Was darf ein Mundstück kosten?

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ruccillo
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Was darf ein Mundstück kosten?

Beitrag von ruccillo »

Mundstücke gibt es neu für 12 bis 120,- Euro, um es ganz grob zu umreißen. Wie lassen sich solche Preisdifferenzen erklären?

Im Laufe der Jahrzehnte haben sich bestimmte Standardformen und -Abmessungen herauskristallisiert. Die werden heute von darauf spezialisierten Firmen wie Lausmann in Nauheim serienmäßig auf modernen Drehmaschinen vollautomatisch produziert. Die überwiegende Zahl der Mundstücke dürfte heute allerdings aus Taiwan oder anderen fernöstlichen Ländern kommen. Dort betragen die Produktionskosten etwa ein Zehntel der hiesigen. Unter welchem Label und zu welchem Preis die Produkte am Markt erscheinen, ist eine ganz andere Sache. Der Verkaufspreis und die Herstellungskosten haben nichts miteinander zu tun. Das ist einerseits kaufmännische Kostenrechnung und andererseits Marketing. Der Anbieter positioniert sich auch über den Preis am Markt und unterstreicht mit einem hohen VK die Wertigkeit seiner Produkte. In die kaufmännische Kostenrechnung fließen alle "Nebenkosten" ein, die aber in Wahrheit den Löwenanteil ausmachen: Lohn- und Lohnnebenkosten in der gesamten Kette vom Rohmaterial bis zum Verkauf, Steuern und Abgaben, Investitionen in Gebäude, Maschinen und Einrichtungen, Versicherungen, Transport- und Lagerhaltungskosten, Werbung - die Liste ist aber noch viel länger und umfasst etwa zwei DIN-A-4-Seiten.

Anbieter nicht-standardisierter Mundstücke haben eine erweiterte Kalkulationsbasis. Hier fallen die Forschungs- und Entwicklungskosten erheblich ins Gewicht. Ferner kostet die Kundenberatung und -Betreuung Arbeitszeit. Wer heute sein Auto in die Werkstatt gibt und bei den großen Marken bis zu 120,- Euro pro Stunden berappen muss, kann abschätzen, was dieser Posten ausmacht. In einer Mundstück-Manufaktur gibt es keine Massenproduktion. Zwar erlauben moderne Zerspanungsmaschinen auch eine rationelle Fertigung kleiner Stückzahlen, aber diese Maschinen kosten leicht mehrere hunderttausend Euro und erfordern hochqualifiziertes Bedienungspersonal. Zwar funktioniert der reine Herstellungsprozess recht flott, aber dafür fallen Programmieraufwand und Rüstzeiten um so erheblicher ins Gewicht.

Wer mit Trompetergenen geboren wird und mit seinem Naturansatz auch mit einem Standardmundstück klar kommt, kann sich glücklich schätzen. Die überwiegende Zahl der Bläser wird immer auf der Suche sein, getreu dem Motto "Das Bessere ist des Guten Feind." Ob das Mundstück dann tatsächlich die Lösung aller Probleme bietet, ist eine ganz andere Frage, die hier auch gar nicht erörtert werden soll. Da muss ein jeder erst einmal in sich gehen.

Am Ende des Tages kann für den versierten Bläser der Kauf eines individuellen und auf den ersten Blick sehr teuren Mundstücks vom Spezialisten die preiswerteste aller Alternativen sein. Die fachkundige Beratung rechtfertigt alleine eine solche Investition. Wenn ich auf die Kollektion meiner im Laufe von vier Jahrzehnten zusammen gekommenen Mundstücke schaue, erkenne ich auch ohne Taschenrechner ein kleines Vermögen. Da ich die Mundstücke auch gerne hier in der Musikschule zum Testen verleihe, ergibt die Sache dennoch einen Sinn.
Theorie ist, wenn jeder weiß, wie es geht, aber nichts funktioniert. Praxis ist, wenn´s funktioniert, und keiner weiß warum.
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Re: Was darf ein Mundstück kosten?

Beitrag von blechfan »

ruccillo hat geschrieben: Freitag 4. Oktober 2019, 12:55 Was darf ein Mundstück kosten?
Soviel, wie ein Kunde bereit ist, zu zahlen ...
Angebot und Nachfrage bestimmen auch hier den Preis. Ich bin gerne bereit, bis zu 10% meines Instrumentenpreises in das Mundstück zu investieren, allerdings nur, wenn ich dafür auch eine qualifizierte Beratung bekomme, die mich zum "richtigen" Mundstück hinführt.
Was sind schon 200 - 300 € für mein Hobby? Es gibt hunderte Hobbys, die unendlich viel teurer sind, als die Blechbläserei.
Geiz ist nicht geil!
Gruß blechfan
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