Lehrer zu suchen, der erwiesenermaßen weiß, wo man da ansetzen muss. Das spart viel Zeit und hilft schneller weiter als Selbstversuche (zumindest war es bei mir so. Idealerweise nimmt man den Besten aus der Region oder auch darüber hinaus, den man sich min. alle drei Monate leisten kann. Also die Lead-Trompeter der Rundfunk Big-Bands, bekannte Studiomusiker, Hochschuldozenten,..)
Nach einem Jahr war ich eine halbe Oktave weiter, weil meine Lehrer die zwei drei Dinge gefunden haben, die mich ans C3 genagelt haben.
Das mögen bei anderen Spielern ganz andere Themen sein als bei mir, da hat jeder durch seine Historie bedingt einen anderen Status.

Meine Themen waren:
- Atmung: Nur in die Brust geatmet
- Ansatz: Einsetzen in die Unterlippe und Zunge völlig inaktiv, zu viel Armdruck zum regulieren der Tonhöhe usw.
- Falsche Übe-Routine, die nur die schlechten alten Gewohnheiten des Trompetenspielens verstärkt anstatt positive Impulse zu setzen. Stundelang Etüden spielen bis die Fresse brennt und die Lippe vom Abdruck des Mundstücks gezeichnet ist hilft nicht unbedingt neue Methodiken zu entdecken.

Ein großes Problem sind die Verpflichtungen, die man möglicherweise schon musikalisch hat, weil es sehr wahrscheinlich ist, dass es bei einer Umstellung erstmal ein paar Monate schlechter geht. Außerdem kostet das natürlich auch Zeit, und ich kann durchaus verstehen, wenn man das Risiko lieber nicht eingeht.
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von Blechnase »

Profis zu beobachten kann sehr instruktiv sein; bei mir war Louis Dowdeswell der Anlass, mal über meinen Ansatz nachzudenken. Ich habe vor der Pandemie den Ansatz umgestellt (mehr Oberlippe, Trompete tiefer halten, Zunge anders positioniert, …) und das hat mir tatsächlich nicht nur bei der Höhe an sich, sondern auch beim Sound und der Ausdauer geholfen. Hat eine Weile gedauert und jetzt breche ich vor allem dann ein, wenn ich die Trompete falsch positioniere und wenn ich die Atmungsdiziplin (tief atmen, nicht aus der Brust raus) vernachlässige. Ich bin immer noch kein Arturo, aber das was ich im Orchester brauche kommt halt auch noch nach vier Stunden Probe sauber.

Mein Glücksfall war vielleicht, dass wir während der Pandemie eh nicht proben konnten und ich die Ruhe für die Ansatzumstellung hatte.

Was mir außerdem geholfen hat, ist Basstrompete. Das Mundstück ist größer und ich habe vieles erst auf der Basstrompete kapiert und auch da zuerst hin bekommen, bevor ich es dann so gut wie möglich auf das kleiner Mst übertragen habe. Fürs Atemtraining ist Basstrompete auch gut und ich mag den Sound sehr. Also win-win.
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von martin »

Ich denke, es gibt zu viele Pädagogen, die keine Ahnung haben, wie man Menschen, die es lernen wollen, die individuell passenden Zugangsweisen vermittelt. Jeder und jede hat eine individuelle Physiognomie, daher sind die „Zutaten“ oft gleich und doch in Zusammensetzung und Gewichtung verschieden. Mir haben Leute wie Tobias Füller oder Rüdiger Baldauf enorm geholfen, weshalb ich heute auch selbst gut unterrichten kann. Es geht um die Perspektive und die Zugangsweisen.
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Re: High Notes: Veranlagung oder doch erlernbar?

Beitrag von canu »

"Wenn man das live mitbekommt und dann reflektiert, dass man selber schon beim C3 glaubt, dass einem der Kopf platzt und die Zähne nach innen abbrechen realisiert man, dass man etwas verbessern könnte, und das spielen insgesamt leichter und einfacher sein könnte wenn man das Problem angeht."
Diese Erfahrung kann ich ebenfalls bestätigen. Eine einfachere und sichere Höhe bekommt nur durch einen leichten Ton auch an seinen Spielgrenzen.
Ich hatte einige Jahre mit dem Trompetenspielen ausgesetzt und war doch sehr erleichtert, dass ich in der Höhe (bei mir g''') nichts wirklich durch die jahrelange Pause verloren hatte. Treffsicherheit und Ausdauer waren hingegen deutlich schwächer. Ich denke Höhe ist eher wie Fahrrad fahren. Wenn man es mit dem Körper verstanden hat, dann ist sie weniger ein Problem.
Wenn man allerdings denkt, sie ist ein Problem, wird sie ein Problem, weil der Körper Abwehrmechanismen (unbewusst) entwickelt.
In meiner Jugend hatte ich häufig Bammel vor hohen Passagen gehabt und diese dann auch nur schwerlich bewältigt. Mittlerweile geht es deutlich besser.
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