Sorry, war leider sehr busy die letzten zwei Wochen. Zu deinem Post: Ich bekomme mehr und mehr den Eindruck, dass wir näher beieinander sind als ich zu Beginn dachte.
dizzychrizzy hat geschrieben:
"Forget about the lips" und "The only function of the lips is to vibrate". Ich dachte früher "was für ein Blödsinn", komme aber immer mehr dahinter.
Je höher man spielt, umso weniger Luft geht durch. Bei einem sehr hohen Ton kann man kaum noch einen Luftzug spüren. Und das ist das "Valsalva-Problem", das ich meinte. Die Luftmenge wird weniger, dafür steigt der Luftdruck erheblich an (quadratisch pro Oktave) und damit "verdoppelt" sich die Gefahr, dass der Hals "zumacht".
Sehe ich in beiden Punkten genauso. Jim Manley sagt z.B. ebenfalls, dass er nicht versucht, bewusst die Lippenöffnung zu formen, sondern die Lippen einfach relaxed lässt und den Rest Luftstrom bzw. Zunge ("the air lets the lips know where they're supposed to go") überlässt. Meiner Meinung nach ist die Zungenarbeit allerdings vorrangig, da ich ohne sie keinen fokussierten Luftstrom bilden kann und nur unter dieser Bedingung die Atmung überhaupt effizient nutzen kann.
Der Hals hat bei mir früher zugemacht als ich noch mit Wölbung des Zungenrückens (tongue arch) gespielt habe. Das hat im hinteren Teil der Mundhöhle zu sehr hohem Widerstand geführt, aber nicht geholfen, den Luftstrom effizient zu formen. Seit ich die Zungenspitze an der Unterlippe fixiere, habe ich damit keinerlei Probleme mehr, da die Zunge hinten (meinem Gefühl nach) flach ist.
dizzychrizzy hat geschrieben:
Ich meine beides. Die beste Art die Lippenöffnung zu beeinflussen ist meiner Auffassung nach der Kiefer. Das bedeutet am wenigsten Arbeit für die Lippenmuskeln. Die Diskussion "flaches Kinn" oder "gewölbtes Kinn" wäre eine eigene Diskussion wert - ein nicht ganz einfaches Thema. Ich lasse das hier mal außen vor. Man kann aber ein gewölbtes Kinn durchaus mit dem Kiefer beeinflussen (wenn die Lippen nicht fest aufeinandergepresst werden, was mit der cleveren Ausnutzung des Bernoulli-Effekt ohnehin keine gute Idee wäre). Durch eine Kieferbewegung wird natürlich die Funktion der Zunge mit beeinflusst, das ist ja alles ein System.
Ich spiele auch mit der Zunge an der Unterlippe. Ich finde das ist eine gute Voraussetzung für ein insgesamt relaxteres Spielsystem. Warum? Stichwort "Düse"...
Mich würde trotzdem sehr interessieren: Nutzt du dein Kinn aktiv über den gesamten Tonumfang, nur ab einem gewissen Punkt oder ist es bei dir permanent flach (bzw. neutral)? Meiner Erfahrung nach nutzt das Spielen an der Unterlippe nur, wenn man ab einer gewissen Höhe ein isometrisches Gleichgewicht zwischen Lippe und Zunge erreicht, was nur geht, wenn die Lippe Mithilfe des Kinnmuskels unterstützt wird.
Bei mir ist das Kinn mittlerweile über den gesamten Tonumfang gebündelt (sieht ein bisschen aus wie ein umgedrehtes "U") und bewegt sich zum Registerwechsel nur sehr wenig.
dizzychrizzy hat geschrieben:
Ich versuche mal ein Bild, es fällt mir leider kein besseres ein. Die Lippenmuskeln sind ein kleiner Rasenmähermotor. Die Atmung sind drei große Sechszylinder. Bei einem ineffizeinten Spielsystem mit zu viel Druck und zu kleiner Lippenöffnung sind zwei der Sechszylinder aus und der dritte stottert bei mittlerer Drehzahl. Der Rasenmähermotor arbeitet im Überlastbereich, es steigt bereits dunkler Qualm auf.
Bei einem effektiven Spielsystem arbeiten alles drei Sechszylinder mit gleicher Drehzahl und ruhigem, kontrolliertem Lauf. Der Rasenmähermotor arbeitet auf geringstmöglicher Drehzahl (die nicht immer gering ist, nur geringstmöglich für die zu bewältigende Steigung).
Mir ist egal wie viel die Sechszylinder arbeiten, denn der Schwachpunkt ist der Rasenmähermotor. Den muss ich schonen. Der Gesamtspritverbrauch ist mir weitgehend egal, das Ziel ist es den Rasenmähermotor durchs Rennen zu bringen.
Mir fehlt hier vermutlich etwas das technische Verständnis, aber ich verstehe schon, was du meinst. Stimme definitiv zu, dass man die relativ gesehen schwächste Muskulatur möglichst schonen sollte (weswegen ich z.B. meine Corners relaxe und das Kinn nutze, um die Lippenöffnung zu verkleinern).
dizzychrizzy hat geschrieben:
Das halte ich genauso. Man muss sich nicht aufpumpen als sei das Ende der Welt gekommen um ein mf G im Notensystem zu spielen. Aber es ist logisch, die gesamte Atemmuskulatur zu verwenden: alle drei Sechszylinder, dann eben auf sehr geringer Drehzahl. Damit das funktioniert, muss die Einatmung relaxed sein ... oder unnötige Muskeln nicht angespannt werden ... und da sind wir bei der Alexander-Technik, die Du glaube ich ebenfalls sehr schätzt.
Danke für den Hinweis zu der Alexander-Technik, die mir unter dem Namen so nicht bekannt war. Inhaltlich ist das aber sicherlich dem ähnlich, was u.a. Jim Manley propagiert.